Aphorismen, Sprüche und Spots aus eigener Herstellung

Nachstehende Aussprüche entstanden (seit 1983) sämtlich aus konkreten Situationen und Reflexionen über das Mensch-Sein, die Lage, das Fin de Siècle und das Leben danach. Teilweise zeitgeist-widrig und inopportun, sollen sie zum Nachdenken (und/oder Widersprechen?) anregen. Ältere sind mit * bezeichnet; die bisherigen habe ich im Januar 2002 nach Sachgebieten geordnet. Es ist nicht einfach, Lebenserfahrung und grundlegende Erkenntnisse in kurze Sätze zu kleiden, so etwas wie Aphorismen zu verfassen und dabei selbstkritische Distanz zu wahren; gelegentliche Ergänzungen und Korrekturen ergeben sich daher von selbst.
Marburg, begonnen im Oktober 1997                                                                       Wolfgang Näser 

  1. ------------------------Altes / Alter----------------------
    Wer das Alte belächelt, hat es meist nie von innen gesehen.
  2. Auch ein rostiges Eisen kann verdammt weh tun, wenn man sich an ihm stößt.
  3. Erst auf den zweiten oder dritten Blick zeigt sich, wie schwer es ist, Neues und Altes gebührend zu bewerten.
  4. Weisheit des Alters und Kraft der Jugend: weil sie nicht zusammengehen, bleibt die Vollkommenheit ein schöner Traum und perpetuiert jede Generation die Fehler der vorigen.
  5. Vorteil des Alters ist, daß man jetzt Vergleiche ziehen kann, zu denen früher die Basis fehlte.
  6. Alter schützt vor Dummheit nicht, doch Dummheit ist auch, Alte zu unterschätzen.
  7. Im Alter das Leben meistern, das ist: nicht den Kontakt zur Jugend verlieren.
    ------------------------Arbeit----------------------------
  8. Wenn er die Arbeit als Selbstzweck betrachtet, wird selbst der Direktor zum Sklaven.
  9. Strikte Trennung zwischen beruflichem und privatem Engagement ist in vielen Bereichen nichts anderes als gelebte Schizophrenie.
  10. Wo Könige mobben, haben Rebellen und Ärzte zu tun.
  11. Wer mobbt, mobbt auch das eigene Gewissen.
  12. Wer professionell mit Sprache umgeht und diese zum Mobben mißbraucht, handelt wie ein Arzt, der ohne Not leiden läßt.
  13. Rationalisierung ist unbestechlich: irgendwann entsorgt sie auch ihre Autoren.
    ------------------------Bildung als Auftrag--------------------
  14. Wer aus Big-Brother-Insassen Superstars macht, macht aus Erstklässlern Wissenschaftsminister.
  15. Dulce et decorum est pro scientia laborare.
    ------------------------Erkenntnisse---------------------------
  16. *Die einzig befriedigende Bekehrung erfolgt auf der Basis von Selbsterkenntnis.
  17. *Nichts erwarten schafft innere Ruhe. Das Negative erweckt Gleichmut, das Positive erfreut, weil ungewöhnlich.
  18. *In Not, Gefahr und Krise zeigt sich der wahre Charakter eines Menschen.
  19. Ein Ventilator, der zu viel Wind macht, wird diesen vermissen, wenn sein Lager heißläuft.
  20. Erzwingt man allzuoft einen Neustart, fehlt irgendwann die Energie dafür.
  21. Stromlinien, die dem Wind schmeicheln, geben ihm Kraft zur Zerstörung.
  22. Verpflanzten Bäumen entfremdet sich der Hain, aus dem sie vertrieben wurden.
  23. Das Verhältnis von Gut und Böse wird sich nie ändern: höchstens die Form, in der beide auftreten.
  24. Pessimismus ist oft eine Frucht der Einsamkeit.
  25. Werden Denken und Schreiben zur Sucht, haben Natur und Liebe versagt.
  26. Die schlimmsten Feinde der Wissenschaft sind ihre Fanatiker, denn sie versperren sich selbst und ihren Rezipienten den Blick für das Wesentliche.
