Klaus GROTH (1819-1899):

De Sünndagmorgen (1852)
In: Klaus GROTH: Sämtliche Werke. II. Band: Quickborn. Erster Teil.
Mit Einleitung, Anmerkungen und Glossar hg. v. Ivo BRAAK und Richard MEHLEM.
Flensburg und Hamburg o.J. [ca. 1957]. S. 207-217
Ins Hochdeutsche Übertragen von Wolfgang Näser (1978)

"Wat is der sünndagmorgens all to don!
"Man mag sik kehrn un kanten, as man will,
"Noch jümmer is der'n Eck, wo man ni wèn is."
So seggt en rasche Fru mit rode Backen
Un snackt mit Nawersch in'e Stratendoer.
Int Snacken ult se gau en Spinnwipp dal
Un wischt de Sprossen an de Husdoerfinstern.
"De Jung, min Heinri, kunn mi wul al hölpen,
"Do spèlt un sitt de lewer bi sin Obbe.
"De slapt tosam un gat tosam to Feld,
"Dat's Water op sin Moel, de Ol vertreckt em.
"De seggt, so'n Jung, de mutt en Spaden hebbn,
"De Bessen un de Ul is voer de Frunslüd.
"Ik do't ok lewer sülm, as dat'k em quäl.
"He's doch je'n Kind un kann so banni ficheln.
"Nu sitt he al bi Obbe in'e Stuv;
"Ik weet ni, wat se makt, se sünd je still-"
Un darbi wis' se na de Stubendoer -
"Se lès je wul" - de Doer stunn in'e Knirr;
Se lang torügg un trock se'n bèten apen,
Un Nawersch keek vun achtern doer de Rèz.

Dar seet de Ol, de Been voerkrüz an Aben,
De Nachtmütz keek man èben ut den Loehnstohl,
Un heel dat Bok, dat jüs de Sünn darop schin.
Sin Enkel stunn mit beide Arms opt Loehnelsch
Un keek mit in un seeg em oewer de Schuller.
De Ol weer ganz verdeept un röhr de Lippen
Un jag de Flegen dann un wann vunt Bok;
Nieschirig folg de Jung dat mit de Ogen
Un mak den Hals so lank, as wull he't èten.
De Sünnschin full em op sin blanke Back
Un spèl as Gold em in de gèlen Haar.
So steit int Holt en Martjen bi en Stubben.
Op beide fallt de Sünn, un beide drömt,
Vun Lust un Glück de een, vum Dod de anner.

Dat weer ok èbn so ruhi as in't Holt.
Man hör den Kater sagen ünnern Aben,
De Steilitsch wett sin Snawel an'e Wiern
Un knapp de Korns un strei dat Sluf herum,
Steek denn den bunten Kopp herut ut Bur
Un keek sik um so listi as en Hahn,
Denn dalwarts, trock sin Fingerhot herop
Un drunk un leet em falln un glup em na.

So stunn un glup Fru Nawersch doer de Rèz,
Na de Sit un na de beiden
Un na de Ecken as en Conterlör,
Un na de Fotborrn mit dem witten Sand,
Wo Heinri noch man kum en Spor in pett harr,
un denn na't Finster, na den blanken Disch.
De Moder stunn un lès er ant Gesich,
As spegel sik èr ganze Freid darin,
Er ganze Staat, de Stuv mitsams èr Heinri.
Se mark ok glik, wat Nawersch fragen wull:
"Min Mann is al to Feld un süht na't Land,
"Ik lur al lang, he hett noch gar ni drunken."
Denn ünnert Spegel damp de Kaffekètel
Un blau un witte Tassen stunn' torech.

Se snacken noch, do war dat buten lud:
En raschen fasten Schritt un denn noch een,
En harre Stimm un Sprèken keem der neger,
Man hör en Hund sik freiden un Gebell,
Un darop trèdn twee Mannslüd in'e Doer,
De een op Stèweln un mit Hot un Stock,
En breden Mann mit deepe Pockennarben,
De anner keem in Tüffeln mit en Pip.
"Gun Morgen, Hansohm! Krüschan, bist du dar!
"Kumm bald mal wedder, Nawersch, Gat man in!
"De Kaffe wahrt al lang, du büst wul möd!"
Un darmit heel se wit de Dörnschdoer apen.

Grotvader trock de Brill wat in'e Höch
Un gev den Jung dat Bok un sä gun Morgen,
Gev Hansohm ok de Hand un ok sin Soen
Un frag na dit un jenes, wat der voerfull.

Do damp de warme Kaffe in'e Tassen,
Dat quickt en Möden na en sware Tour.
De Husfru schenk, un Hansohm leet sik kragen,
Ok Obbe rück tum tweeten Mal to Disch:
Un as se drunken, seet de Jung un bloeder,
Wat nößen keem un wa de Sak wul bileep.
Sin Vader harr em dann un wann in Og,
Doch sä he nix un leet em still betèmen.
"De Kaffe deit een gut, dat ward al kold!
"De Winter is en Mann mit isern Fingern!
"Grotvader früsst all", fangt do Hansohm an,
"Mi dünkt, wi schulln man na Brunsilgen gan;
"Se seggt, dar èt se Wihnacht ripe Stickbein
"As wi Johanni, dat weer wat voer Obbe,
"So'n nette Warms as hier bi unse Hauarn,
"Dar's nu je licht vun Hamborg hintorecken,
De Junges singt: Brunsilgen is nich weit."

