Etwa April 1978 {6
Monate)
Erste Phonationsversuche: "mmmmm", "ämmmmä" für das Ur-Wort
'Mama'.
16.8.1978 (10 Monate)
Neuerdings steht sie im Bettchen und in ihrem Laufstall, produziert Lautfolgen
"Papa(a..)", "dada(da..)", "Mama(ma)", "mapa", "aba", "hapa", "daa" (mit
steigender/fallender Tonhöhe), "rörörö", "raa".
25.9.1978 (11 Monate)
"mmmbá", "hatta", "happa", "adda" "nana", "hatten" und "nanda" [..].
Auch versucht sie neuerdings in singendem Tonfall "didididi" zu sagen.
* Bildung zweisilbig-reduplizierender "Urwörter" mit "level stress"; Unterscheidung Fortis/Lenis; Akzentuierungsversuche (mmmmbá); Vokalphoneme /a/ und /ö/; Kontamination 'Mapa' für 'Eltern allgemein'.
8.12.1978 (13,5 Monate)
Marion verwechselt öfter "Mama" und "Papa"; sie erfindet viele verschiedene
Lautkombinationen, so seit etwa einer Woche "appel grappel
/ apfel grapfel" oder "aiaiaiai".
* Marion produziert nicht-reduplikative Zweisilbler und verwendet (spielerisch) erstmalig die sog. 2. Lautverschiebung pp -> pf; erster Diphthong: /ai/, übungshalber redupliziert
9.1.1979 (14,5 Monate)
M. kann seit etwa 3 Wochen selbständig laufen, interessiert sich für
alles Greifbare, plappert ständig vor sich hin, produziert
Wortschöpfungen wie "graap", "grögrögrö", "appeti",
"aamaamaa", "gramm", "grapp", "ap", "öömöö", "rupp",
"ropp", "dididi", "dat", "sasa" usw.
* onomatopoetische (lautmalerische) Wortschöpfung, teilweise reduplizierend, erster Dreisilbler (Appetit) im Versuchsstadium; erster Zweikonsonanten-Anlaut: /gr/ in mehreren Lautfolgen; erstmalig /z/
7.2.1979 (15,5 Monate)
Heute morgen sagte sie mehrmals und ganz deutlich "Appetit" [...]. Klar kann
sie auch schon außer "Nama" und "Papa" die Wörter "Oma", "Opa",
"nein", "neee", "ei" und "Uta" sagen. Manchmal sagt sie ganz plötzlich
auch "rrraaab" oder "ab, ab ab" [...]. Kürzlich hatten wir eine ältere
Dame zum Tee, und, nachdem diese uns über zwei Stunden lang langweiligen
Familienkram erzählt [...] hatte, sagte Marion im Laufstall plötzlich
"ab, ab" [...].
* erster Grundwortschatz; Bemühung um korrekte Phonation (keine "Kindersprache"!); Differenzierung zwischen Reduplikation und Wort-Wdh.: "ab, ab" ('geh weg') und "haam, haam" als Ellipsen ('ich möchte das haben').
ab, ab (im Zusammenhang mit Weggehen, Weggetragen-Werden) Appetit, Appetipp Ei, Eia èt 'essen', unverschoben wie im Engl., Ndl. Fis 'Fisch', Lautstand wie im Ndl. Geia für gehörtes '(Pfui) Geier' glatt beim Hören von 'draußen ist es glatt' Glick 'Glück', entrundet Gluschen 'Schlüssel' haam, hamen 'haben' Hand hart Hemd Hunga 'Hunger' kack onomatopoetisch für das Geräusch, mit dem sie in einen Kinder-Keks beißt kalt Kind komm[e her] im Satz 'komme her mein Sofa, se hängt' Kopp, Kopf Korb 'Laufstall' Kickack für das 'Ticktack' einer mechan. Uhr kuckuck 'schau mal' limm, dlimm 'schlimm' Lippe Mark, Mart 'Markt' (mart wie im Engl.) Mama mein für 'dein'! na? na? (in fragendem Tonfall) Nana für kompaktes, festes Essen, spez. mit Bananen nat 'naß', unverschoben wie im Ndl., vgl. oben èt nein neme 'nimm mich' (?) nit, nich 'nicht' (?) Nuki, Nuckuck, Nuckuruck 'Schnuller' (drei Varianten!) Oma, Opa, Oka für = 'Oma, Opa, Uta' als erzählte Wortreihe Papa, Papapei Piep, Pieper Popo (nicht kontextuell) raaab (im Wald ausgesprochen mit Blick auf die Baumkronen) Racker Rakete, Rateta Rei, reia (als Nachahmung von 'Ringel, ringel, reie') Ring rrrummm, rrupp {lautmalend) Sofa tapp (für 'gehen') Tee? ('willst du noch Tee?') tuut (wenn telefoniert wird) Uta (ihre Mutter) wawawa (spielerischer Rückfall in Initialphase) weia, weia für '(a)o weia' wis 'wisch'
Syntax:
"komme her mein Sofa, se hängt" [= 'ich habe schon ein Beinchen über
den Rand gehängt, möchte aus dem Laufstall heraus und auf dein
Sofa']; Marion beherrscht mit 17-18 Mon. etwa 80 Lexeme. Lautmalerei zunehmend;
Reduplikationen ("wawawawa") nur noch selten, Phantasien wie "mmbà"
nicht mehr. /kn/ noch nicht produzierbar. /t/ manchmal > /k/; /au/ noch
nicht erworben; "mein" und "dein" noch verwechselt. Haben > haam(en);
/sch/ nur intervokal. (s.o.); Mama und Papa flehend als "Amm-iii" und "App-aaa"
(level stress).
Frühling bis Sommer 1979:
Phonetisch-lexikalische Assoziation: M. verbindet Lautmalerei mit
gleichklingenden Lexemen: "Rörörörö -- Röhri will
se haam"; "Ring! [zeigt auf meinen Ehering] -- Ringelringelreie"; komplette
Liederverse werden vor dem Einschlafen korrekt memoriert.
24.9.1979 (23 Monate):
Marion singt Lieder, z.B. "Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald",
"Backe, backe Kuchen". Sprachliche Gegenwart wird von Vergangenheit
unterschieden, z.B. "wir fahren Auto / sind Auto gefahren". Marion produziert
Kurzsätze: "lieber nich" (=nein); "Funk machen", "Mikrofon halten",
"Möchte Nanen essen"; "Gluschen haste, Portenee haste"; schwierige
Wörter (Sprachatlas, Ferienkurs, Exkursion, Apotheke, Dentinox, Penicillin,
Mikrophon) werden ad hoc fehlerfrei nachgesprochen. Erkennt im Fernsehen
bzw. in Illustrierten bestimmte Lebewesen oder Gegenstände {Hund, Katze,
Frau, Mann, Kind. Auto; [Captain] Kirk [körk]). Mit etwa 2 Jahren
erkennt sie in einer Zeitschrift den, wie sie korrekt wiedergibt, "Ayatollah
Khomeini" [ko'me:ni] und variiert dann folgendermaßen: "Ayatollah Nuckuruck
Khomeini"; für 'Wasser' realisiert sie spielerisch nacheinander drei
Varianten: "Wasser - Wassis - Wässerchen".
Texterstellung: 1979 / Sommer 1991; Einlesen, Bearb. + HTML: (c) W. NÄSER 13.8.1999