Dr. Wolfgang Näser: UE "Wörter und Wendungen in der aktuellen deutschen Mediensprache" (m. Besuch einer Tageszeitung)
WS 2002/2003 * Mi 16-18, HG 110

Text 4: Deutschlandfunk, Nachrichten v. 18.11.2k2, 11:30 Uhr

Elf Uhr dreißig - die Nachrichten.

  1. Die Union erwägt, die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses1) zu beantragen, der sich mit den Wahlkampfaussagen der Regierungsparteien befassen soll. Die CDU-Vorsitzende Merkel sagte auf einer Präsidumssitzung ihrer Partei in Berlin, es gebe Indizien dafür, daß SPD und Grüne bereits vor der Bundestagswahl über die sich abzeichnende Finanzmisere informiert gewesen seien. Nach Angaben von CSU-Landesgruppen-Chef [Michael] Glos soll das Thema auf der nächsten Sitzung der Unionsfraktion in zwei Wochen auf die Tagesordnung gesetzt werden. Der stellvertretende Unionsfraktions-Chef [Friedrich] Merz sprach im Deutschlandfunk erneut von "Wahlbetrug". Die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf zu erfahren, daß Bundesfinanzminister [Hans] Eichel frühzeitig Bescheid gewußt habe. Ein Untersuchungsausschuß kann von einem Viertel der Mitglieder des Bundestages durchgesetzt werden.
  2. Der Bund wird wegen der Konjunkturflaute und der damit verbundenen Steuerausfälle seine neuen Schulden in diesem Jahr um 13,5 auf 34,6 Milliarden Euro aufstocken. Korrespondenberichten zufolge der Nachtragshaushalt am Mittwoch zusammen mit dem überarbeiteten Etat für 2003 vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Die Nettokreditaufnahme läge damit im laufenden Jahr um knapp 10 Milliarden über den Investitionen von 25 Milliarden Euro. Der Haushalt wäre somit verfassungswidrig. Bundesfinanzminister Eichel will das umgehen, indem er eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes erklärt. Der Etat für 2003 sieht eine Erhöhung der bisher geplanten Neuverschuldung um 3,4 Milliarden auf 18,9 Milliarden Euro vor. Bundeskanzler [Gerhard] Schröder und Eichel wollen am Mittag in Berlin offiziell Ergebnisse der gestrigen Koalitionsrunde zu Haushalt und Steuererhöhungen bekanntgeben.
  3. Der CSU-Sozialexperte [Horst] Seehofer hat den Vorschlag von Bundesgesundheitsministerin [Ulla] Schmidt zurückgewiesen, von den Beamten Beiträge zur Rentenversicherung zu verlangen. Dadurch würden die Probleme nur noch weiter vergrößert, sagte Seehofer in München. Wegen der Altersstruktur der Beamtenschaft würden sie mehr erhalten, als sie einzahlen.
  4. Im Zusammenhang mit dem Anschlag auf der tunesischen Urlaubsinsel Djerba hat der französische Inlandsgeheimdienst drei weitere Verdächtige festgenommen. Wie die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Ermittlerkreise meldet, handelt es sich um zwei Männer und eine Frau. In der vergangenen Woche waren bereits Haftbefehle gegen drei mutmaßliche Hintermänner aus dem Familienumfeld des Selbstmordattentäters ergangen. Bei dem Anschlag vor der Griba-Synagoge auf Djerba waren im April 21 Menschen getötet worden, unter ihnen 14 Deutsche.
  5. Ein Voraus-Team der UNO-Waffeninspekteure ist von Zypern aus in den Irak abgeflogen. Geleitet wird die Gruppe vom Chef der Abrüstungskommission [Hans] Blix und dem Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde, El Baradei. Die Experten sollen zunächst abhörsichere Kommunikationssysteme installieren. Die eigentlichen Rüstungskontrollen beginnen am 27. November.
  6. Das Wetter: im Süden und Osten Bayerns etwas Regen, sonst meist trocken und örtlich Sonne, 8 bis 14 Grad; in der kommenden Nacht vor allem in Bayern Regen, auch in Küstennähe vereinzelte Schauer, tiefste Werte bis null Grad. Morgen im Osten und Süden bedeckt mit Regen, sonst meist trocken und trüb, örtlich auch heitere Abschnitte, Werte zwischen 4 Grad in Sachsen und 10 Grad am Niederrhein. Die Aussichten: teils neblig-trüb, teils heiter; am Donnerstag im Westen mehr Wolken, aber vorerst wenig Niederschlag und kaum veränderte Temperaturen.

Soweit die Meldungen. Die nächsten Nachrichten um 12 Uhr. [Signal] Deutschlandfunk. 11 Uhr 34, die Verkehrslage [...]

1) "Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist eine Art Gericht. Er wird einberufen vom deutschen Bundestag. Die "Richter" sind Abgeordnete aus verschiedenen Parteien. Ein Untersuchungsausschuss wird immer dann eingesetzt, wenn der Verdacht besteht, dass Politiker ihr Amt oder ihre Macht missbraucht haben. Ein Untersuchungsausschuss kann am Ende zwar einen Sachverhalte aufgeklärt haben. Jedoch kann er keine Strafe aussprechen und niemanden ins Gefängnis schicken, selbst wenn seine Schuld deutlich geworden ist. Wenn tatsächlich Gesetze verletzt worden sind, muss danach ein ordentliches Gericht die Sache übernehmen." (Quelle: http://www.sowieso.de/spip/_old_html/archiv/untersuchungsausschuss.html)

Änderungen und Ergänzungen vorbehalten.
Transkription und Links: (c) Dr. W. Näser, Marburg, 18.11.2002