"De Glaser reis't nu ok", seggt do de Soen,
"Mit Fru und Kind vunmorgens weg na Hamborg.
"Ja,ja", seggt Hans, mi dünkt, ik harr noch Lust,
"Weer blot man nich de grote Pohl dertwischen.
"Se schrivt je vun Amerika, dat's prächti,
"De Ossen lopt der wild, man kann se fangn,
"Een löppt der oft en Dutzend in'e Schün,
"Un Hasen sünd so tamm, man kann se gripen;
"Un denn de Vageln, dat mutt prächti wèn!
"Ik mag so geern en wille braden Duv."
Un darbi wisch he smerri um den Mund
Un keek sik lusti ut sin lüttjen Ogen.
De annern smustern, denn se kenn' em wul
Un dat he geern en guden Braden eet,
Se nömn em wul Hans Maanschin voer sin Backen.

Do seggt de Brede: "Hansohm, Spaß bi Sit,
"Wull Obbe mit, ik wuß ni, wat ik dè,
"Ik löv, man kann wat warrn gündsit dat Water;
"Denn wat man hört, dat meiste is doch gut,
"Dat is der frier, nich so enk un ängstli,
"Dar is noch Rum; wer will, de finnt sin Brot."

"Ja Platz genog", fallt Maanschin em int Wort,
"Des Morgens leggt man'n Ledder an sin Hus,
"Wenn man een hett - en Hus - un nimt sin Kiker,
"Un seggt sik denn gun Morgen mit sin Nawer."

"Snack du man los! wat wahr is, blift ok wahr!
"Dat's hier so enk, man drängt sik een ant anner
"Un snappt dat Brot sik redi voer den Mund weg.
"Dar's keen Geschäf, vun alle sünd to vèl,
"Un een sitt glik de anner op'e Hacken.
"Nimm man de Koplüd! alke Hus en Schild!
"Man handelt rein mit allns, sogar mit Blöm!
"Un wenn man't rech betrach, mit Minschenkinner.
"Un jümmer kumt wat Nies un noch wat Nies,
"Vun Swèwelsticken an bet na de Stüern.

"Man weet ni, wat man hett un wat dat weert is,
"Se kunn je noch mal opfinn', Gold to maken
"Un Korn to buden op den Boen int Hus.
"Den Dünger halt se ut Amerika
"Un arnt den schönsten Weten op de Heiloh.
"Un jede Placken Eer un jede Krut
"Un jede Knaken söcht man un betalt man -

"Ik weet ni, wa dat rut schall mit de Tid.
"Dat gährt un wöhlt vun ünnern bet na baben,
"Dat's all as een Getös', as in en Imkorf.
"Dat's jüs ni häßli, un se nährt sik all,
"Ik weet ni mal, wa't moegli - een vun annern,
"De all nix hebbt un dochen allens mitmakt;
"Un operklärter ward se, dat's gewiß,
"Un afpoleert bi all dat ewi Driben;
"Ok is dat rech en drifti munter Lèben,
"Vun morgens fröh bet abends lat to gang:
"Doch ward mi't all to larmdi un to lud.
"Een ward to Mot, as fahr man opt Carussel:
"Wenn man ok still sitt, dreiht man doch herum,
"Un endli löppt de Borrn een ünnern Föten. -

"Mi sünd de Lüd to happi un to hasti;
"Mit stille Arbeit kumt keen Minsch mehr doer,
"De lüttste Natelhandel is nu bèter.
"Wi ward am Enn' noch Juden mit enanner;
"Wer arbeidn will, is redi blot Maschin.
"Un doch is mi am glücklichsten to Mot,
"Wenn'k Dag an Dag so rech de Glieder bruk,
"De ganze Wèk int Wirken un alleen,
"Un as de Moelenpèrd int sülwe Spor
"Un eenerlei as voerjahrs bi den Törf.
"Denn gat de Been un Arm èrn egen Gank
"Un de Gedanken still un sach èrn annern,
"De strid sik nie, dat Hart is so gesund,
"Un dat Gewèten röhrt sik nich in Bossen.
"Man weet, wat Rech un Plich is, ahn to gruweln,
"Un wat man schall un mutt, al wenn man opsteit,
"Un abends is man recht vun Harten möd,
"Dat Eten smeckt, de Stunn, de glid der hin,
"Un mit de Sünn, so sachen op un dal,
"Stiggt een de Kraft un Lust un sackt to Rau,
"Un mit de ganze Welt is man in Frèden;
"Ik nöm mi dat de Seel- un Arbeitsruh.
"Dit Rèken un Berèken un Belurn
"Un Snack un Schachern is mi rech toweddern!

"Ik löv, dat's in'e nie Welt ni nödi.
"Dar kofft man sik ein lütten Placken Land
"Un bud em an un süht sin Saken wassen
"Un denkt: dat is de Lohn voer sure Arbeit.
"Denn hett man hier ok Sègen op sin Feld,
"So weet man kum, wovèl de Staat noch aftreckt;
"Mit all de Stüern ward't je ümmer arger.
"Un all de feinen Herrn mit Brill un Stock
"Un Wètenschop un Hochdütsch un wat anners -
"Ik hör je oft int Weertshus, wat se snackt,
"Dat meiste is doch luter Kloeneri;
"Un dochen süht man jümmer eerst na'n Rock
"Un ward de Kèrl mitünner gar ni wis -
"Nè, as ik segg, dat is ni uttoholn!"