  27. Nur bei Unmenschen werden Menschen zu Schachfiguren.
  28. Manchmal ist es eine Strafe, andere zu bestrafen.
  29. Berufsoptimisten verdrängen maßlos, sind zeitlos glücklich und ausnahmslos zu beneiden.
  30. Wer andere kaltstellt, erleidet spätestens dann dasselbe Schicksal, wenn der Tod es mit ihm tut.
  31. In der Not wird das fünfte Rad am Wagen zum kostbarsten Bauteil.
    ------------------------Erziehung------------------------
  32. *Ein Kind schlagen bedeutet, vor eigener Unfähigkeit zu kapitulieren.
  33. *In den Augen neines Kindes entdeckt man Möglichkeiten, die man selbst nie mehr wahrnehmen kann.
  34. Wo Kinder die Eltern und Lehrer schlagen, haben Staat und Kirche versagt.
    ------------------------Ethik, Verantwortung------------------------
  35. Mißtrauen ist die erste Bürgerpflicht.
  36. Denken ist Glückssache, Handeln ist Ehrensache.
  37. Liebe deine Nächsten, aber vergiß nicht die, die dir nahestehen.
  38. Wer nur sich selbst liebt, verrät seine Seele an den ärgsten Feind.
  39. Intellektuelles Niveau und spontane Hilfsbereitschaft sind oft umgekehrt proportional.
  40. Totalverweigerer sind so asozial, daß man auch ihnen alles verweigern sollte.
  41. Neue alte Barbarei: der Zwang, Konflikte mit Bomben zu lösen.
  42. Wer den Schmarotzer hätschelt, bastelt an seinem eigenen Untergang.
  43. Pfarrer, die eine Homo-Ehe segnen, handeln wie Polizisten, die in Banken einbrechen.
  44. Wer immer nur fordert und niemals hilft, findet im Spiegel die Hilfe, die er sucht.
  45. Eine Psychologie, die alles wegentschuldigt, versetzt der Menschheit den Todesstoß.
  46. Bürger sein heißt: das weitergeben, das man als Bestes gelernt, erfahren und erkannt hat.
  47. Gib niemals auf, denn du hast den Auftrag zu leben, Mensch zu sein und Gutes zu tun.
    ------------------------Existenzielles------------------------------------
  48. Buchhalterische Bewußtmachung ist der größte Feind kreativer Spontaneität.
  49. Je größer Güte und Liebe, desto tragischer die Gefahr, sich an ihnen zu verzehren.
  50. Mit dem Alter wächst die Sehnsucht, Jugend und Schönheit als zunehmend kostbare Kleinodien mit allen Sinnen in sich aufzunehmen.
  51. Ein zeitlos wacher Geist ist die schönste und strahlendste Form menschlichen Seins.
  52. Die unsterbliche Seele steht außerhalb jeder rationalen Definition.
  53. Das Kostbarste, das der Mensch besitzt, ist seine innere Welt.
    ------------------------Gedenken und Anerkennung--------------------
  54. *Ohne Anerkennung verdorrt ein Mensch wie eine Pflanze ohne Wasser.
  55. *Ehrendes Gedenken ist oft Ausdruck schlechten Gewissens; ehrt die Menschen, solange sie leben, denn Tote haben nichts von Ehre und Anerkennung.
  56. Verspätete Ehrungen sind ebenso sinnvoll wie Viagra im Greisenalter.
  57. *Besonders liebgewonnene Menschen wünscht man im Himmel wiederzusehen.
    ------------------------Gefühl, Wahrnehmung und Herzensbildung----------------------
  58. Warmherzige Menschen lieben sich, intellektuelle haben eine Beziehung. Liebevolle Menschen befragen ihr Herz, intellektuelle konsultieren den Anwalt.
