Dr. Wolfgang Näser:
Wörter und Wendungen in der deutschen Zeitungssprache * SS
1999
Di 16-18, Hörsaal 207, Auditoriengebäude Biegenstraße 14 (2. Stock), Beginn: 13. April 1999
Text 3:
Uni-Präsident geht "in die Nachspielzeit"
Professor Werner Schaal bleibt nach dem
65. Geburtstag im Amt · Rechtsgrundlage fehlt
Marburg. Seit gestern ist Professor Werner Schaal auf freiwilliger
Basis der höchste Repräsentant der Philipps-Universität.
von Thomas Jäger
Einen 65. Geburtstag feiern zu können, ohne
daß dies zugleich mit einem Abschied verbunden
sei - das sei eine Ausnahme an der Philipps- Universität, sagte gestern
Uni-Vizepräsident
Theo
Schiller bei dem Empfang, den Jubilar
Werner
Schaal für Mitarbeiter der
Zentralverwaltung
gab.
Nach hessischem Beamtenrecht bedeutet der Termin eigentlich den Beginn des
Ruhestandes. An Verzögerungen bei der Wahl
seines Nachfolgers liegt es, daß Schaal dennoch - vermutlich für
rund ein Jahr - weiterhin im Amt bleibt. Trotz eines entsprechenden Erlasses
der Landesregierung und eines Votums des Hochschulgremiums Konvent geschieht
dies auf unsicherer Rechtsgrundlage: Ein Bundesgesetz
zur Verlängerung der Beamtentätigkeit über
das Ruhestandsalter hinaus hat Hessen nicht übernommen.
Schwierigkeiten erwartet der Hochschul-Chef auf Abruf dennoch nicht: "Ich
habe mir sagen lassen, daß nur der Betroffene gegen eine solche Regelung
klagen könnte."
Schaal gehe nun "in die Nachspielzeit", meinte Schiller, "und da fallen ja
bekanntlich die entscheidenden Tore." Als "virtuelles Geburtstagsgeschenk"
wünschte er dem zuvor im Fachbereich Mathematik tätigen Professor
ein mathematisches Konzept, mit dem sich hochschulpolitische
Beschlüsse von Land und Bund berechenbar
machen ließen.
Schaal wurde 1934 in Berlin geboren, ging dort sowie in Freiburg (Schlesien),
Hohegeiß (Harz) und Oberursel (Taunus) zur Schule und studierte
anschließend Mathematik, Physik und Philosophie - zunächst in
Marburg, dann in Berlin und Göttingen.
Der Fachmann für analytische und algebraische
Zahlentheorie arbeitete als Wisse; schaftler außer in Marburg
auch in Bonn und an amerikanischen Hochschulen in
Cambrigde und
East
Lansing. Vor dem Beginn seiner Präsidentschaft 1994 war er bereits
Vizepräsident der Philipps-Uni. Schaal ist verheiratet und Vater zweier
Töchter.
Auf die Frage, ob er nicht doch ein wenig wehmütig sei angesichts des
verschobenen Ruhestandsbeginns, sagte Schaal knapp: "Och nein."
Quelle: Oberhessische Presse Marburg 21.4.99; Hervorhebungen und Links (unterstrichen): W. Näser