"Ja, denn moet wi je redi op'e Been",
Meent do de Dick un makt en breden Mund
Un smökt, dat em de Damp de Kopp verstickt;
"Du voer de Friheit un ik voer de Duben,
Un Heinri kann je Blöm un Nester söken."
De Lüttje stunn al wedder achter Obbe
Un Keek sin Vader stif na Mund un Ogen.
He war wat rot un lach, as Hans em anrèd. -

"Denn reis't man, seggt de Ol,"ik reis' ni mit!
"Man wesselt nich sin Heimat as sin Rock,
"Ik kann ni lèben ahne Vaterland.
"Un wer dahin geit - nè! de hett keen mehr.
"Wa dur't mi nich de armen stackels Minschen,
"De Not un Hunger un de Adel wegdrift!
"Ik weet noch, as de Oewerelvschen keemn
"Un de ut Holsten ut Lifegenschaf,
"De weern je rein verdümmert as dat Veh
"Un so verschüchtert as de Schap opt Markt,
"De schu'n sik voer èr lifli Vadersnam
"Un kropen hier as Spitzbobn mank uns rum:
"Wenn de darhin gat, ja, dat gev ik to,
"De hebbt ni Hus noch Klus' un Vaterland.
"Doch hier op unsen lütten frien Placken
"Kann dat, so Gott will, nie so gruli warrn.
"Hier hebbt uns Olen voer de Friheit blött,
"Un darvun is de Marsch noch jümmer vull,
"In jede Ader löppt en Dripp dervan,
"So niedrig un so hoch, se hebbt em all,
"Un de am meisten, de dat gar ni markt.
"Dat is de Friheit, de der in uns stickt
"As Slach un Art vun Vader un vun Moder.
"De makt de Slechsten grof un oewerdadi
"Un unse Besten grad un slich un rech.
"Dat anner is man allens Snackerí,
"Vun baben kumt de Knechschaf nich hendal;
"Wenn wi man wüllt, de Fürsten künnt ni vèl.
"Dat is mi jüs as mit de Relion:
"De lett man sik gèben un ni nèhm,
"De hett man jüs am meisten, wenn dat knippt.
"Wa meent jüm, dat is ruhi achtert Weltmeer?
"Dar drängt dat ok un drift un rift sik af,
"Wo Fürsten fèhlt, dar drückt Verstand un Geld;
"De Herrschaf is ni ut de Welt to bann',
"So weni as de Furch voer Gott den Herrn. -
"In Gottes Namen reis't - ik ga ni mit!
"En olen Stubben lett sik nich verplanten.
"Ik will hier töben, bet min Stündlein kumt."

De Ole schütt de Kopp un fol de Hann'
Un wis' un keek mit blöde Ogn na Doer:
"Dar stunn min sèli Fru mit rode Backen
"As Melk un Blot so frisch - wat weer't en Diern! -
"Sünabnd voer Pingsten - och voer vèle Jahrn! -
"Ik harr dat Hus vun Martin Peters kofft,
"Wi keemn vun Hoegen rop, dat to besehn,
"Un gungn dar langs den Fotstig bi den Pohl,
"De letzte Festdag schull uns Hochtid warrn:
"Do stunn se hier tum eerstenmal in Doer.
"Se seeg sik um vun baben bet na nerrn
"Un sä: dat's also unse! gèv man Gott,
"Dat wi hier blivt bet na uns sèli Enn'!

"As se to Rau gung, stunn se hier as Lik, - '
"Un langs den Fotstig gung ik achterna.
"Un soeben Kinner heff ik dar hentlankbrocht.
"Ik seeg de Drägers noch un jede Sark,
"As gungn se all toglik - en lange Reeg -
"Von grot un lütt - min Krüschan is man nablèbn.
" - De's jüs so old as disse Esch voert Finster -
"De grote hier - den plant ik, as he keem;
"De lütt is jünger, - ok de Sülwerpappel;
"De Eek is voer min Öllst - de wull ni wassen --
"Man blot de ol Kastanje weer hier al, -
"Den Eschen hal ik sülm ut Norderwold.
"Wa wasst se all! - as weern se ewi junk -
"Wi Minschen kamt un gat as Blöm un Gras.

"Dar hebbt min Kinner spèlt, de een na't anner,
"Dar seten wi des Abends op de Grasbank
"Un seggen to, un unse Nawers keemn,
"De jüngern mit to spèln, de oln to snacken,
"Bet allens still weer, un de Wächter reep.
"Dar warn wi mit enanner still un grau.
"Wa menni een, de dar as Jung herumdav,
"Seet mit de Jahren ruhi bi uns Olen,
"Un menni Jahr, wenn't wedder Summer war,
"So feil der'n witten Kopp in unse Reeg,
"Bet mi't toletz doch gar to faken keem,
"Ik kunn mi mank de annern nich mehr finn',
"Un jümmer fremder warn mi de Gesichter,
"Ok ward mi dat des Abends gar to kold,
"Ik hol mi nu wat fröher in'e Stuv
"Un kik doert Finster na min olen Böm.

