Textsorte: Hymnus
Das Hohe Lied Salomonis (Kap. 1-6,8,12)
1,1 Das Lied der Lieder, von Salomo.
1,2 Er küsse mich mit Küssen seines Mundes, denn deine Liebe
ist köstlicher als Wein.
1,3 An Duft gar köstlich sind deine Salben; ausgegossenes Salböl
ist dein Name. Darum lieben dich die Mädchen.
1,4 Zieh mich dir nach, laß uns eilen! Der König möge
mich in seine Gemächer führen! Wir wollen jubeln und uns freuen
an dir, wollen deine Liebe preisen mehr als Wein! Mit Recht liebt man dich.
1,5 Schwarz bin ich und doch anmutig, ihr Töchter Jerusalems,
wie die Zelte Kedars, wie die Zeltdecken Salomos.
1,6 Seht mich nicht an, weil ich schwärzlich bin, weil die Sonne
mich gebräunt hat! Meiner Mutter Söhne fauchten mich an, setzten
mich als Hüterin der Weinberge ein. Meinen eigenen Weinberg habe ich
nicht gehütet.
1,7 `Erzähle mir, du, den meine Seele liebt, wo weidest du? Wo
läßt du lagern am Mittag? Wozu denn sollte ich wie eine Verschleierte
sein bei den Herden deiner Gefährten?
1,8 `Wenn du es nicht weißt, du Schönste unter den Frauen,
so geh hinaus den Spuren der Herde nach und weide deine Zicklein bei den
Wohnstätten der Hirten!
1,9 `Einer Stute an den Prachtwagen des Pharao vergleiche ich dich,
meine Freundin.
1,10 Anmutig sind deine Wangen zwischen den Schmuckkettchen, dein Hals
mit der Muschelkette.
1,11 Goldene Schmuckkettchen wollen wir dir machen mit Perlen aus Silber.
1,12 `Solange der König bei seiner Tafelrunde [weilt], gibt meine
Narde ihren Duft.
1,13 Ein Myrrhenbeutelchen ist mir mein Geliebter, das zwischen meinen
Brüsten ruht.
1,14 Eine [Blüten]traube vom Hennastrauch ist mir mein Geliebter,
aus den Weinbergen von En-Gedi.
1,15 `Siehe, du bist schön, meine Freundin, siehe, du
bist schön, deine Augen sind Tauben.
1,16 `Siehe, [auch] du bist schön, mein Geliebter, und hold, und
unser Lager ist frisches Grün.
1,17 Die Balken unseres Hauses sind Zedern, unsere Dachsparren sind
Wacholder.
2,1 `Ich bin eine Narzisse von Scharon, eine Lilie der Täler.
2,2 `Wie eine Lilie unter Dornen so ist meine Freundin unter den
Töchtern.
2,3 `Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes so ist mein Geliebter
unter den Söhnen. In seinem Schatten zu sitzen, gelüstet's mich,
und seine Frucht ist meinem Gaumen süß.
2,4 `Er hat mich ins Weinhaus hineingeführt, und sein Zeichen über
mir ist Liebe.
2,5 Stärkt mich mit Traubenkuchen, erquickt mich mit Äpfeln,
denn ich bin krank vor Liebe!
2,6 Seine Linke [liegt] unter meinem Kopf, und seine Rechte umfaßt
mich.
2,7 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen
oder bei den Hirschkühen des Feldes: Weckt nicht, stört nicht auf
die Liebe, bevor es ihr [selber] gefällt!
2,8 Horch, mein Geliebter! Siehe, da kommt er, springt über die
Berge, hüpft über die Hügel.
2,9 Mein Geliebter gleicht einer Gazelle oder einem jungen Hirsch. Siehe,
da steht er vor unserer Hauswand, schaut durch die Fenster herein, blickt
durch die Gitter.
2,10 Mein Geliebter erhebt [seine Stimme] und spricht zu mir: `Mach dich
auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm!
2,11 Denn siehe, der Winter ist vorbei, die Regenzeit ist vorüber,
ist vergangen.
2,12 Die Blumen zeigen sich im Lande, die Zeit des Singens ist gekommen,
und die Stimme der Turteltaube läßt sich hören in unserm
Land.
