Lob für den Ungleichmacher

Der Fernsehmoderator Harald Schmidt bekam den 6. Medienpreis für Sprachkultur

Von Dirk Altbürger

War es wirklich nur ein PR-Gag, wie selbst der Geehrte mutmaßte oder ging es der Gesellschaft (GfdS) für deutsche Sprache tatsächlich um eine Abrechnung mit der aus den Vereinigten Staaten herübergeschwappten political correctness in Sprache und Schrift? Diese Frage wurde auch am Samstag abend bei der Verleihung des sechsten Medienpreises für Sprachkultur an den Fernsehmoderator und Kabarettisten Harald Schmidt in den Wiesbadener Kurhauskolonnaden nicht beantwortet. Es stand auch nicht ernsthaft zur Debatte, ob die GfdS nicht den Bock zum Gärtner gemacht und ihren Preis an jemanden verliehen hat, der den Stammtischen in Deutschland neue Feindbilder an die Hand gibt.

Auf der Anklagebank saß die political correctness, dorthin gesetzt vor allem von den Hauptrednern an diesem Abend, dem Leiter des Büros der Deutschen Presseagentur (dpa) in Frankfurt, Laszlo Trankovits und der eigentlichen Laudatorin Alice Schwarzer, die oft genug selbst Opfer Schmidtscher Sprachakrobatik war.

Dennoch fand die Emma-Herausgeberin lobende Worte für den Geehrten. Humor sei dazu da, den Finger auf Wunden zu legen und Schlaglichter auf Mißstände zu werfen. Da darf der Witz auch auf einem Klischee beruhen. Schließlich, so Schwarzer, stecke in jedem Klischee ein Körnchen Wahrheit, gleich ob es um Polen oder Blondinen gehe, Schmidts Lieblingsopfer.

Trankovits versuchte, die political correctness (pc) als den Versuch zu entlarven, die Welt schönzureden. Das aber könne nicht Sache der Medien sein. Schmidt erlaube im Gegensatz dazu keiner Bevölkerungsgruppe ein Reservat, in dem sie vor anderen in Schutz genommen würde. Die pc versuche, alle Fremdheiten auf Erden abzuschaffen und suggeriere, daß alle Menschen gleich seien. Schmidt betone hingegen die Ungleichheiten von Deutschen und Ausländern, Männern und Frauen. Darin liege sein Verdienst, so Trankovits: Er breche alle Tabus. Möglicherweise liefere er den Stammtischen damit Nahrung; beweise im Grunde aber nur, daß er ein gelassener Weltbürger ist, der die Dingen beim Namen nennt.

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