(abgedruckt in: MARTIN, Bernhard: Georg Wenkers Kampf um seinen Sprachatlas [1875-1889]; Von Wenker zu Wrede, 2. Aufl., Marburg 1943 [DDG XXI], S. 5 f.)
Den Sätzen beigefügt ist folgende, in Sütterlin geschriebene Anweisung zum Ausfüllen des Fragebogens:
Geehrter Herr!
Es ist meine Absicht, eine genaue Dialectkarte der nördlichen Hälfte der Rheinprovinz unter etwa dem Titel herauszugeben: "Ausführliche Dialectkarte der niederfränkischen sowie der angrenzenden niederdeutschen Mundarten der Rheinprovinz, zusammengestellt unter Mitwirkung der Herren Lehrer des Gebietes." - Zu diesem Behufe wird das vorliegende Formular, nach vorhergegangener Verständigung und im Einvernehmen mit den geehrten Herren Kreisschulinspectoren, nach jedem einzelnen Schulorte jenes Gebiets an je Einen der Herren Lehrer versandt. -
Wollen Sie nun gütigst nebenstehenden, mit der Rückadresse an mich versehenen halben Bogen, der sich nachher durch Zusammenfalten nach den angegebenen Linien leicht in Couvertformat bringen läßt, abtrennen, auf denselben zunächst (zur Erleichterung der Registrirung meinerseits) die auf der Kreuzbandadresse zugefügte Nº, ferner Ort und Kreis, sowie Ihren werthen Namen und Geburtsort angeben, dann die nebenstehenden Fragen beantworten und endlich auf der freien Seite die oben verzeichneten 42 hochdeutschen Sätze in das in Ihrer Schulgemeinde ortsübliche Platt übertragen und aufschreiben. - Hinsichtlich der Schreibweise wollen Sie möglichst ungesucht und ungezwungen verfahren; nur bitte ich Sie, in allen betonten Silben (Stammsilben) die Länge oder Kürze des Vokals durch die Zeichen -- (für lang) und [liegendes c] (für kurz) anzugeben, z.B. hochdeutsch gegeben, platt: jejewen (in Düsseldorf, Crefeld etc.) oder jejewwen (in Cöln, Bonn etc.). - Sonstige durch die üblichen Schriftzeichen nicht leicht auszudrückende Unterschiede werden theils durch die erwähnten Fragen festgestellt, theils aber finde ich, da ich mit den Haupteigenheiten der hier in Betracht kommenden Mundarten schon vertraut bin, sie selbst heraus. - Sollten Sie nicht aus Ihrem Schulorte gebürtig sein, so würde es im Interesse der Genauigkeit am Gerathensten sein, einen oder einige Ihrer dort aufgewachsenen Schüler als Gewährsmänner zu benutzen. -
Bei der bedeutenden Anzahl der zu versendenden Formulare (gegen 2000) ist es mir leider nicht möglich, das Rückporto von 10 Pf. beizufügen, und muß ich es Ihnen daher anheimstellen, ob Sie, im Hinblick auf die Wichtigkeit des Unternehmens in historischer wie in sprachgeschichtlicher Beziehung, dieses Opfer bringen wollen.
Indem ich Sie um baldgefällige Rücksendung ergebenst bitte, zeichne
Düsseldorf, im April 1876. achtungsvoll
Dr. G. Wenker
Wenkers erste Umfrage anhand dieser 42 "stark rheinisch gefärbten Sätzchen" erbrachte immerhin 1266 Formulare, auf deren Basis entstand alsbald die ebenso volkstümliche wie informative Schrift "Das Rheinische Platt" mit einer "Sprachkarte der Rheinprovinz nördlich der Mosel" im Maßstab 1 : 925.000 (=> Martin, a.a.O. 33). Mit den später verbesserten und 1880 auf 40 festgelegten Sätzen wurde die Befragung der Rheinprovinz im Winter 1884 wiederholt.
HTML: W. Näser, Marburg, Dez. 2001