Erich SCHMIDT-EENBOOM vom Weilheimer Institut für Friedenspolitik zur UCK

ARD-Morgenmagazin, 24.6.99, 8:09-13; das Interview führte Peter SCHREIBER

[Anmoderation] Bereits Anfang der Woche hat sich die UCK, die Kosovo-Befreiungsarmee, schriftlich gegenüber der NATO verpflichtet, ihre Waffen niederzulegen. Ob sie das wirklich tun wird, über die Rolle der UCK sprach ich heute morgen mit Erich Schmidt-Eenbom vom Institut für Friedenspolitik, und ich fragte ihn: Was ist eigentlich dran an den Gerüchten, daß die UCK einen Teil ihrer Waffen mit Drogengeldern bezahlt habe?

Das sind keine Gerüchte, sondern sehr viele Sicherheitsbehörden, die Bundespolizeien in Dänemark, Schweden, in der Bundesrepublik Deutschland, in der Schweiz und in Italien, haben Nachweise dafür, daß Gelder der organisierten Kriminalität zur Bewaffnung der UCK aufgewandt wurden, insbesondere aus dem Heroin-Handel in Nord- und Mitteleuropa.

Wir haben vorhin in der Tagesschau gesehen: da wurde James Rubin zitiert, der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Washington, und der sagte, der CIA, der amerikanische Geheimdienst, habe keine Beweise dafür.

Die Amerikaner unterstützen die UCK seit dem Februar diesen Jahres, haben sie vorher selbst als terroristische Vereinigung eingeschätzt, aber seit sie sie zum Waffengefährten der NATO gemacht haben, in Rambouillet politisch salonfähig, hört man aus den Vereinigten Staaten all das nicht mehr, was Erkenntnis auch der amerikanischen Sicherheitsbehörden im vergangenen Jahr noch war. Es gibt sehr viele Festnahmen in Mittel- und Osteuropa, in Nordeuropa deutliche Beweise dafür, daß die UCK aus dem organisierten Verbrechen bezahlt wird, und es war traditionell bekannt, daß Albanien und das Kosovo auch immer Rückzugsraum der italienischen Mafia war.

Wie würden Sie die UCK ideologisch einordnen? Wo sind ihre Wurzeln?

Die UCK hat totalitäre Ideologien - im Schwerpunkt Nationalkommunisten aus dem alten Albanien eines Envar HODSCHA, und bei dem, was aus dem amerikanischen Exil dazugekommen ist, gab es auch faschistische Wurzeln, die sich gründen bis in die SS-Division Skandarbeg, die in den späten vierziger Jahren [sic] in deutschen Diensten furchtbare Greuel im Kosovo und Albanien verübt hat *).

Sie schließen aus, daß sich aus dieser Miliz, aus dieser Befreiungsarmee eine ganz normale - ich sage sogar in Anführungsstrichen 'demokratische Partei' - entwickeln könnte?

Ich schließe es aus, und der israelische Außenminister SCHARON wie der Mossad [der israel. Geheimdienst, W.N.] haben sehr deutlich davor gewarnt, daß die Erfüllung der politischen Zielvorstellungen der UCK, nämlich selbständiges Kosovo und Anschluß an ein Groß-Albanien, zu einem Hort des Terrorismus für Europa führen würden. Ich stehe mit meiner Meinung nicht allein, daß wir eine sehr bedrohliche Situation bekommen. Es gibt zwar eine politische Spitze der UCK, aber der wird es nicht gelingen, die Freischärler, die Rebellen dauerhaft unter Kontrolle zu halten, wenn man ihnen das politische Ziel einer staatlichen Autonomie nicht zubilligt; kommt aber diese staatliche Autonomie, dann wird durch diese Ideologie des Groß-Albanien mit Ansprüchen auf Makedonien, auf Griechenland die Situation auf dem Balkan nochmal sehr viel kritischer, dann droht ein vierter oder fünfter Balkan-Krieg - um Makedonien.

Nun hat man erst vor ein paar Tagen, am Montag, ein Abkommen unterzeichnet zwischen UCK und Nato: die UCK will ihre Waffen abgeben - wenn sie sich weigern sollte, so sagte dann SOLANA, werde man das mit Gewalt tun; was, würden Sie sagen, könnte das für Folgen haben?

Also zunächst mal wird die UCK nur optisch entwaffnet werden können, d.h. diejenigen, die ihre Waffen offen tragen, werden sie abgeben müssen. Ich gehe davon aus, daß ein Großteil des schweren Geräts in Nordalbanien untergebracht wird und daß die Kalaschnikow, also die Hauptwaffe der UCK, in großen Mengen in den Bergen gebunkert wird für den Fall, daß die NATO das, was die USA Herrn THACI zur Hälfte versprochen haben, nämlich selbständiges Kosovo, nicht erfüllt - dann wird die UCK in 1, 2 Jahren ihre Waffen wieder hervorkramen und wird neue Terrorakte begehen, um ihr politisches Ziel durchzusetzen. Für die Implementierungstruppen entsteht dann das Problem, daß sie von den UCK-Freischärlern quasi als Besatzungsregime empfunden und entsprechend bekämpft werden.

Transkription: Dr. Wolfgang NÄSER 24.6.99 am
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Schmidt-Eenboom führt anderswo hierzu aus:
""Skanderbeg" heißt der Albanerclub in Ludwigshafen und der Name dieses im 15. Jahrhundert gegen das Osmanische Reich kämpfenden Freiheitshelden war auch der Ehrenname der im April 1944 von Heinrich Himmler aufgestellten, in weiten Teilen mit Kosovaren aufgefüllten 21. Division der Waffen-SS, die bei ihren "Einsätzen im örtlichen Partisanenkampf" zahlreiche Kriegsverbrechen an Juden und Serben beging. Der Lagebericht des Ic dieser Division vom 7. Juli 1994 hielt fest: "Die Festsetzung und Abschiebung der Juden zur Arbeitsleistung in das Reich, sowie ihre Enteignung und die Aufdeckung der gut organisierten kommunistischen Organisation sowie die Sicherheitsverwahrung der Kommunisten und Bandenhelfer in einem KZ in Pristina hat in dieser Richtung die Lage geklärt und im alteingessenen Volk Kosovos Genugtuung erzeugt". Italien hatte 1941 den Kosovo weitgehend aus Jugoslawien gelöst und Albanien zugeschlagen und damit das Tor zum Völkermord an den Serben im Kosovo aufgestoßen." (Kosovo-Krieg und Interesse [...])