"Nè, nè, min olen Frünn', ik ga ni weg,
"Jüm sünd mi blèben, as de annern gungn,
"De letzten op den Platz vun all de annern, -
"Ob ik se neegsten Voerjahr wul noch grön seeg?" --

De Ole stütt de Hann' op beide Loehnelsch
un hèv de Rügg en bètjen ut den Stohl
Un Keek mit blöde Ogen rut ut Finster.

Do fat de Lütt em sachen an sin Arm,
Un Krüschan neem sin Taß vun Mund un puß se,
As weer de Kaffe hitt - un sett se hin -
Un weer to höch un greep de Ol sin Hand
Un lè de anner op de Jung sin Kopp:
- He harr sik wul wat Kaffe int Gesich pust,
Dar stunn' wück Drapens in'e Pockennarben; -
Doch sä he nix un seeg de Ole an,
De Ole em un denn sin Kindeskind.
So stunn' se dar, as weer't en Klewerdree,
De sülwe Art un Snitt, de sülwe Slach
Un doch so unlik as vun Harst tum Fröhjahr,
De stille witte Winter twischen beide.
Ok Hansohm hèv sik sachen in'e Höch
Un stell sin Pip to Siden an'n Stohl,
As stocken Damp un Witz em in'n Mund.
Do hör de Ol sin Swigerdochter ween'n,
He drück de beiden lisen an'e Sit
Un seggt: "Lat uns to Kark un lat uns bèden,
"Dat wi hier blivt bet an uns sèli Enn'."

"Was gibt's am Sonntagmorgen viel zu tun!
Man kann sich drehn und wenden, wie man will,
Doch immer gibt's noch Arbeit hier und dort."
Das sagt 'ne flinke Frau mit roten Wangen
Zur Nachbarin, die an der Haustür steht.
Beim Sprechen fegt sie schnell 'ne Spinnweb' weg
Und wischt die Sprossen an den Haustürfenstern.
Mein Jung', der Heinrich, könnte mir schon helfen.
Doch sitzt und spielt er lieber bei dem Opa.
Er schläft bei ihm und geht mit ihm aufs Feld,
Das freut den Alten sehr, und er verwöhnt ihn.
Er sagt: So'n Jung, der muß 'nen Spaten haben,
Der Besen und der Wisch sind für die Frauen.
Ich tu es lieber selbst als ihn zu quälen.
Er ist doch noch ein Kind und kann so niedlich schmusen.
Nun sitzt er schon beim Opa in der Stube;
Ich weiß nicht, was sie tun, sie sind so still -
Und dabei zeigt sie hin zur Stubentür -
Sie lesen wohl - die Türe ist fast zu;
Sie langt herzu, macht sie ein wenig auf,
Und ihre Nachbarin schaut durch den Spalt.

Am Ofen sitzt der Alte mit verschränkten Beinen,
Die Nachtmütz' schaut nur eben aus dem Lehnstuhl,
Und Opa hält das Buch, daß grad' die Sonne draufscheint.
Sein Enkel stützt die Arme auf die Lehnen,
Schaut mit hinein und sieht ihm über die Schulter.
Der Alte, ganz vertieft, bewegt die Lippen,
Er jagt die Fliegen dann und wann vom Buch;
Neugierig folgt der Junge mit den Augen
Und macht den Hals so lang, als wollt' er's essen.
Auf seine Wange fällt der Sonnenschein
Und spielt wie Gold in seinem blonden Haar.
So steht im Wald das Tausendschön beim Baumstumpf.
Auf beide fällt die Sonne, beide träumen,
Von Lust und Glück der eine und vom Tod der and're.

Auch hier ist's ganz so ruhig wie im Wald.
Man hört den Kater schnarchen dicht am Ofen,
Der Stieglitz wetzt den Schnabel an den Stangen,
Die Körner knackt er, fegt die Hülsen weg,
Und aus dem Käfig steckt er seinen bunten Kopf
Und sieht sich um so listig wie ein Hahn;
Er schaut nach unten, zieht den Fingerhut hinauf
Und trinkt und läßt ihn fallen, schaut ihm nach.

So steht und blickt Frau Nachbar'n durch den Spalt,
Zur einen Seite hin und dann zur andern
Und in die Ecken wie ein Kontrolleur
Und auf den Boden mit dem weißen Sand
Wo Heinrich bisher kaum 'ne Spur gemacht hat,
Und dann zum Fenster hin, zum blanken Tisch.
Die Mutter steht, sie liest ihr im Gesicht,
Als spiegelt' sich ihr ganzer Stolz darin,
Ihr ganzer Staat, die Stub' mitsamt dem Heinrich.
Sie merkt auch gleich, was Nachbarin zu fragen hat:
Mein Mann ist auf dem Feld, sieht nach dem Land,
Ich wart' schon lang, er hat noch nichts getrunken.
Denn unterm Spiegel dampft der Kaffeekessel,
Und blau und weiße Tassen steh'n bereit.

