Bairisch:

Der Münchner im Himmel
Nach Ludwig Thoma (1867-1921), vorgetragen von Adolf Gondrell
Transkription: W. Näser 6/2k7*)

Alois Hingerl, Dienstmann Nr. 172 am Münchner Hauptbahnhof , erledigte einen Auftrag mit solcher Hast, daß er vom Schlag getroffen zu Boden sank und starb. Zwei Engerln schleppten ihn mit vieler Mühe in den Himmel, wo er vom Heiligen Petrus empfangen wurde. Petrus eröffnete ihm zunächst, daß er von nun an auf den Namen "Engel Aloisius" zu hören habe, überreichte ihm eine Harfe und machte ihn mit der himmlischen Hausordnung bekannt: "Von morgens 8 Uhr bis mittags 12 Uhr: frohlocken; von mittags 12 Uhr bis abends 8 Uhr: Hosianna singen."
"Wos is?"
"Von morgens 8 Uhr bis abends 12 Uhr frohlocken, von mittags 12 Uhr bis 8 Uhr abends Hosianna singen!"
"So - hmhm - ja, wann krieg na i wos z'tringe?"
"Sie werden Ihr Manna schon bekommen", sagte Petrus leicht indigniert und ließ ihn stehen.
"Auweh! Des werd schee fad. Mei Lieber, da moan i oiwei, bin i neitred'n! Frohlocken?! A-a-a-a - eam schaug o: frohlock'n müeßed i da hero'm ... i hab gmoant, i kumm in Himmi..."

Und während er noch so vor sich hinbrummelte, sah er plötzlich einen roten Radlerengel auf sich zukommen, und sofort erwachte in ihm die alte Wut auf diese vermeintliche Erdenkonkurrenz und er schrie den roten Radlerengel an: "Ja, seid's ees au do hero'm, ees Hundsbuam, ees miserabligen! Mei Lieber, laß di do bloß net bei mir blicke, gell? Sonst fangst a paar!" Und für alle Fälle versetzte er dem roten Radlerengel ein paar kräftige Hiebe mit dem erarischen Himmelsinstrument. Daraufhin war ihm bedeutend wohler, er setzte sich, wie ihm befohlen, auf eine Wolke und begann zu frohlocken:

"Hahlelujja...Hahlelujja....Hahlelujja....Hahleeeee-lujja ..."

Ein völlig vergeistigter Engel schwebte an ihm vorüber. "Hallo, Sie! Hallo! fft! Hallo! Ham' Sie, ham's koan Schmaizla? 'Schnupftabak? Ham's nix? A Pris? Geh weida, fahr oane her!" Der Durchgeistigte sah ihn nur völlig entgeistert an, lispelte nur "Hosianna!" und flog von hinnen.

"Ja, ja, was is jetz des für a Depp für a damischer? Ja - na, na, na, na, host vei koan Schmaizla ned? Wenn ma scho anständig fragt, werd ma do anständige Antwort krieg'n kenne! Gscherdee Rueb'n, gscherdee! Engel ... boaniger! Mei Lieber, da werd a so a Zeigl hero'm sei! A-a-a-a-a, wos steh i aus!"
Er setzte sich wieder auf seine Wolke und begann erneut zu frohlocken, allerdings bedeutend zorniger:

"Halleluja! Luhja! Luhja, sog i! 'zeefix Halleluja! Luhja!"

Er - er schrie so, daß der liebe Gott nebenan von seinem Mittagsschlaf erwachte und ganz erstaunt fragte: "Ja, was ist denn da für ein Lümmel heroben?"
Er schickte sofort zu Petrus, der kam angerast und sie hörten zusammen den Engel Aloisius frohlocken:

"Luhja! Sacklzementhalleluja! Luhja, sog i! Mei Lieber Luja!"

Petrus raste los und schleppte den Aloisius vor den lieben Gott. Der sah ihn sich lange an; drauf sprach er: "Aha. Ein Münchner. Ja, sagen Sie mal, warum plärren Sie denn da heroben so unanständig?"

Da kam er beim Aloisius aber grad an den Richtigen. Der war mitten drin in der Wut und legte nun los: "Ja, - ja was gla'm denn Sie! Weil mir da hero'm im Himmel san, da - da müeßed i da singe wie a Zeiserl, was? Was? Un z'tringe krieged überhaupt nix! Mei Lieber, "a Manna" hot er g'sagt, a Manna krieged i! Mei Lieber, da wennst ma net gehst mit dei'm Manna, gell, ah den kennts selber saufe, dees sag i eich, aber iii trink koan Manna, daß di auskennst! Und singe tue i überhaupts ned, i hob no nie g'sunge, da sing i erscht recht ned..."

"Petrus", sagte der liebe Gott, "mit dem können wir hier nichts anfangen. Nun, für den habe ich eine andere Aufgabe: der soll meine göttlichen Ratschläge der bayrischen Regierung überbringen. Auf diese Weise kommt er jede Woche ein- oder zweimal nach München, und dann hat die liebe Seele ihre Ruhe." Als Aloisius das hörte, war er sichtlich froh. Er bekam auch gleich den ersten Auftrag, einen Brief, und flog damit los. Und als er plötzlich Münchner Boden unter den Füßen fühlte, da war es ihm, als sei er im Himmel. Und einer alten Gewohnheit gemäß führte ihn der Weg hin zum Hofbräuhaus, und er fand seinen Stammplatz wieder, fand den Stammplatz leer und die Kellnerin, die Kathi, kam auf ihn zu, und er bestellte sich eine Maß, und bestellte sich noch a Maß, und er vergaß seinen Brief und seinen Auftrag, und b'stellt sich no a Maß und no a Maß und no oane, und da sitzt er heit no.

Und so wartet die bayrische Regierung bis heute vergeblich auf die göttlichen Eingebungen.

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Hinweis: /ie/ in lieber, nie, wie wird als Diphthong (/i/ + Schwa) gelesen wie im Mittelhochdeutschen; es könnte auch durch /ia/ wiedergegeben werden, also mei liaba statt mei lieber; es ist aber Auffassungssache, wie weit eine solche Transkription gehen sollte.

*) unter Benutzung von Internetquellen und nach der Bandaufnahme adaptiert und korrigiert von W. Näser 19.6.2k7 * Änderungen und Ergänzungen vorbehalten * nur zu didaktischen Zwecken