Tragik

Im Mai 2003. W. Näser

Aus einer Kleinstadt kamst du,
Behütet aufgewachsen,
Sprache in der kleinen Welt
Als Regelwerk begriffen,
In die Welt gegangen,
Zu lernen, zu studieren,
Und mit Dir als zweite Dimension
Die Technik.
Gebaut hast Du, gesägt, geschraubt, gelötet,
Wolltest dich beweisen auch als Ingenieur
Die Technik war Dein Element,
Wenn immer Dir die Zweifel kamen
An der Stimmigkeit des Spekulierens,
Und am Sinn von Theorie und Interpretation,
Bis ein wahrer Weiser Dir eröffnete,
Wie wunderbar die Welt des Dichtens ist
Und die Melodik, die in wohlgesetzten Worten
Zu genießen so viele schon verlernten
Und daß es deshalb nötig sei,
Die Sinne dafür zu bereiten.

Die Sprache und das, was sie schaffen kann
An Formen und an Varianten -
Das lerntest du, und lange brauchte es,
Das zu erfassen mit geschärftem Sinn,
Und da war noch die Technik,
Die noch immer Dir gehorchte,
Als ein perfektes Instrument,
Als Mittler und Bewahrer,
Angepaßt und optimiert,
Als Hilfe und als Sprachrohr dessen,
Das zu leicht vergessen wird, wenn man es
Nicht immer neu bewußt macht, klingen läßt.
Und vor den jungen Menschen standst du, lehrend,
Und dachtest, ganz am Schluß die Ernte
Einzubringen aus der Saat, die mühsam sich entwickelt hatte
In hartem Bemühn, mit vielen Widerständen,
Und die zweite Dimension, die Technik;
Sie trat zurück, gewährte dem, was zu vermitteln war,
Den Vortritt -

Dann schlug es ein, wie ein Blitz,
Die Technik, die Maschinen, sagte jemand,
Seien jetzt die Nummer Eins,
Du seist berufen, sie zu führen,
Nur du, sonst niemand.
Und plötzlich schlug sie zu, die Tür
Zum Höheren, auf dessen Schwelle Du gelangt warst,
Gerade jetzt, am Ende des Bemühns,
Und du erkanntest, daß du machtlos warst,
Und Hoffnung, Träume, alles Mühen
Zur Chimäre geworden,
Wie sinnlos doch.
Wie dumm.