2,13 Der Feigenbaum rötet seine Feigen, und die Reben, die in
Blüte stehen, geben Duft. Mach dich auf, meine Freundin, meine Schöne,
und komm!
2,14 Meine Taube in den Schlupfwinkeln der Felsen, im Versteck an den
Felsstufen, laß mich deine Gestalt sehen, laß mich deine Stimme
hören! Denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt anmutig.
2,15 Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge
verderben! Denn unsere Weinberge stehen in Blüte. 2,16 Mein Geliebter
ist mein, und ich bin sein, der in den Lilien weidet. -
2,17 Wenn der Tag verhaucht und die Schatten fliehen, wende dich her,
mein Geliebter, gleiche einer Gazelle oder einem jungen Hirsch auf den
zerklüfteten Bergen!
3,1 Auf meinem Lager zur Nachtzeit suchte ich ihn, den meine Seele
liebt, ich suchte ihn und fand ihn nicht.
3,2 `Aufstehen will ich denn, will die Stadt durchstreifen, die
Straßen und die Plätze, will ihn suchen, den meine Seele liebt.
Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
3,3 Es fanden mich die Wächter, die die Stadt durchstreifen: `Habt
ihr ihn gesehen, den meine Seele liebt,
3,4 Kaum war ich an ihnen vorüber, da fand ich ihn, den meine
Seele liebt. Ich ergriff ihn und ließ ihn nicht [mehr] los, bis ich
ihn ins Haus meiner Mutter gebracht hatte und in das Gemach derer, die mit
mir schwanger war.
3,5 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen
oder bei den Hirschkühen des Feldes: Weckt nicht, stört nicht auf
die Liebe, bevor es ihr [selber] gefällt!
3,6 Wer ist sie, die da heraufkommt aus der Wüste, Rauchsäulen
gleich, umduftet von Myrrhe und Weihrauch, von allerlei Gewürzpulver
des Händlers?
3,7 Siehe da, die Sänfte Salomos! Sechzig Helden sind rings um sie
her von den Helden Israels.
3,8 Sie alle sind Schwertträger, geübt im Kampf. Jeder hat
sein Schwert an seiner Hüfte gegen den Schrecken zur Nachtzeit.
3,9 Einen Tragsessel machte sich der König Salomo aus Hölzern
des Libanon.
3,10 Seine Füße machte er aus Silber, seine Lehne aus Gold,
seinen Sitz aus rotem Purpur. Das Innere ist ausgelegt mit Ebenholz. Ihr
Töchter Jerusalems,
3,11 kommt heraus und betrachtet doch, ihr Töchter Zions, den
König Salomo in der Krone, mit der ihn seine Mutter gekrönt hat
am Tag seiner Hochzeit und am Tag der Freude seines Herzens!
4,1 Siehe, schön bist du, meine Freundin. Siehe, du bist
schön! Deine Augen [leuchten wie] Tauben hinter deinem Schleier hervor.
Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die vom Gebirge Gilead hüpfen.
4,2 Deine Zähne sind wie eine Herde frisch geschorener [Schafe],
die aus der Schwemme heraufkommen, jeder [Zahn] hat seinen Zwilling, keinem
von ihnen fehlt er.
4,3 Wie eine karmesinrote Schnur sind deine Lippen, und dein Mund ist
lieblich. Wie eine Granatapfelscheibe [schimmert] deine Schläfe hinter
deinem Schleier hervor.
4,4 Dein Hals ist wie der Turm Davids, der rund gebaut ist. Tausend
Schilde hängen daran, alles Schilde von Helden. 4,5 Deine beiden
Brüste sind wie zwei Kitze, Zwillinge der Gazelle, die in den Lilien
weiden. -
4,6 Wenn der Tag verhaucht und die Schatten fliehen, will ich zum
Myrrhenberg hingehen und zum Weihrauchhügel. - 4,7 Alles an dir
ist schön, meine Freundin, und kein Makel ist an dir.
