Deutsch im 20. Jahrhundert * Dr. Wolfgang Näser * Mi 16-18, HS 110 Biegenstraße 14 * Beginn 10.4.2002

Lenz, Siegfried (*1926): Das Malverbot. Aus: Deutschstunde (1968)

VORBEMERKUNG: Lenz, "Warner vor der Geschichtslosigkeit" und "Meister der Erinnerung" (Christa Kern 2001) kam am 17. März 1926 als Sohn eines Zollbeamten in Lyck (Masuren) zur Welt. Nach Hitlerjugend (1939) und Notabitur (1943) diente er in der Kriegsmarine, desertierte in Dänemark, geriet in engl. Gefangenschaft und studierte 1945-1948 (Abbruch) in Hamburg (wo er noch heute lebt) Philosophie, Anglistik und Literaturwissenschaft. "In Hamburg begann er sein Studium, das er mit dem Schwarzhandel finanzierte. Bisweilen vertauschte er die Schauplätze seiner Aktivitäten - an der Universität machte er erstaunliche Geschäfte, und auf den Märkten des Schwarzhandels studierte er das Leben." (M. REICH-RANICKI). Gleichzeitig begann er für verschiedene Zeitungen zu schreiben und wurde 1950 Feuilleton-Redakteur in der "Welt". Seit 1951 freier Schriftsteller. Seine in 22 Sprachen übersetzten und in 28 Ländern publizierten Werke (u.a. Es waren Habichte in der Luft 1951, Der Mann im Strom 1957, Brot und Spiele 1959, Deutschstunde 1968, Das Feuerschiff 1971, Heimatmuseum 1978, Der Verlust 1981, Ein Kriegsende 1984, Exerzierplatz 1985, Der Geist der Mirabelle 1991, Die Auflehnung 1994; Arnes Nachlaß 1999; => Werkverzeichnis) erreichten eine Auflage von über 25 Millionen Exemplaren. Ehrungen: 1976 Dr. h.c. der Uni Hamburg, 1988 Friedenspreis des Dt. Buchhandels, 1999 Goethe-Preis, 2001 (75. Geburtstag) Weilheimer Literaturpreis, Ehrenbürger der Hansestadt und Ehrensenator der Uni Hamburg; Dr. h.c. Uni Erlangen-Nürnberg

Lenz, der meisterhafte Erzähler mit unverwechselbarem Stil, wurde mit seiner "Deutschstunde" (=> Interpretation, auch hier) weltberühmt. Hier geht es um die Geschichte von Siggi Jepsen, Polizisten-Sohn und Insasse einer Anstalt für schwer erziehbare Jugendliche. In einer Deutschstunde bekommt er die Aufgabe, einen Aufsatz über "Die Freuden der Pflicht" schreiben. Dies führt ihn zurück zur frühen Jugend und zum Krieg: 1943 zögerte sein so rückhaltlos pflichtbesessener Vater nicht, dem Freund Max Ludwig Nansen, einem hochangesehenen Maler (der an den im 3. Reich als "entartet" ausgegrenzten Emil Nolde [= Hans Emil Hansen, Schleswiger Bauernsohn] erinnert), das in Berlin verhängte Berufsverbot zu überbringen und dieses (sogar bis über das Kriegsende hinaus!) unnachsichtig zu überwachen.