Anmerkungen zu Corona

oder: Wirrologisches, ins Unreine getippt  

Wer oder was Corona ist, darüber will ich mich nicht auslassen und das Heer von Zehntausenden vergrößern, die sich in Print- und anderen Medien bereits in extenso darüber ausgelassen und uns mit zum Teil absonderlichen Verschwörungstheorien zugemüllt haben. Wichtig ist eher, welche Einflüsse und Wirkungen diese sogenannte Pandemie auf uns alle gehabt hat und auch in Zukunft zeitigen wird. In öffentlichen Räumen tragen wir Masken, das sei die neue Normalität, heißt es. Abschied genommen haben wir vom freundschaftlichen oder einen Handel besiegelnden Händedruck, von einer spontanen, herzlichen Umarmung, erst recht von einem leidenschaftlichen Kuß. Und geradezu absurd scheint die Erinnerung an eine noch vor kurzem gängige Wendung vom sogenannten Austausch von Körperflüssigkeiten. Mein Gott, welche Sünde, welche Abnormität, hat es so was je gegeben, shame on us, diesen Gedanken überhaupt noch in gehirngewaschenen Köpfen zu bewegen.

Corona. Die Krone. Ein altes Wort. Die ganze Corona. Einen Corona-Virus gab es jüngst schon bei Asterix. Und Corona wird in Bälde als Vorname "in" sein, so wie Kevin, Jacqueline ("Schaklin"), Yves ("Üffes"), Chantal ("Schantalle") oder Cheyenne. Corona statt Verona. Als neue Zeiteinteilung - wenn überhaupt - "A.C." (ante coronam) und "P.C." (post coronam). Laut Worldometer gibt es in den USA bereits über 100.000 Corona-Tote, bei "uns" nicht einmal 9.000, manche sagen "Was soll's? Manche Grippe- und andere Epidemien waren doch verheerender." Den Verzweifelnden in Brasilien, Indien und anderen Ländern nützt das nichts, hier schnellen die Opferzahlen so exponentiell in die Höhe, wie wir es selbst noch vor Monaten erlebten. Viele, die noch vernunftgemäß die Hygieneregeln beachten, den gebotenen Sicherheitsabstand einhalten und uns mit Maske entgegenkommen, finden das noch richtig, andere meinen, wir seien doch keine Roboter, und immer mehr, die sich nun wieder an den Küsten, bei Demonstrationen und Festivitäten zusammendrängen, haben jede Bedenken zerstreut,  ad acta gelegt, ihnen geht die ganze Corona-Sache sonstwo vorbei, sie geht das nichts mehr an. Und überhaupt, meinen sie, sei das alles Gehirnwäsche, Angstmacherei in einem Volk geduldiger Schlaf-Schafe. Und dann plötzlich schnellt bei uns, wie seltsam, die sogenannte Reproduktions-Zahl wieder hoch, man hat doch gerade erst Kitas, Schulen wieder geöffnet - und was nun?

Jeder, fast jeder stellt Ansprüche, will Ersatz für ausgefallene Arbeitszeiten, Jobverluste auch im Studium, entgangene Aufträge. Überhaupt: Kinder zu Hause erziehen oder gar unterrichten ?! Sogenannte Alleinerziehende, die ihre Kleinkinder noch vor der Arbeit in eine Kita abschoben, sie dort erziehen ließen und nach Arbeitsschluß wie Postpakete abholten, erkennen nun plötzlich, daß sie Eltern sind, mit all der damit verbundenen Verantwortung, und kommt auf "bildungsferne Schichten" plötzlich die Aufgabe zu, die lieben Kleinen zu Hause zu unterrichten und mit ihnen die Hausaufgaben zu machen.

Der ganze Mittelstand sei kurz vor dem Zusammenbruch, in einer an Verhältnisse kurz nach dem letzten Krieg erinnernden Lage. Andere, die sich wenig Sorgen zu machen brauchen, freuen sich mit der Natur, die nun endlich mal aufatmen könne, begrüßen die längst fällige Entschleunigung in dieser stetig hektischer werdenden, quasi dem Takt der Computer-CPU folgenden Zeit.

Hotels und Strände öffnen wieder. Sogar ins Ausland darf man wieder fliegen. Natürlich mit gebotener Vorsicht. Stundenlang Sitz an Sitz im Flugzeug, ständig maskenbewehrt, aber irgendwann gibt es doch was zu essen oder zu trinken, und was, wenn jemand niesen muß? Zwölf Stunden bis Tokyo unter einer Maske? Das eigene CO2 wieder einatmen? Wie die Sardinen in der Dose ausharren? Und dann im Hotel: Eintritt mit Maske, Frühstück, wenn überhaupt, als Zuteilung, überall der Geruch der Desinfektion, Verlust jeder Spontaneität, jeder freien Entfaltung - ist das noch Urlaub?

Ja, die Hotels wird es freuen, viele sahen sich doch schon dem Untergang geweiht, nun können sie aufholen, natürlich mit höheren Preisen, auch viele Restaurants und Läden werden Desinfektions-Aufschläge erheben, 2 Cappuccinos oder einmal Haarschneiden mit 5 Euro Corona-Zuschlag, wie schön. Was darf man, was nicht? Quousque tandem, Corona, abutere patientia nostra ? Wie lange noch, Corona, willst du uns auf die Nerven gehen? Alles klar, keiner weiß Bescheid, Hauptsache, jeden Abend nach der Tagesschau ein Corona-Special, die Journaille hat übergenug zu tun. Und die Statements der Virologen und der vielen, die sich für solche halten. Gab es noch vor kurzem beim Fußball hunderttausende von Schiedsrichtern, gibt es nun mindestens gleich viele Virologen - oder sollte man nicht lieber von Wirrologen sprechen. Es ist schön, sich interessant zu machen, auch mit dem größten Blödsinn, Facebook ist doch so geduldig und es können doch so viele lesen (und kommentieren), was man (ins Unreine) verzapft hat. Jeder sein eigener Autor, preisverdächtiger Blödsinn. Und genug Platz für das, was man neuerdings so schön als Bashing bezeichnet. Niedermachen nach allen Regeln einer absurden Kunst. Niedermachen macht Spaß. Wer andere erniedrigt, erhöht sich selbst, sagt schon der sogenannte Volksmund. Und so benebelt Corona den Verstand, krönt im wahrsten Sinne des Wortes die Unvernunft.

Wie weiter? Was wir brauchen, ist ein Patentrezept. Medikamente und eine wirksame Impfung. Doch darf die liebe Corona um Gottes Willen nicht tun, was viele Viren als Hobby machen, nämlich mutieren, dann nämlich geht der ganze holy shit von vorne los. Und das wollen wir doch nicht, nicht ewig und drei Tage wie in Sado-Maso-Manier mit Maske herumlaufen oder gar devot knieend um Bestrafung betteln. Frei wollen wir wieder sein, frei im menschlichen Umgang, spontan und herzlich. Gott gebe, daß wir diese Chance bekommen.

Copyright (c) Wolfgang Näser, Marburg, am 3. Juni 2020
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