4,8 Mit mir vom Libanon, [meine] Braut, mit mir vom Libanon sollst du
kommen, sollst herabsteigen vom Gipfel des Amana, vom Gipfel des Senir und
Hermon, weg von den Lagerstätten der Löwen, von den Bergen der
Leoparden.
4,9 Du hast mir das Herz geraubt, meine Schwester, [meine] Braut. Du
hast mir das Herz geraubt mit einem einzigen [Blick] aus deinen Augen, mit
einer einzigen Kette von deinem Halsschmuck.
4,10 Wie schön ist deine Liebe, meine Schwester, [meine] Braut!
Wieviel köstlicher ist deine Liebe als Wein und der Duft deiner Salben
als alle Balsamöle!
4,11 Honigseim träufeln deine Lippen, [meine] Braut. Honig und
Milch ist unter deiner Zunge, und der Duft deiner Gewänder gleicht dem
Duft des Libanon.
4,12 `Ein verschlossener Garten ist meine Schwester, [meine] Braut, ein
verschlossener Born, eine versiegelte Quelle.
4,13 Was dir entsprosst, ist ein Lustgarten von Granatapfelbäumen
samt köstlichen Früchten, Hennasträuchern samt Narden,
4,14 Narde und Safran, Würzrohr und Zimt samt allerlei
Weihrauchgewächsen, Myrrhe und Aloe samt allerbesten Balsamsträuchern.
4,15 Eine Gartenquelle [bist du], ein Brunnen mit fließendem
Wasser und [Wasser], das vom Libanon strömt.
4,16 `Wach auf, Nordwind, und komm, Südwind! Laß duften meinen
Garten, laß strömen seine Balsamöle! Mein Geliebter komme
in seinen Garten und esse seine köstlichen Früchte!
5,1 `Ich komme in meinen Garten, meine Schwester, [meine] Braut. Ich
pflücke meine Myrrhe samt meinem Balsam, esse meine Wabe samt meinem
Honig, trinke meinen Wein samt meiner Milch. Eßt, Freunde, trinkt und
berauscht euch an der Liebe!
5,2 Ich schlief, aber mein Herz war wach. Horch, mein Geliebter klopft:
`Öffne mir, meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, meine Vollkommene!
Denn mein Kopf ist voller Tau, meine Locken voll von Tropfen der Nacht.
5,3 `Ich habe meinen Leibrock [schon] ausgezogen, wie sollte ich ihn
[wieder] anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen, wie sollte ich
sie [wieder] beschmutzen?
5,4 Mein Geliebter streckte seine Hand durch die Öffnung, da wurden
meine Gefühle für ihn erregt.
5,5 Ich stand auf, um meinem Geliebten zu öffnen, da troffen
meine Hände von Myrrhe und meine Finger von flüssiger Myrrhe, [als
ich sie legte] an die Griffe des Riegels.
5,6 Ich öffnete meinem Geliebten, aber mein Geliebter hatte sich
abgewandt, war weitergegangen. Ich war außer mir, daß er weg
war. Ich suchte ihn, doch ich fand ihn nicht. Ich rief ihn, doch er antwortete
mir nicht.
5,7 Es fanden mich die Wächter, die die Stadt durchstreifen. Sie
schlugen mich, verwundeten mich. Die Wächter der Mauern nahmen mir meinen
Überwurf weg.
5,8 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, wenn ihr meinen
Geliebten findet, was wollt ihr ihm ausrichten? Daß ich krank bin vor
Liebe.
5,9 Was hat dein Geliebter einem [andern] Geliebten voraus, du Schönste
unter den Frauen? Was hat dein Geliebter einem [andern] Geliebten voraus,
daß du uns so beschwörst?
5,10 Mein Geliebter ist weiß und rot, hervorragend unter
Zehntausenden.
5,11 Sein Haupt ist feines, gediegenes Gold, seine Locken sind
Dattelrispen, schwarz wie der Rabe;
5,12 seine Augen wie Tauben an Wasserbächen, in Milch gebadet
[seine Zähne], festsitzend in der Fassung;
5,13 seine Wangen wie ein Balsambeet, das Würzkräuter sprossen
läßt; seine Lippen Lilien, triefend von flüssiger Myrrhe.
