Besonderes Lebenselixier Licht
Wie künstliche Beleuchtung im Büro die Gesundheit beeinflussen kannVon HANS-PETER FISCHBACH
Berlin - Zahlreiche Forscher haben in den letzten Jahren die Wirkungen von Licht untersucht. Studien des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, der Oregon Health Science University in Portland und der Augenklinik der Universität Münster haben nachgewiesen, daß viele Lebensprozesse beeinflußt werden. So steuern das Licht und die UV-Strahlung der Sonne den Hormonhaushalt, den Zellstoffwechsel und fördern die Immunabwehr. Ein Mangel kann sich in Schlafstörungen, Fettsucht, Depressionen, Immunschwächen, Neurosen, Kreislaufschwächen und anderen Symptomen äußern.Diese Anzeichen traten beispielsweise gehäuft bei Besatzungen atomgetriebener U-Boote auf, die oft monatelang unter Wasser bleiben. Im Lauf der von Medizinern der US-Marine eingeleiteten Untersuchungen stellte sich heraus, daß fehlendes Sonnenlicht die Hauptursache der Beschwerden war. Nicht selten sind bei Stadtbewohnern sogenannte Winterdepressionen, auch saisonale Depressionen genannt. Laut einer US-Studie treten dabei ähnliche Symptome wie bei den U-Boot-Besatzungen auf, wenn auch in einem geringeren Ausmaß.
Sonnenlicht weist eine kontinuierliche Verteilung aller Spektralfarben sowie von UV und Infrarot auf. Künstliche Lichtquellen lassen sich im wesentlichen in zwei Typen unterteilen: Glüh- und Halogenlampen auf der einen sowie Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen auf der anderen Seite. Bei der ersten Gruppe wird ein Glühfaden so stark erhitzt, daß er zu leuchten beginnt. Das von diesen Lampen ausgestrahlte Licht hat wie Sonnenlicht ein kontinuierliches Spektrum, enthält aber kaum Blau- und Violettanteile. Daraus resultiert ein warmer Lichtton, der leicht beruhigend wirkt und Farben etwas verfälscht. Das Licht von Glühlampen hat dadurch Ähnlichkeit mit dem der untergehenden Sonne. Halogenlampen enthalten zusätzlich geringe Mengen eines Halogens, beispielsweise Brom. Dadurch kann die Temperatur des Glühfadens gesteigert werden, wodurch das Licht weißer wird und auch etwas UV-Strahlung enthält.
Leuchtstoffröhren funktionieren nach einem ganz anderen Prinzip. Bei ihnen wird durch die angelegte Spannung ein Gas zu elektrischen Entladungen angeregt. Diese Entladungen führen zu UV-Strahlung, die eine auf der Innenseite der Glasröhren aufgebrachte Beschichtung zum Leuchten bringt. Je nach Art der verwendeten Beschichtung kann dieses Licht von einem tageslichtähnlichen Weiß mit oft geringem Blau- oder Grünstich bis zu einem warmweißen Ton verändert werden. Energiesparlampen arbeiten nach dem gleichen Prinzip. Sie sind im wesentlichen nur kleiner, weshalb sie auch Kompaktleuchtstofflampen genannt werden.
Leuchtstoffröhren werden in der Regel direkt mit der im Haushalt verfügbaren 50-Hertz-Wechselspannung betrieben. Dabei gehen sie in jeder Sekunde 100mal "an und aus" - sie flimmern. Dies ist bei intakten Röhren in der Regel nicht wahrnehmbar, wirkt aber dennoch auf das Gehirn und das Nervensystem, wie die Physiologen Burandt und Eysel herausgefunden haben. Das Flimmern und das eingeschränkte Spektrum von Leuchtstoffröhren, dem der UV- und Infrarotanteil des Sonnenlichts ganz fehlt, kann unter anderem zu Kopfschmerzen und Augenbrennen führen - typische Beschwerden bei Menschen, die sich viel unter Kunstlicht aufhalten.
Dieser Unterschied zum Sonnenlicht war auch Ursache der anfangs beschriebenen Krankheiten der U-Boot-Besatzungen. Daher entwickelte die Nasa Ende der siebziger Jahre eine Vollspektrumlampe: Diese Röhre kann das Sonnenlicht inklusive der UV-Anteile sehr viel besser nachahmen als alle vorherigen Lampen. Das Ergebnis wird durch eine spezielle Auswahl und Mischung verschiedener Edelgase und Leuchtstoffe sowie durch die Verwendung von UV-durchlässigem Quarzglas erreicht.
Auch das Flimmern von Leuchtstoffröhren kann verhindert werden. Möglich wird dies durch elektronische Vorschaltgeräte, die den häuslichen Wechselstrom in Gleichstrom umwandeln. Alternativ dazu werden auch Hochfrequenz-Vorschaltgeräte angeboten. Diese heben das Pulsieren des Stroms und damit das Flimmern auf zirka 30 000 Hertz an, so daß es von unseren Sinnesorganen nicht mehr wahrgenommen werden soll.
Neben dem Spektrum und der Helligkeit der verwendeten Lampen ist auch die Anordnung der Lichtquellen sehr wichtig. Zum Beispiel sollten Blendungen vermieden werden. Beim ebenfalls nicht unwesentlichen Aspekt Energieverbrauch schneiden normale Glühlampen am schlechtesten ab, Halogenlampen verbrauchen etwa 25 Prozent, Leuchtstoffröhren etwa 85 Prozent weniger Strom. Vollspektrumlampen sind etwas teurer, halten aber ungefähr dreimal so lange wie Leuchtstoffröhren.
Copyright: DIE WELT, 27.3.1997