Mama, Mutti, Mutter

zum Muttertag (= 2. Sonntag im Mai, in Deutschland seit 1933)

eines der wichtigsten Wortfelder im internationalen Sprachgebrauch, und Mutter gehört zu den Grundwörtern der deutschen Sprache. Jeder kennt es, ganz gleich aus welcher sozialen Schicht, aus welcher Umgebung, die Schriftgewaltigen und die Analphabeten kennen es. Die Mutter als sprachlicher Ausdruck dessen, woher das Leben kommt - und auch das erste, das wir lernen in unserer Muttersprache (engl. mother tongue, franz. langue maternelle; Klaus Groth, der niederdeutsche Dichter, besingt "sin modersprak").

Mama: kindliches Lallwort, frühestes Wort im Spracherwerb, reduplizierend, auch fordernd mit "Level Stress": Má|má, ebenso in vielen anderen Kultursprachen (engl. Kurzform mum [Queen --]; frz.: Maman, span. mamá, slaw. Mamitschka), hierzulande gleichermaßen von Jungen und Mädchen gebraucht und vom kleinen Heintje Simon (Bild rechts) besungen.

Mutter: eines der indoeuropäischen Urwörter (griech. matér, lat. máter, russ. matr, franz. mère, span. madre, niederländ. moeder [-u:-], engl. mother usw.); heute noch offizielle, distanzierende (das hätte ich nicht gedacht von dir, Mutter) und literarisierte Anrede; produktiver Baustein von Wortzusammensetzungen: Mutterhaus (z.B. Diakonissenmutterhaus; aber auch für "Stammhaus, -sitz"), Mutterboden (=reichhaltige, fruchtbare Erde), Mutterkuchen (=Placenta), Mutterschaft, Mutterband (für: Original), Muttermaschine (für: Abspielgerät), sogar: Mutterplatine (für engl. Motherboard), Mutterschiff, Muttermal (angeborener Pigmentfleck); "Amerika, das Mutterland der Demokratie"; auch in Perlmutt, engl. mother of pearl (dem von der Muschel abgesonderten Stoff, aus dem sich die Perle bildet); in der Tierwelt: Muttertier, Mutterschaf usw. auch im Plural: Mütter|genesungswerk; mütter|lich. Die (zu allen Opfern und größtem Verzicht bereite, manchmal auch als zu umklammernd empfundene) Mutterliebe ist ein zeitlos hohes Gut und zugleich Stoff und Motiv in der Literatur, das (ebenso unselbständige wie verweichlichte, weil nicht ans rauhe Leben gewöhnte, zu sehr behütete) Muttersöhnchen ein Anti-Held und zugleich eine "aussterbende" Spezies, weil immer weniger Mütter die Zeit haben, sich so extensiv ihren Kindern zu widmen; deshalb erhalten in "Eineltern-Familien" viele Kleinkinder die entscheidende Zuwendung und Erziehung von der Tagesmutter im Kinderhort oder der Kindergruppe.
Auch die Schrauben-Mutter gehört in unser Wort- und Bedeutungsfeld: quasi schützend umschließt sie den passenden Gewindestab und ist nur durch ihren speziellen Plural auf -n als technischer Gegenstand zu erkennen.

In Kontexten: z.B. die junge, die alleinerziehende, die vielbeschäftigte Mutter; Inge Meysel = die Mutter der Nation; Mutter Beimer in der Lindenstraße; eine kulturlose Entgleisung: die Mutter aller Bomben (USA 2003), die Mutter aller Siege / Rückzüge (1. Golfkrieg 1991)

deminutiv: Mütterchen (veraltet) als ältere, etwas kleine Frau (das arme alte Mütterchen quälte sich ab mit einer schweren Tasche), auch liebevoll in "Mütterchen Rußland" (mit "Väterchen Frost" als Nikolaus); scherzhaft heute noch das ebenfalls veraltete Mütterlein.

Mutti: universelles, zeitloses Kosewort, auch in Kontexten wie "sie sieht hübsch aus, die junge Mutti" oder "er ist immer noch Muttis Liebling", entsprechend: kindlich Mami (meine Mami hat aber gesagt) Mutti könnte auch ein Erwachsener sagen, Mami sagt nur ein kleines Kind.

Alle Muttis seien herzlich gegrüßt.

Wird ergänzt. (c) Dr. W. Näser, 9.5.2003 * Foto. W. Näser, Mai 2003