Sie reden noch, da wird es draußen laut:
Ein rascher, fester Schritt und dann ein and'rer,
Man hört 'ne laute Stimme im Gespräch
Und dann 'nen Hund, wie er sich freut und bellt,
Und darauf steh'n zwei Männer in der Tür,
Einer in Stiefeln und mit Hut und Stock,
Breitschultrig und mit tiefen Pockennarben,
Der and're in Pantoffeln, pfeiferauchend.
Gu'n Morgen, Hansohm! Christian, bist du da?
Komm bald mal wieder, Nachbarin. Nun geht mal rein!
Der Kaffee steht schon lang, du bist wohl müd.
Und damit hält sie weit die Türe offen.

Großvater zieht die Brille etwas hoch,
Er gibt das Buch dem Enkel und sagt Guten Morgen,
Gibt Hansohm seine Hand, dann seinem Sohn,
Und fragt nach dem und jenem, was gescheh'n ist.

Da dampft der warme Kaffee in den Tassen,
Erquickt den Müden nach der schweren Tour.
Die Frau schenkt ein, und Hansohm läßt sich bitten,
Auch Opa rückt zum zweiten Mal zu Tisch:
Und als sie trinken, sitzt der Jung' und blättert
Und schaut, was nachher kommt und wie es wohl verläuft.
Sein Vater hat ihn dann und wann ihm Auge,
Doch sagt er nichts und läßt ihn still gewähren.
Der Kaffee tut uns gut, es wird schon kalt!
Der Winter ist ein Mann mit Eisenfingern!
Großvater friert schon, fängt da Hansohm an,
Ich denk', wir sollten nach Brasilien fahren;
Man sagt, sie essen Stachelbeeren dort zur Weihnacht
Wie am Johannistag bei uns; schön wär's für Opa,
´Wär' es so warm wie hier, wenn wir ins Heu geh'n,
Da kann man nun ganz leicht von Hamburg hinfahr'n,
Die Jungen singen: nach Brasilien ist's nicht weit.

Der Glaser reist nun auch, sagt da der Sohn,
Mit Frau und Kindern morgen früh nach Hamburg.
Ja, ja, sagt Hans, ich glaub' ich hätt' noch Lust,
Wär' bloß mal nicht der Große Teich dazwischen.
Man schreibt ja von Amerika nur Gutes,
Da sind die Rinder wild, man kann sie fangen,
Ein Dutzend hat man dann oft in der Scheune;
Die Hasen sind so zahm, man kann sie greifen,
Und dann die Vögel: das muß prächtig sein!
Ich mag so gern 'ne schön gebrat'ne Taube.
Und dabei wischt er lächelnd sich den Mund
Und blickt ganz lustig aus den kleinen Augen.
Die andern schmunzeln, denn sie kennen ihn
Und sein Verlangen nach 'nem guten Braten,
Sie nennen ihn Hans Mondschein wegen seiner Wangen.

Da sagt der Stämmige: Nun, Spaß beiseite,
Wollt' Opa mit, ich wüßt' nicht, was ich täte,
Ich glaub', man kann was werden hinterm Großen Teich;
Denn: was man hört, das ist doch meistens gut,
Es ist da freier, nicht so eng und ängstlich,
Da gibt's noch Platz; wer will, verdient sein Brot.

Ja, Platz genug, fällt Mondschein ihm ins Wort,
Man legt 'ne Leiter morgens an sein Haus,
Wenn man eins hat - ein Haus -, und nimmt sein Fernglas,
Und wünscht dem Nachbarn dann 'nen Guten Morgen.

Red' nur daher! Was wahr ist, bleibt auch wahr!
Hier ist's so eng, der eine drückt den andern
Und schnappt ihm grad' das Brot noch vor dem Mund weg.
Wie soll man's schaffen? Denn sie sind zu viel,
Und einer sitzt dem andern auf den Fersen.
Nimm nur den Handel! Jedes Haus ein Schild!
Man handelt doch mit allem, selbst mit Blumen!
Und wenn man's recht betrachtet, auch mit Menschen.
Und immer kommt was Neues, wieder Neues,
Von Schwefelhölzern bis zu'n Steuern.

Man weiß nicht, was man hat und was das wert ist;
Sie werden noch erfinden, Gold zu machen
Und Korn im Hause anbau'n auf dem Boden.
Den Dünger hol'n sie aus Amerika
Und ernten besten Weizen auf der Heide.
Und jeden Flecken Erde, jedes Kraut
Und jeden Knochen sucht man und bezahlt man -

Ich weiß nicht, wo das hinführ'n soll, wenn's weitergeht.
Das gährt und wühlt von unten bis nach oben,
Daß es so lärmt und summt wie tausend Bienen.
Und dabei ist's nicht schlimm, und alle werden satt,
Ich weiß nicht, wie es geht, der eine von dem andern,
Die alle arm sind und doch alles mittun;
Und aufgeklärter werden sie, das ist gewiß,
Und feiner bei dem ew'gen Treiben;
Auch ist das ein ganz flottes, muntres Leben,
Von morgens früh bis abends spät im Gang;
Doch wird mir's schon zu lärmend und zu laut.
Mir wird zu Mut, als führ' ich Karussell:
Wenn man auch still sitzt, dreht sich's doch herum,
Und schließlich geht der Boden unter'm Fuß weg.