5,14 Seine Arme sind goldene Rollen, mit Türkis besetzt; sein
Leib ein Kunstwerk aus Elfenbein, bedeckt mit Saphiren.
5,15 Seine Schenkel sind Säulen aus Alabaster, gegründet auf
Sockel von gediegenem Gold. Seine Gestalt ist wie der Libanon, auserlesen
wie Zedern.
5,16 Sein Gaumen ist Süßigkeit, und alles an ihm ist
begehrenswert. Das ist mein Geliebter und das mein Freund, ihr Töchter
Jerusalems!
6,1 `Wohin ist dein Geliebter gegangen, du Schönste unter den
Frauen? Wohin hat dein Geliebter sich gewandt, daß wir ihn mit dir
suchen?
6,2 `Mein Geliebter ist in seinen Garten hinabgegangen zu den Balsambeeten,
um in den Gärten zu weiden und Lilien zu pflücken.
6,3 Ich gehöre meinem Geliebten, und mein Geliebter gehört
mir, er, der in den Lilien weidet.
6,4 Schön bist du, meine Freundin, wie Tirza, anmutig
wie Jerusalem, furchterregend wie Kriegsscharen.
6,5 Wende deine Augen von mir ab, denn sie verwirren mich! Dein Haar
ist wie eine Herde Ziegen, die von Gilead herunterhüpfen.
6,6 Deine Zähne sind wie eine Herde Mutterschafe, die aus der
Schwemme heraufkommen, jeder [Zahn] hat seinen Zwilling, keinem von ihnen
fehlt er.
6,7 Wie eine Granatapfelscheibe [schimmert] deine Schläfe hinter
deinem Schleier hervor.
6,8 Sechzig Königinnen sind es und achtzig Nebenfrauen und Mädchen
ohne Zahl.
6,9 Eine [nur] ist meine Taube, meine Vollkommene. Sie ist die einzige
ihrer Mutter, sie ist die Auserkorene ihrer Gebärerin. Sähen sie
die Töchter, sie priesen sie glücklich, die Königinnen und
Nebenfrauen, sie rühmten sie:
6,10 Wer ist sie, die da hervorglänzt wie die Morgenröte,
schön wie der Mond, klar wie die Sonne, furchterregend wie Kriegsscharen?
6,11 In den Nußgarten ging ich hinab, um die jungen Triebe des
Tales zu besehen, um zu sehen, ob der Weinstock treibt, ob die
Granatapfelbäume blühen,
6,12 da setzte mich - [wie] weiß ich nicht - mein Verlangen
[auf] die Prachtwagen meines edlen Volkes.
Kapitel 8
8,1 O wärest du mir doch ein Bruder, der die Brust meiner Mutter
gesogen! Fände ich dich [dann] draußen, könnte ich dich
küssen, und man dürfte mich dennoch nicht verachten.
8,2 Ich würde dich führen, dich hineinbringen ins Haus meiner
Mutter, die mich unterrichtete. Ich würde dir vom Würzwein zu trinken
geben, vom Most meiner Granatäpfel.
8,3 Seine Linke [läge] unter meinem Kopf, und seine Rechte
umfaßte mich.
8,4 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems: Was wollt ihr
wecken, was aufstören die Liebe, bevor es ihr [selber] gefällt!
8,5 Wer ist sie, die da heraufkommt aus der Wüste, an ihren Geliebten
gelehnt? Unter dem Apfelbaum habe ich dich geweckt, dort empfing dich deine
Mutter, dort empfing sie dich, die dich gebar.
8,6 `Leg mich wie ein Siegel an dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm!
Denn stark wie der Tod ist die Liebe, hart wie der Scheol die Leidenschaft.
Ihre Gluten sind Feuergluten, eine Flamme Jahs.
8,7 Mächtige Wasser sind nicht in der Lage, die Liebe
auszulöschen, und Ströme schwemmen sie nicht fort. Wenn einer den
ganzen Besitz seines Hauses für die Liebe geben wollte, man würde
ihn nur verachten.
8,8 Wir haben eine Schwester, die ist klein und hat noch keine
Brüste. Was sollen wir mit unserer Schwester tun an dem Tag, da man
um sie werben wird?