  59. Herzensbildung bedeutet, aufeinander zuzugehen ohne dabei die innere Rechenmaschine zu befragen.
  60. *Augen und Stimme sind die größte Offenbarung des Menschen.
  61. *Kälte des Gefühls und Grausamkeit der Seele sind langsame Dolchstiche ins Herz.
  62. Friede, Freude, Eierkuchen und heile Welt sind Wörter des Hasses im emanzipatorischen Munde derer, denen diese Güter nie zuteil wurden.
    ------------------------Geschichte--------------------
  63. *Jede Konzertaufnahme ist klanggewordene Geschichte.
  64. Historiker, die den Krieg bejahen, handeln wie Feuerwehrleute, die mit Benzin löschen.
  65. Re-volution kehrt oft das Häßliche nach oben.
  66. Wer permanent in der Vergangenheit wühlt, muß schließlich erleben, daß er die Zukunft verpaßt.
    ------------------------Glück-----------------------
  67. Zu viel Glück macht blind und träge.
  68. *Einsam genossenes Glück sprengt die Seele ebenso wie einsam erlittenes Leid.
  69. *Glück und Unbeschwertheit finden viele Teilhaber, Not und Beschwernis haben keinen Marktwert.
    ------------------------Gott als Offenbarung und höhere Macht------------------
  70. Bringst du ein Kind zum Lächeln, dann hast du Gott zu Besuch.
  71. Wer Gott leugnet, wird dadurch weder größer noch stärker.
  72. Ein gnädiger Gott braucht keine Gotteskrieger.
    ------------------------Klugheit------------------------
  73. Wer nicht abwägt, der nicht gewinnt.
  74. Etymologisch denken: ein Gebot, um Klugheit aus Vor-Sicht abzuleiten.
    ------------------------Krieg und Gewalt---------------------
  75. Gewalt ist ein Bestandteil des Lebens, sagte der Pfarrer im Programmbeirat. Später wurde er Intendant.
  76. Sagt man Action für Gewalt, wird die Verrohung alt.
  77. Krankes Handeln zerstört in Sekunden, was gesundes in Jahren erbaute.
  78. Anschlag, Vergeltung, Anschlag, Vergeltung = Herzschlag des Politverbrechens.
  79. Wollt ihr Zerstörung? Dann fördert Öl und baut eine Pipeline. Wollt ihr in Ruhe gelassen werden? Dann baut eine Atombombe.
  80. Was sagt die Handwerkskammer zum Kriegshandwerk? Und was die Kunstgeschichte zur Kriegskunst?
  81. Als die Sprache noch jungfräulich war, gab es keine gerechten Kriege.
  82. Nur Teufel in Talaren segnen Waffen.
  83. Krieg ist der Rabenvater aller Dinge.
  84. Pour le Mérite / Kriegsklasse: Mord als Dienst am Menschen?
  85. Krieg im 21. Jahrhundert ist wie Analphabetismus im Lexikonverlag.
  86. Relativieren heißt erkennen, daß jeder Patriotismus zum Verbrechen werden kann.
  87. Perversion ist, eine Rakete, die Leben vernichtet, "Patriot" zu nennen und einer Bombe Liebesgrüße mit auf den Weg zu geben.