Mir sind die Menschen viel zu gierig und zu hastig;
Mit stiller Arbeit kommt kein Mensch mehr aus;
Der kleinste Trödelhandel ist nun besser.
Wir sind am End' noch Juden miteinander,
Und die Maschin' ist dann die letzte, die noch schafft.
Und doch ist mir am glücklichsten zu Mut',
Wenn ich die Glieder brauche Tag für Tag,
Die ganze Woche schaffe und sonst nichts
Und wie das Mühlpferd in derselben Spur
Und einerlei wie frühjahrs mit dem Torf.
Dann gehn die Arm' und Beine ihren Gang
Und die Gedanken still und sacht den andern;
Uneinig sind sie nie, das Herz ist so gesund,
Und das Gewissen rührt sich nicht im Busen.
Man weiß, was Recht und Pflicht ist, ohne Grübeln,
Und was man soll und muß, sobald man aufsteht,
Und abends ist man recht von Herzen müd.
Das Essen schmeckt, die Stunden gleiten hin,
Und mit der Sonne sachte auf und ab
Kommt uns die Kraft und Lust und sinkt zur Ruh',
Und mit der ganzen Welt ist man in Frieden;
Das nenn' ich mir die Seel'n- und Arbeitsruh.
Dies Rechnen und Berechnen und Mißtrau'n
Und Schachern und Geschwätz ist mir zuwider!

Ich glaub', 's ist in der Neuen Welt nicht nötig.
Da kauft man sich ein kleines Stückchen Land
Und baut es an und sieht die Früchte reifen
Und denkt: das ist der Lohn für saure Arbeit.
Bringt hier die Saat auch Segen auf dem Feld,
Weiß man doch kaum, wieviel der Staat noch abzieht;
Mit all den Steuern wird's ja immer ärger.
Und all die feinen Herrn mit Brill' und Stock
Und Wissenschaft und Hochdeutsch und noch andrem -
Ich hör' ja oft im Wirtshaus, was sie reden:
Das meiste ist doch reine Faselei;
Und trotzdem sieht man immer erst den Rock,
Ist auch der Kerl mitunter dumm wie Stroh -
Nein, wie ich sag', das ist nicht auszuhalten!

Ja, wenn das so ist, können wir gleich geh'n,
Meint da der Dicke mit 'nem breiten Mund
Und pafft, daß ihm der Rauch den Kopf benebelt;
Du für die Freiheit und ich für die Tauben;
Die Blumen und die Nester kann ja Heinrich suchen.
Der Kleine steht schon wieder hinterm Opa
Und sieht dem Vater starr auf Mund und Augen.
Rot wird er, lacht, als Hans ihn anspricht.

Dann fahrt mal, sagt der Alte, ohne mich!
Man wechselt nicht die Heimat wie den Rock;
Ich kann nicht leben ohne Vaterland.
Und wer dorthin geht - nein! Der hat keins mehr.
Wie dauern mich die armen Unglücksraben,
Von Not und Hunger und vom Adel fortgetrieben!
Ich weiß noch, als die von Hannover kamen
Und die von Holstein aus Leibeigenschaft,
Die war'n ja abgestumpfter als das Vieh
Und so verschüchtert wie ein Schaf beim Markt,
Die schämten sich des eignen Vaternamens
Und krochen wie die Gauner hier herum:
Wenn's die dorthinzieht, ja, dann geb' ich zu,
Daß die nicht Haus noch Hof noch Vaterland besitzen.
Doch hier auf unsern kleinen freien Flecken
Kann es, so Gott will, nie so furchtbar werden.
Die Alten haben für die Freiheit hier ihr Blut gegeben,
Und davon ist die Marsch noch immer voll;
In jeder Ader ist ein Tropfen davon drin,
Wie niedrig und wie hoch, sie alle haben's,
Und die am meisten, die es gar nicht spür'n.
Das ist die Freiheit, die hier in uns steckt
Wie unsre Art vom Vater und von Mutter.
Die macht die Schlimmsten grob und übeltätig
Und unsre Besten grad und schlicht und recht.
Das andre ist nur alles Faselei;
Von oben kommt die Knechtschaft nicht herab;
Wenn wir nur woll'n, dann sind die Fürsten schwach.
Das scheint mir grad' wie mit der Religion:
Die läßt man sich geben und nicht nehmen,
Die hat man grad' am meisten in der Not.
Wie meint ihr? Es sei ruhig hinterm Weltmeer?
Da drängt es auch und treibt und reibt sich auf,
Und fehlen Fürsten, drücken List und Geld;
Kein Mensch verbannt die Herrschsucht aus der Welt,
So wenig wie die Furcht vor Gott dem Herrn.
In Gottes Namen fahrt! Ich geh' nicht mit!
Ein alter Baumstamm läßt sich nicht verpflanzen.
Ich will hier warten, bis mein Stündlein kommt.

Die Hände faltend, schüttelt er den Kopf,
Dreht sich und schaut mit müdem Blick zur Tür:
Da stand mein selig' Weib mit roten Wangen,
Wie Milch und Blut so frisch - welch eine Frau! -
Samstag vor Pfingsten - auch vor vielen Jahren! -
Von Martin Peters hatte ich das Haus gekauft,
Von Högen war'n wir da, es zu besehen,
Und übern Fußsteig gingen wir am Teich,
Am letzten Festtag sollte Hochzeit sein:
Da stand sie in der Türe hier zum ersten Mal.
Sie sah sich um von oben bis nach unten,
Dann sagte sie: Das hier ist unser? Gebe Gott,
Daß wir hier bleiben bis an unser Ende!