8,9 Wenn sie eine Mauer ist, bauen wir auf ihr eine silberne Zinne.
Wenn sie aber eine Tür ist, versperren wir sie mit einem Zedernbrett.
8,10 Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme.
Nun [aber] bin ich vor ihm wie eine, die Frieden anbietet.
8,11 Einen Weinberg hatte Salomo in Baal-Hamon. Er übergab den Weinberg
den Hütern. Jedermann würde für seine Frucht tausend
Silber[schekel] einnehmen.
8,12 Meinen eigenen Weinberg habe ich vor mir. Die tausend [Silberschekel
gönne ich] dir, Salomo, und zweihundert denen, die seine Frucht hüten.
8,13 Die du wohnst in den Gärten, während die Gefährten
deiner Stimme lauschen, laß mich hören:
8,14 Enteile, mein Geliebter, und tu es der Gazelle gleich oder dem
jungen Hirsch auf den Balsambergen!
12,1 Dreh dich um, dreh dich um, Sulamith! Dreh dich um, dreh dich
um, daß wir dich anschauen! Was wollt ihr an Sulamith schauen beim
Reigen von Mahanajim?
12,2 Wie schön sind deine Schritte in den Sandalen, du Tochter
eines Edlen! Die Biegungen deiner Hüften sind wie Halsgeschmeide,
ein Werk von Künstlerhand.
12,3 Dein Schoß ist eine runde Schale. Nie mangle es
ihr an Mischwein! Dein Leib ist ein Weizenhaufen, umzäunt mit Lilien.
12,4 Deine beiden Brüste sind wie zwei Kitze, Zwillinge der Gazelle.
12,5 Dein Hals ist wie der Elfenbeinturm, deine Augen [wie] die Teiche
in Heschbon am Tor der volkreichen [Stadt], deine Nase wie der Libanon-Turm,
der nach Damaskus hinschaut.
12,6 Dein Haupt auf dir ist wie der Karmel und dein gelöstes Haupthaar
wie Purpur. Ein König ist gefesselt durch [deine] Locken!
12,7 Wie schön bist du, und wie lieblich bist du, o Liebe voller
Wonnen!
12,8 Dies ist dein Wuchs: Er gleicht der Palme und deine Brüste
den Trauben.
12,9 Ich sagte [mir]: `Ersteigen will ich die Palme, will nach ihren
Rispen greifen. Deine Brüste sollen [mir] wie Trauben des Weinstocks
sein und der Duft deines Atems wie Apfelduft
12,10 und dein Gaumen wie vom würzigen Wein, der einem Liebhaber
[süß] eingeht, der die Lippen der Schlafenden erregt.
12,11 `Ich gehöre meinem Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen.
12,12 Komm, mein Geliebter, laß uns aufs Feld hinausgehen! Wir
wollen unter Hennasträuchern die Nacht verbringen.
12,13 Wir wollen uns früh aufmachen zu den Weinbergen, wollen sehen,
ob der Weinstock treibt, die Weinblüte aufgegangen ist, ob die
Granatapfelbäume blühen. Dort will ich dir meine Liebe schenken.
-
12,14 Die Liebesäpfel geben [ihren] Duft, und an unserer Tür
sind allerlei köstliche Früchte, frische und alte, die ich, mein
Geliebter, dir aufbewahrt habe.
Glossar
4,14 Aloe [a:loe], die; , -n : (zu den Liliengewächsen
gehörende) in den Tropen u. Subtropen wachsende Pflanze mit
wasserspeichernden, dicken Blättern
06,9 auserkoren : auserwählt
4,14 Balsam , der; -s : dickflüssiges Gemisch aus Harzen u.
ätherischen Ölen, als Linderungsmittel in der Medizin
verwendet
4,12 Born, der; [e]s, -e (dichter.): Brunnen, Wasserquelle
1,17 Dachsparren, der: vom First zum Rand des Daches verlaufender
Balken des Dachstuhls.
3,10 Ebenholz, das; -es, ...hölzer: sehr hartes, schwarzes od.
tiefdunkles Edelholz: ein Griff aus blankem E.; Haare, schwarz wie E.