  88. Frauen in Waffen = lebensspendende Lebensvernichterinnen = größtmögliches Paradoxon des Mensch-Seins
  89. Bomben im Namen der Freiheit...Scheiterhaufen im Namen der Kirche...Hölle im Namen des Himmels?
  90. Wer Terror mit Terror bekämpft, ist selbst ein Terrorist.
  91. Perverser Intellekt findet auch ohne Krieg Mittel und Wege, sich selbst und andere zu zerstören.
  92. Freiheit pervertiert zur Anarchie, wenn sie mit Bomben und Panzern "importiert" wurde.
    ----------------------- Kritikaster ----------------------
  93. Kritiker, die sich wie Filzläuse aufführen, genießen ihre Macht nur so lange, bis der Bart ab ist.
  94. Schwer ist es, treffende Gedanken zu formulieren, leicht, fremde Gedanken herabzuwürdigen.
  95. Wer sich als Nabel der Welt ansieht, sollte hinter sich fassen, um den wahren Standort zu finden.
  96. Selbstkritische Kritiker kritisieren nur, was sie kritisieren können.
  97. Frechheit und Taktlosigkeit machen einen Kritiker zum Flickschuster seiner Zunft.
    ------------------------Kultur--------------------------
  98. Von Militär und Kriegführung auf Kultur zu schließen ist kulturlos.
  99. Sprache und Musik sind der lebensspendende Herzschlag einer jeden Kultur.
  100. Erlahmt der Wille, sie zu bewahren, dann stirbt die Kultur.
  101. Mächtig und würdevoll ist eine Kultur, die sich auch im Handeln manifestiert.
    ------------------------Kunst und Leben--------------
  102. Der Künstler schafft, was der Genießer genießt. Der Künstler gibt, der Genießer nimmt. Der Künstler leidet, der Genießer denkt an sich.
  103. Kunst verfehlt ihre Bestimmung, wenn sie nur provoziert, ohne die Welt zu bessern.
  104. Kunst ist schöpferische Freude am Menschsein.
  105. Das Häßliche zur Kunst erheben ist eine Perversion der Humanität.
  106. Der ausübende Künstler erschafft fortwährend neu, was er vermittelt.
    ------------------------Leben--------------------------
  107. Jeder hat die Pflicht, so zu leben, daß er anderen nicht zur Last fällt.
  108. *Leben ist Ansammlung von Vergangenheit.
  109. Ist jeder Tag ein abgeschlossener Roman, so hat das Leben viele neue Chancen.
  110. Es liegt in meiner Macht, jedem Tag eine Krone aufzusetzen.
  111. *Je dichter und intensiver das Leben, desto schneller verflüchtigt sich das Erlebte.
  112. *Vieles ändert sich mit der Erkenntnis, daß man nur Gast auf dieser Welt ist.
  113. *Nichts ist schwieriger und nichts erkenntnisfördernder als die Kunst, mit einem Menschen in Harmonie zu leben.
  114. Je älter man wird, desto mehr erhalten bestimmte Tätigkeiten den Charakter des Exemplarischen.
  115. *Künstler sind nicht immer Lebenskünstler.
  116. Zeit-Vertreib ist Sünde gegen das Leben.
  117. Diskontinuität tötet.
    ------------------------Leid und Leiden----------------------------
  118. Leid ist die beste Quelle der Philosophie.
  119. Leid und Glück sind die reinsten Quellen größter Kunst.
  120. Die Tiefe des Leids ist der wahre Maßstab des Glücks.
  121. In unserer fragilen Existenz genügt ein Augenblick des Schocks, um Jahre des Glücks zu zerstören.
  122. Der Gemobbte schluckt so lange, bis er zusammenbricht.
  123. Einen Sinn hat Mobbing: es ist erkenntnisfördernd und befreit von Illusionen.
  124. Tiefes Leid entsteht, wenn ein inneres Universum im Denken und Handeln auf ein Element reduziert wird.
  125. Es gibt keine Befreiungsideologie, die an die Schmerzen denkt.
  126. Je kulturloser eine Lebensgemeinschaft, desto mehr wird Leiden zur Strafe für Güte und Selbstlosigkeit.
  127. Erkenntnis und Ohnmacht sind Schwestern im Leid.
    ------------------------Liebe------------------------------
  128. *Liebe erweist sich weniger durch Worte als durch Taten.
  129. *Liebe ist die Kunst, Schönes ohne Berechnung zu geben und zu empfangen.