Als sie zur Ruhe ging, da war sie wieder hier -
Und übern Fußsteig ging ich hinterher.
und sieben Kinder hab' ich dort begleitet.
Ich seh' die Träger noch und jeden Sarg,
Als gingen sie zugleich - ein langer Zug -
Von Groß und Klein - mein Christian ist geblieben.
Er ist genau so alt wie diese Esche vor dem Fenster -
Die große hier -, ich pflanzte sie, als er geboren wurde;
Die kleine hier ist jünger, - auch die Silberpappel;
Die Eiche hier ist für den Ältesten - sie will nicht wachsen --
Nur die Kastanie, die alte, stand schon hier, -
Die Esche holt' ich selber aus dem Norderwald.
Wie wachsen sie! - als wär'n sie ewig jung -
Wir Menschen kommen, gehen wie die Blumen und das Gras.

Die Kinder spielten hier, eins nach dem andern,
Da saßen wir am Abend auf der Grasbank
Und schauten zu, und unsre Nachbarn kamen,
Die jüngern, mitzuspielen, und die alten um zu schwätzen,
Bis alles still war und der Wächter rief.
Dort wurden wir zusammen still und grau.
So mancher, der als Junge dort herumsprang,
Saß mit den Jahren ruhig bei uns Alten,
Und manches Jahr im neuerwachten Sommer
Vermißten wir ein weißes Haupt in unsrer Runde,
Bis es mir schließlich allzu oft geschah:
Ich fühlt' mich bei den andern nicht mehr heimisch,
Und immer fremder wurden die Gesichter;
Auch wurde es am Abend mir zu kalt:
Es zog mich jetzt viel früher in die Stube,
Und durch das Fenster sah ich nach dem alten Baum.

Nein, nein, ihr alten Freunde, ich bleib hier,
Ihr seid geblieben, als die andern gingen,
Als letzte hier am Platz von allen andern, -
Ob ich sie nächstes Frühjahr wohl noch grün seh? --

Der Alte stützt die Hände auf die Lehnen
Und hebt den Rücken etwas aus dem Stuhl;
Er schaut mit schwachen Augen aus dem Fenster.

Da faßt der Kleine sachte ihn am Arm,
Und Christian nimmt die Tasse ihm vom Mund und pustet,
Als wär' der Kaffee heiß - und setzt sie hin -,
Kommt wieder hoch, ergreift Großvaters Hand
Und legt die andre seinem Sohne auf:
Ein bißchen Kaffee hat er sich wohl ins Gesicht gepustet,
Es stehen Tropfen ihm in seinen Pockennarben; -
Doch sagt er nichts und sieht den Alten an,
Der Alte ihn und dann sein Kindeskind.
So stehen sie, dem Kleeblatt gleich,
Derselbe Schlag und Schnitt, dieselbe Art
Und doch so ungleich wie der Herbst dem Frühling,
Der stille weiße Winter zwischen ihnen.
Auch Hansohm steht nun auf, ganz sacht,
Und stellt die Pfeife seitwärts an den Stuhl,
Als steckten Dampf und Witz in seinem Mund.
Da hört der Alte seine Schwiegertochter weinen,
Er drückt die beiden sanft zur Seite,
Sagt: Laßt uns zur Kirche gehn und beten,
Daß wir hier bleiben bis an unser Ende.