12,2 Geschmeide, das; -s, - : kostbarer Schmuck
04,3 Granatapfel, der : einem Apfel ähnliche, wohlschmeckende,
zunächst rote, dann gelb werdende Beerenfrucht des
Granatapfelbaums
1,14 Hennastrauch: (in Asien u. Afrika heimischer) dem Liguster
ähnlicher Strauch mit gelben bis ziegelroten, in Rippen angeordneten
Blüten
4,11 Honigseim, der (veraltet): ungeläuterter Honig, wie er aus
den Waben abfließt.
12,6 Karmel: Berg im bibl. Palästina
04,3 karmesinrot «Adj.»: karminrot: kräftig, leuchtend
rot
04,5 Kitz, das; -es, -e, Kitze, die; , -n Junges von Reh, Gemse,
Ziege
04,7 Makel, der; -s, - : 1. etw. (ein Fehler, Mangel o.~ä.),
was für jmdn., in seinen eigenen Augen od. im Urteil anderer, als Schmach,
als herabsetzend gilt; 2. Fehler, fehlerhafte Beschaffenheit von etw., die
etw. als unvollkommen erscheinen läßt, seinen Wert
herabsetzt
08,2 Most, der; [e]s, -e : zur Gärung bestimmter Saft aus
gekelterten Trauben
03,6 Myrrhe, die; , -n : (aus verschiedenen Bäumen des
tropischen Afrika u. Indien gewonnenes) wohlriechendes Gummiharz, das bes.
als Mittel zum Räuchern u. für Arzneien verwendet wird
4,13 Narde, die; , -n : a) wohlriechende, dem Baldrian verwandte
Pflanze; b) Öl od. Salbe aus der Narde
12,9 Rispe : Blütenstand (z.B. beim Gras)
4,14 Safran, der; -s, -e hier: (zu den Krokussen gehörende)
im Herbst blühende Pflanze mit schmalen Blättern u. purpurfarbenen
Blüten, die bes. im Mittelmeerraum als Gewürz- u. Heilpflanze u.
zur Gewinnung von Farbstoff angebaut wird.
5,13 Saphir [auch: ], der; -s, -e : wertvoller, meist [durchsichtig]
blauer Edelstein
8,11 Schekel, der; -s, - [hebr.]: altbabylonische u. jüd. Gewichts-
u. Münzeinheit.
08,6 Scheol, der; -s [hebr.]: (im AT) das als Unterwelt gedachte
Totenreich, in dem die Toten mit verminderter Lebenskraft
weiterexistieren
12,3 Schoß, der; -es hier: weibliche
Geschlechtsteile
04,2 Schwemme, die; , -n hier: flache Stelle am Ufer eines Flusses,
Teichs o.~ä., an der bes. Pferde u. Schafe (zum Zweck der Säuberung
od. der Abkühlung bei großer Hitze) ins Wasser getrieben
werden
08,6 Siegel, das; -s, - hier: Stempel zum Abdruck, Eindruck eines
Zeichens in weiche Masse, zum Siegeln
6,11 Trieb, der; [e]s, -e hier: junger, sich gerade bildender
Teil einer Pflanze, der später Blätter entwickelt u. oft verholzt;
junger Sproß (1~a): ein kräftiger T.; die Pflanze hat junge
--e
5,13 triefen «st. u. sw. V.; triefte/(geh.:) troff,
getrieft/(selten:) getroffen»: ~in zahlreichen, großen Tropfen
od. kleinen Rinnsalen fließen
5,15 Zeder, die; , -n : (im Mittelmeerraum heimischer) hoher,
immergrüner Nadelbaum mit unregelmäßig ausgebreiteter Krone,
steifen, meist dreikantigen Nadeln u. aufrecht stehenden, eiförmigen
bis zylindrischen Zapfen
08,9 Zinne, die; , -n : (im MA als Deckung für die Verteidiger
dienender,) in einer Reihe mit anderen auf Wehrmauern sitzender, meist
quaderförmig emporragender Teil der Mauerkrone, neben dem sich die
Schießscharte befindet
Gestaltung und Glossar: (c) W. NÄSER 2.3.99 * Stand: 9.3.2003