  130. *Liebe verzichtet auf jede mögliche Ausbeutung und erstirbt in dem Maße, wie der Geliebte nutzbringend eingesetzt wird.
  131. *Liebe und Egoismus haben so viel miteinander gemein wie Leben und Tod.
  132. *Liebe und Zärtlichkeit gehören zu den letzten Werten, die noch uneingeschränkt und unverdorben zu verwirklichen sind.
  133. Ein kaltes Herz verletzt wie kalter Stahl.
  134. Liebe, das ist auch: den geliebten Menschen in Ruhe lassen.
  135. Küssen ist besser als Räsonnieren, Streicheln besser als Rezitieren.
  136. Wird in der Ehe Liebe durch Pflichtgefühl ersetzt, dann sollte man sie zu Grabe tragen.
  137. Verehrt werden ist ein Geschenk, geliebt werden eine Gnade.
    ------------------------Macht und Geld---------------------------
  138. Global investieren - lokal ruinieren.
  139. Schlanker Staat = dicker Profit.
  140. New York: Auch als es als Zwilling auftrat, lebte das Goldene Kalb nicht ewig.
  141. Macht und Ohnmacht enden beide im Feuer und unter Gänseblümchen.
  142. Ein Börsengang ist oft der Anfang vom Untergang.
  143. Kapitalismus ist die ekelhafte Fratze rücksichtsloser Hyperzivilisation.
  144. Globalismus führt als bösartige Geschwulst zu weltweiter Auszehrung.
  145. Wollten alle ihr Geld durch ehrliche Arbeit verdienen, könnten die Börsen weltweit geschlossen werden.
    ------------------------Musik-------------------------------
  146. Musik ist die machtvollste Art globaler Kommunikation.
  147. Brächte man allen Kindern bei, das "Sanctus" aus Bachs h-Moll-Messe mitzusingen, so würden sie nie eine Kriegswaffe in die Hand nehmen.
    ------------------------Satirisches-----------------------------
  148. Suchen für's Leben: Sie - impotenten Mann. Er - geschlechtslosen Nadelstreifen.
  149. Fünf Kinder, Frau Direktor? Wo lassen Sie erziehen?
  150. Geben und nehmen: viel geben, um einem Menschen die Jugend zu nehmen.
  151. Was versteht Ihr Spießer von Rap und Techno? Übrigens, ich brauche mehr Geld: Ihr wißt doch, Miete, Auto und Handy.
  152. In der allergrößten Not schmeckt Ecstasy auch ohne Brot.
  153. Nein, Herr Abgeordneter, mit Jobwunder meine ich nicht ihre fünfzehn Neben-Mandate.
  154. Nein, Global Player heißt nicht, daß Sie unsere Steuergelder in aller Welt wie im Spiel verplempern.
  155. Sozialneid ist jetzt nicht angebracht, sprach der Abgeordnete und stieg in seinen Mercedes. Leistung muß wieder belohnt werden, ergänzte der Spekulant und stieg in seinen Ferrari.
  156. Er schaffte immer nur, schaffte, schaffte - es früh zu sterben.
  157. Die steile Karriere führte steil zum Grabe - im Rückenflug.
  158. Erfolge elektrisieren - oft mit dem Ergebnis mentaler Kurzschlüsse.
  159. Auf neuen Stühlen denkt sich's besser - sofern man mit dem Hintern denkt.
  160. Manche tun so viel für die Forschung, daß sie ganz krank davon werden.
  161. Was tut der Multimedia-Dozent, wenn der Strom ausfällt, was der Linguist, wenn er zu Kindern spricht?
  162. Ganz oben suchte er Schutz und Hilfe und sah, daß man sich dort gegen Bitten gut zu schützen und zu helfen weiß.
  163. Leere Köpfe sind für Demagogen ein voller Erfolg.
  164. Soldaten sind Mörder, sagte X, und er wurde gelobt. Zigarettenfabrikanten sind Mörder, sagte Y, und er wurde gestraft. Gutachter sind Mörder, sagten gebrochene Eltern, und keiner hörte hin.