[1] Wortschatz: ulen 'mit dem Besen abstreifen'; gau 'rasch, schnell' (wie ndl. gouw); dal adv. 'hinunter'; sülm 'selbst'; Obbe 'Großvater'; vertrecken 'verziehen'; ficheln 'liebkosen';in'e Knirr 'offen'; Nawersch 'Nachbarin'; Rèz 'Ritze,Türspalt'; vörkrüz adv. 'kreuzweise'; Löhnelsch 'Lehne'; gèl 'goldgelb, -blond'; holt 'Gehölz, Wald'; Martjen 'Marienblümchen, Tausendschön'; Stubben 'Baumstumpf'; sagen 'sägen, schnarchen'; ünnern 'von unten her'; Steilitsch 'Stieglitz'; Wier f. (e. wire)'dünner Metalldraht'; knappen 'mit knackendem Geräusch essen, nagen'; sluf 'Schoten der Hülsenfrüchte'; glupen 'blinzeln, einen schnellen Blick werfen'; Fotborrn 'Fußboden: eigentlich nur der aus Brettern, die entweder stump oder op Nuut un Fedder zusammengefügt werden, hergestellte F. in den Stuben (Holst.WB 2,188); petten 'treten'; harr 'hatte'; luren 'warten'; torech 'bereit'; buten 'außen'; harre Stimm 'laute Stimme'; sik freiden 'sich freuen';Tüffeln 'Pantoffeln'; wahren 'währen, dauern'; Dörnschdoer 'Stubentür' [dörnsch < mnd. dornitze,dornse, vgl. russ. gornitza 'Badestube'; heizbares Zimmer i.Ggs. zur nicht heizbaren Staatsstube]; kragen 'nötigen'; blöde eig. 'schüchtern, zurückhaltend, bescheiden'; nößen adv. 'nächstens, nachher, später'; Brunsilgen 'Brasilien'[im Holst.WB nur für GROTH belegt]; Stickbein 'Stachelbeeren'; Johanni am Johannestag (24.6.)' Warms (e. warmth) 'Wärme'; Hauarn 'Heuernte'; hinrecken 'hingelangen'; de grote Pohl [eig.]'die große Pfütze; der große Teich, der (Atlantische) Ozean'; de Ossen hier 'die Rinder' [es gibt mit diesem Wort zahlreiche nd. Redensarten und Sprichwörter, z.B. Wat weet en Oss vun Pèper, he kümt je nich in de Apthek /Ossen un duun Lüd mutt man ut'n Weg gahn /Laat den Ossen man trecken, Melk gèben deit he ni /Gott gifft uns wull de Ossen, man wi möt se bi de Hörn in't Huus trecken; Holst.WB 3, 906]; Schün 'Scheune'; smerri 'schmierig lächelnd'; smustern 'schmunzeln'; gündsit 'jenseits'; Nawer 'Nachbar'; redi hier: 'wirklich, tatsächlich'; alke 'jedes' [e. each]; Swèvelsticken pl. 'Schwefelhölzer' (10-12 cm lange, dünne Späne, die an beiden Enden in Schwefel getaucht wurden, Holst. WB 4, 996); opfinn' 'herausfinden'; buden 'anbauen'; Böhn 'Dachbodenraum'; Heiloh f. 'ausgedehnte Heidefläche, Heideland'; Eer 'Erde'; Knaken 'Knochen'; wa dat rut schall 'worauf das hinauslaufen soll'; Imkorf 'Bienenkorb'; operklärt 'aufgeklärt'; afpoleert 'fein, gebildet'; drifti 'betriebsam, tatkräftig'; happi(g), happsch 'gierig'; Natelhandel 'Kurzwarenhandel'; Bossen 'Busen'; vun Harten 'von Herzen'; sachen 'sacht' [zur Form cf. dochen 'doch']; stiggt v. stiegen 'steigen'; Rau 'Ruhe'; nömen sw.v. [cf. lat. nominare] 'nennen'; Rèken [e. reckon] 'Rechnen'; Belurn (beluurn) 'belauschen, beaobachten'; hett man hier ok Sègen ... [konzessiv] 'auch wenn man ...hat'; aftrecken '(Steuern) abziehen'; stackels v. stackel [< anord. staf-karl 'am Stabe gehender Mann'] 'bedauernswert, kümmerlich'; Öwerelfsche 'Bewohner jenseits der Elbe, Hannoveraner'; verdümmert 'abgestumpft'; Markt ist im nd. sächlich; auch im (westfäl.-) niederdt. Nord-Waldeck sagt man heute noch 'ich gehe auf's (Vieh-)Markt'; krupen 'kriechen'; mank [e. among] 'zwischen'; Hus un Klus 'Haus und Hof'; gruli(g) 'grauenhaft, unheimlich'; blött 'geblutet'; Slach un Art = Hendiadyoin für 'Art, Geschlecht'; öwerdadi 'übeltätig'; hendal 'herab'; wenn dat knippt v. kniepen 'kneifen, zwicken': 'wenn es schwierig wird, wenn Not am Mann ist'; töben 'warten'; folen 'falten'; vun Högen rop ' von Högen [einem dithmarschen Dorf im Kirchspiel Hennstedt] her'; vun baben 'von oben'; nerrn = nedden 'unten'; as Lik 'zwischen dem Ableben und der Beerdigung'; hentlankbrocht hier: 'auf demselben Gang (zur Beerdigung) begleitet' [hierzu cf. Holst. WB 2,748u.; er hat sieben Kinder verloren, nur sin Krüschan ist übrig geblieben]; blot adv. 'bloß, nur'; wa menni een 'wie manch einer'; daben /dawen 'toben'; faken adv. 'oft'; jümmer 'immer'; ik hol mi in'e Stuv eig. 'ich erhole mich in der Stube'; vgl. jedoch das seemänn. 'sich verholen' = 'sich begeben, verfügen [nach], ist hier wahrscheinlich gemeint ('ich ziehe mich in die Stube zurück, wenn mich friert); puß v. puusten swv. 'stark hauchen, blasen'; hitt 'heiß'; wück 'einige' [cf. dt. welche]; Klewerdree 'dreiblättriges Kleeblatt'; hev sik sachen in'e Höch 'erhob sich behutsam'; lisen 'sanft'; Kark 'Kirche' [Graphie /è/ entspricht einem mit Cédille versehenen, offen artikulierten /e/].

[2] Die hochdeutsche Übertragung bemüht sich weitestgehend, dem Wortlaut und dem Metrum des niederdeutschen Originals zu entsprechen; andererseits mußte eine Reihe von Zeilen relativ frei übertragen / umgestaltet werden, um dem Versmaß gerecht zu werden. Deshalb wurden auch die meist einsilbigen niederdeutschen Präteritalformen in ebenfalls einsilbige hochdeutsche Präsensformen umgesetzt (z.B. se lang -> sie langt; se mark -> sie merkt usw.)

Hochdeutsche Übertragung und Glossar: alle Rechte (c) Wolfgang Näser, Marburg, 07.07.1978 / 29.07.1996
Änderungen und Ergänzungen vorbehalten.
Neusatz und Revision: Cuxhaven 29.3.2006