von Wolfgang Näser, Marburg
Das - von Mitte 1972 bis ca. 1978 von mir
betriebene - mechanische Funkfernschreiben
(RTTY=radio teletype) benutzte
SIEMENS-Blattschreiber "T 37 i"
, einen frequenzumtastenden Tongenerator und einen
röhrenbestückten
Empfangs-Konverter (hier:
CV 305) nach der sog. AFSK-Methode (= audio
frequency shift keying).
Beim Empfang wird das alternierend zwischen zwei definierten Frequenzen ("Mark" und "Space") springende Audio-Signal aus dem Transceiver-Diodenausgang auf den Fernschreib-Empfangs-Konverter geleitet und von diesem in bytemustergerechte serielle Stromschwankungen umgewandelt, die vom Empfangsmagneten des Blattschreibers zur mechanischen Steuerung weiterverarbeitet werden.
Beim Senden werden die vom Blattschreiber
je nach Zeichencode mechanisch erzeugten Stromunterbrechungen mit
dem Tongenerator in ein entsprechend zwischen
Mark und Shift (170 Hz = narrow shift) springendes
Audiosignal umgesetzt, das der
Modulationsvorstufe des SSB-Senders zugeleitet
wird und diesen so moduliert,
als handelte
es sich um eine Telefonieverbindung. Mein (selbst
konstruierter) AFSK-Tongenerator arbeitete mit
nur einem Transistor; die Frequenzumtastung geschah
mittels eines schnellen Babcock-Relais, dessen
(in der Linienstromschleife (tty line) zwischen
Konverter und Blattschreiber liegende) Erregerspule
zur Schonung mit einem Widerstand
überbrückt (geshuntet) war.
Der RTTY-Verkehr verlangt eine extrem frequenzstabiles Sender- und Empfängerverhalten, in meinem Falle realisiert durch eine externe Eigenbau-Steuerstufe (konventioneller VFO = variable frequency oscillator) in kaltem Thermostaten (5 ... 5.5 MHz, Frequenzdrift ca. 80 Hz/h); kommerzielle Sender arbeiten mit (vom Prinzip her) weitaus stabileren dekadischen Steuerstufen. Die Aussendung eines oberwellenfreien HF-Signals mit verzerrungsarmer Audio-Hüllkurve und gleichbleibendem Spitzenwert benötigt eine sorgsam angesteuerte, solide aufgebaute, arbeitspunktoptimierte Endstufe, die mit möglichst reinem Gleichstrom versorgt und genau auf Resonanz abgestimmt sein muß.
Mein rechtes Farbdia zeigt die in Arolsen betriebene Station im August 1974. Interessant sind die in der Mitte sichtbaren Zusatzgeräte: hinter dem Blattschreiber T 37i die noch mit Rollspule arbeitende KW-Linearendstufe für 500 W PEP (mit der über Balun-angepaßtem EB-Aluminium-Unterdachdipol auf 20m die Marshall-Inseln in Fonie erreicht wurden), darüber der (leider etwas frequenzinstabile) Nogoton-2m-Röhren-Dreifachsuper neben dem (sehr präzisen und als hochwertiger VFO tauglichen) Meßsender BC 221 AE, darauf EB-Netzgerät für Linienstromerzeugung und EB-Antennenanpaßgerät, NF-Vorverstärker und Feldstärkemesser. Ganz links oben der 1964 zusammengebaute Nogoton-Rundfunkempfänger "UKW 2".
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Obiges Farbdia zeigt die 8/1974 aufgenommene RTTY-Station mit weiter rechts sichtbaren Zusatzgeräten: EB-Transistor-Modulationsclipper, EB-AFSK-Generator (zur Erzeugung des frequenzumgetasteten Fernschreibsignals), EB-Linearverzerrer VZ66ME, modifizierter Röhren-Audiokompressor, RTTY-Konverter CV 305, modifiziertes, HF-festes Stationstonbandgerät Telefunken Magnetophon KL 105 (auch für Abgabe von RTTY-Sequenzen an Modulationseingang HW 100), ganz rechts ext. HW-100-VFO mit EB-Netzgerät (Version 1), darunter KW-Prüfempfänger von DB0ZK). Vor dem Streifenschreiber auf einem klappbaren Tischchen das Stations-Logbuch. |
Im praktischen Amateurfunk-Fernschreib-Betrieb wird zunächst entweder vom Lochstreifen (oder wie bei mir ganz modern per Tonband als Audio-Signal im AFSK-Betrieb) oder per Hand ein sogenannter allgemeiner Anruf gesendet:
CQ CQ CQ DE DK1KI AROLSEN AR PSE K... ,
Danach wird auf Empfang geschaltet
und, unter Beobachtung des Konverter-Oszilloskops,
auf dem sich ein genau senkrecht positioniertes Kreuz aus zwei Ellipsen zeigen
muß, das etwaige Antwortsignal
nachjustiert (genau
eingestellt) und
mitgeschrieben. Im Verlaufe des QSOs stellt man sich vor mit
Namen und Standort und gibt der Gegenstation einen sog.
Empfangsrapport; im zweiten Durchgang wird die
eigene
Station
(das Equipment) beschrieben (gewöhnlich via Lochstreifen)
und der Austausch einer schriftlichen
Empfangsbestätigung (QSL-Karte "via bureau")
vereinbart. Wird der Nachrichtenkanal nicht
gestört, so bleibt der Datenfluß
konstant und die Verbindung "steht",
anderenfalls produziert der Blattschreiber wirre, bedeutungslose
Zeichenketten und die
Verbindung wird abgebrochen.
Das (mechanische) Amateurfunkfernschreiben arbeitete damals mit langsamen 45,45 Baud (=Zeichen pro Sekunde); die ebenfalls auf Kurzwelle angesiedelten Nachrichten-Agenturen verwendeten 50, 75 oder 100 Baud. In meiner Amateurfunkstelle arbeiteten zeitweilig zwei T37i-Blattschreiber (45 u. 50 Baud), ein Siemens-Lochstreifenschreiber (45 Baud), der Tongenerator und der Empfangskonverter in einem Linienstromkreis. Mit HF-Leistungen von nur 50-80 Watt erreichte ich auf dem 80-Meter-Band mehrere europäische Länder.
Schon 1973 ging auch das Amateurfunk-Fernschreiben zu elektronischen Verfahren über: die ersten "Terminals" oder "Konsolen" entstanden. 1978 folgte der Mikro-Computer und 1981 schließlich IBMs "Personal Computer". Der (Funk-) Fernschreiber oder, wie auch gesagt wird, "Ticker" ist noch heute bisweilen "Hauptnahrungsquelle" der konventionellen Printmedien, wurde aber zusehends abgelöst von Fax-Maschinen und dem sich rasend schnell ausbreitenden Internet.
(c) W. Näser (DK 1 KI) 7/96 + 3/98 + 4/2k2 + 9/2k5