  165. Wer macht unsere Zeit so, daß sie später nicht ausgestellt wird?
  166. Aus Gründen des Jugendschutzes wurden im Abendprogramm alle Erotikfilme durch Action, Krimis und Thriller ersetzt.
  167. Wozu noch wählen, wenn der Regierungswechsel auch mit Bomben geht?
  168. Es ist mir eine Ehre, Sie zu erschießen, denn ich bekomme dafür einen Orden.
  169. Perversion der Freundschaft: Deutschland schützt US-Kasernen, und US-Soldaten sehen weg, wenn die deutsche Botschaft geplündert wird.
    ------------------------Sozialkritik und Politik----------------------------------
  170. Wir sind antiautoritär; wir zeigen euch, wie's gemacht wird.
  171. Die Gewerkschaften haben sich überlebt: bergab geht's leichter.
  172. Auch ohne Gewerkschaften und Arbeitskampf werden Tarife erhöht: bei Bahn, Post und Müllabfuhr.
  173. Gesundheit, Rente, Sprache: Reform und Raub haben oft nicht nur den Anfangsbuchstaben gemein.
  174. Industrieroboter brauchen keinen Urlaub und melden sich nie krank - Regierungsroboter hätten keine Nebenmandate und würden nie korrupt.
  175. Wer Ghettos anlegt, pflanzt Baumschulen des Verbrechens.
  176. Bezahltes Ehrenamt, das ist moderner Idealismus.
  177. Eine geordnete, sorglose bürgerliche Existenz ist die beste Empfangsbasis für politische Verdummung.
  178. Fortschrittsglaube und Konformismus sind der Acker, auf dem Feigheit und Zensur prächtig gedeihen.
  179. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Wer dauernd lügt, hat sich als nachhaltig ausgewiesen: man kann mit ihm rechnen.
  180. Eine Verfassung ohne Recht auf Arbeit, Gesundheit und Kindergartenplatz ist nicht das Papier wert, auf dem sie erlogen wurde.
  181. Salon-Sozialisten sozialisieren virtuell.
  182. Alleinerziehende mit Tagesmutter = Ministerin ohne Geschäftsbereich.
  183. Wir achten so sehr auf die Randgruppen, daß wir nicht merken, wie die Mitte ausgehöhlt wird.
  184. Wozu noch Familie? Wir haben doch Scheidung, Unterhalt und Kinderhort.
  185. Gestern hatten wir noch Spießbürger und Engstirnigkeit, heute haben wir Zerrüttung, Schlüsselkinder, Drogen, Arbeitslosigkeit, Sozialschwache und Analphabeten: kräftiger Zuwachs in allen Bereichen.
    ------------------------Sprache----------------------------------------
  186. Wird in der Sprachwissenschaft die Technik zum Selbstzweck, dann verleugnet sie ihre besten, heiligsten Werte und Ziele.
  187. Wer seine Muttersprache liebt, schützt und pflegt sie wie sein eigenes Kind.
  188. Wo Werte verwässern und Sprache verkommt, ist der nächste Hitler nicht weit.
  189. Dekretierte Sprachreform = gnadenlose Kulturrevolution.
  190. Rechtschreibreform: das ist Ballermann-Deutsch auf Kultus-Ebene.
  191. Wozu noch rechtschreiben, wenn man links denkt?
  192. Sprache und Dialekte: ein thema regium mit farbenreichen Variationen.
  193. Dialektologie ist eine Wissenschaft vom Menschen, nicht von Apparaten.
  194. Dialekte sind nicht nur Varietäten, sondern auch Weltanschauungen.
  195. Als Spielwiese von Wortklaubern und Technokraten degeneriert eine Sprache und verliert ihre Würde.
  196. Dem Linguisten ist die Sprache Techno, dem Literaten eine sinfonische Dichtung und dem Philologen die Kunst der Fuge.
