Klaus Below aus Pristina (zur neuen Lage),

ARD-Morgenmagazin 10.6.99/7:08-10; das Interview führte Peter SCHREIBER

Als mein Team und ich beim Essen saßen, gingen hier auf der Straße die wildesten Schießereien los, und nicht nur kleine Kaliber (sprich: Pistolen) oder Kalaschnikows, sondern auch Flugabwehrgeschütze, die also die ganze Nacht bis heute morgen um fünf Uhr zu hören waren - es war die Hölle, auf Deutsch gesagt, und man wußte nicht genau: ist das nun die Wut oder ist das die Freude? Wir wissen es bis heute morgen noch nicht; eins weiß ich mit Sicherheit: hier in Pristina, im Moment und gestern den ganzen Tag über, so haben wir es erlebt, reagierte der Haß.

Überall, auch gerade in Brüssel, wartet man auf erste Anzeichen für einen Rückzug jugoslawischer Truppen - haben Sie in Pristina, vor Ort, irgendwelche Informationen, daß dieser Rückzug begonnen hat?

Informationen haben wir nicht; Sie wissen ja, daß wir hier völlig abgeschieden sind, von jeglicher Information abgeschnitten, weil kein Umsetzer - sowohl Telefon als auch Elektrizität - arbeiten ... ja, ich höre euch in Köln ...

Meine Frage an Sie: Sie wollten gerade erzählen, wie die Situation in Pristina ist; Pristina soll ja das Hauptquartier der KFOR werden, also der Kosovo-Friedenstruppen - auf was müssen Sie sich in dieser Stadt einstellen?

Na, zunächst einmal auf eine völlig zertrümmerte Infrastruktur, sowohl von den Raketen, von den Bomben als auch vom Vandalismus her. Und dann ... auf den Haß aller hier, und zwar egal, ob es Albaner sind oder ob es Serben sind, die hier noch verbleiben - obwohl mir gestern noch alle Serben, die ich gesprochen habe, gesagt haben: sowie die NATO kommt, gehen wir alle weg. Also, es muß eine völlig neue Infrastruktur aufgebaut werden, auch natürlich von der Elektrizität, die nicht vorhanden ist - wir arbeiten jetzt mit einem Generator hier -: es gibt keine Telefone, ich kann deshalb auch nicht mit euch telefonieren außer mit einem Satellitentelefon, was immer noch hier verboten ist.

Ich bedanke mich für diese Information ...

(c) Transkription: Dr. Wolfgang NÄSER 10.6.99 pm