  197. Der Systemlinguist quält sich mit der Sprache, der Philologe liebt sie.
  198. Eine Systemlinguist liebt seine Sprache wie der Finanzbeamte die Steuererklärung.
  199. Linguistische Theorienbildung ist manchmal so erkenntnisfördernd wie die Frage, ob eine Skelett toter ist als eine Mumie.
  200. "Der Linguist fährt Fahrrad", dozierte der Vortragende und demonstrierte an diesem Beispiel die ganze Palette der Sprachverwendung.
  201. Strukturelle Linguistik ist die Zwölftonmusik der Sprachwissenschaft.
  202. Verbalphrasen und Nominalphrasen sind für die meisten Menschen hohle Phrasen.
  203. Bei einer Linguistik-Vorlesung einzuschlafen ist negatives Feedback als Untermenge nonverbaler Kommunikation.
    ------------------------Sprache und Sprüche --------------------------------
  204. Die Powerfrau redet, die Bauersfrau handelt.
  205. Ich realisierte, daß es schwer ist, sich zu verwirklichen.
  206. Ethnisch säubern und Endlösung beginnen nicht nur mit demselben Buchstaben
  207. Ehrliches Frauen-I bedeutet auch MörderInnen und VerbrecherInnen.
  208. Nicht allen Mädchen aus den Medien kann man als Frauen vertrauen.
  209. Sinus heißt Busen, sprach der Tongenerator und erzeugte von nun an nur noch unsexistische Rechteckschwingungen.
  210. Nur in der Optik wird 'viel Mann' noch toleriert. Sonst ist der Softie in, weil leichter zu befrauschen.
  211. Der Kontra-hent ist so gegnerisch wie der Präsi-dent auf einem Zahn sitzt.
  212. Herausforderung und Ausbeutung tragen vielleicht nicht zufällig denselben Schmerzeslaut in sich.
  213. Befreiungskriege befreien -  einzig die Waffenlieferanten von Geldsorgen.
  214. Cloning und in vitro sind wie Glyzerin und Nitro.
  215. Schlägt der Champ den Referee KO, dann hat auch der Sport seinen Kollateralschaden.
  216. Wenn du nicht willst, was man dir tut, dann mache das Beste aus deiner Wut.
  217. P[olitical] C[orrectness] ist der M[aul]C[orb] des N[eo]C[olonialismus].
    ------------------------Verzeihen----------------------------
  218. *Verzeihen ist wie der Aufstieg zu einem Gipfel, von dem aus man einen herrlichen Ausblick genießt.
  219. *Verzeihen ist eine Kunst, die früh erlernt werden muß; nur der kann verzeihen, der Liebe erfahren hat.
  220. *Wer es ablehnt, einem Reumütigen zu verzeihen, der ist unfähg, Liebe zu schenken.
  221. Unwissenden und Zornigen wird verziehen. Wer aber wissend zerstört und Güte mißbraucht, hat Güte und Liebe verwirkt.
    ------------------------Verzichten--------------------------
  222. Wer nicht verzichten lernt, wird nie das Leben meistern.
  223. Verzichten, freigeben, Glück wünschen: das sind Formen der Liebe. Begierde, Besitz, Eifersucht: das sind Formen der Sklaverei.
  224. *Aus eigener Einsicht auf Geliebtes zu verzichten ist ein innerer Sieg, der tiefen Frieden schaffen kann.
  225. Aufopferung für andere darf nicht so weit gehen, daß der Samariter daran zugrundegeht.
  226. Glücklich, wer sich freuen kann, etwas nicht gekauft zu haben.
  227. Verzicht predigt der, der nichts zu verlieren hat oder den Verlust nicht spürt.

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Wird ergänzt. Stand: 22.8.2006