2. Niederfränkisch

Gesprochen am unteren Niederrhein. Hauptkennzeichen: lautliche und morphologische Nähe zum Niederländischen, auch zum Landkölnischen (=> Bläck Fööss, "Buuredanz"); anlautendes [s-x] wie in (schriftsprachlich transkribiert) /s-cheeweninge/ für nl. Scheveningen; Dental-Deletion: auslautendes [st] > [s] wie in Hèèrs 'Herbst', Fess 'Fest', Wors 'Wurst', auch in lüssen (=[sich] gelüsten), vgl. mhd. Variante lossam (=lustsam); anlautendes [f] teilweise > [v]; zur Schreibung und Aussprache s. auch hier


Probe 1: Wemb /47608 Geldern; freie Erzählung; Transkription W. NÄSER 1984, korr. 2001
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In en Hèèrs dan het en Buur1 wèl ümmer ed bess. Dann di làànke Ååmene, kann er ne Piip2 smoke3, un war4 allen Dingen dann düt he slàachte5. Dat is èn zimlüch chroot5a Fess. Da kömt der Slèechter6 s' mèrges7, dann mott er 'n Brüssbock chestockt wodde, dat Waater8 mott9 kòòke10 un dann kümt der Slèechter mit so'n dicken Haamere11 und da word12 dat Pùck rütchedòòn, en Touw13 an Been14 òn uppe Pläts15 da ward12 'ne mit den Haamer wör4 de kopp16 gehåuen un dann klüpp de Slèechter drupp.

Da ward er gestòòke17, un wenn dat Dier da kapòòt18 is da ward er öös enne geprüft19. Un dann nachher da ward er opp19a de Lier geha' war'12 er ges-chruppt20 opp de Lier21 gehange und s'anderdààchs22 da ward12 de Wors gemach. Dat is mèè23 noch char23a nich so èinfach. Da komen al di nåbere24 Wroulüü25, éen de düt de ... de Flèisch drèeje26 en de aandere düt het Pöck derlòòre26a un da ward12 da allerhand vertöölt27.

De Hååpsàgge is dat dat Pok vööl un deeke Mettwors hett. Dèèn dat Spèèk dat lüsse28 se wandàge29 ok30 nimer hier. Un s-chöene S-chèenke. (...) Òon dann waår da o'er dat faine deeke Pook cheköjet.

Dem Buur der sit dann mèistens aachter31 en Aåwe, hè 'ne làànke Piip2 on der smockt3 sich der ene. Òon so was dat frugger32, eww' wandàge is dat awwer en kleen bìchen anders.
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1 nl. boer; 2 n l. pijp; 3 nl. smoken 'paffen, qualmen'; 4 nl. voor; 5 nl. slachten; 5a nl. groot [xro:t]; 6 nl. slachter; 7 nl. 's morgens; 8 nl. water; 9 nl. moet; 10 nl. koken; 11 nl. hamer; 12 nl. wordt 'wird'; 13 nl. touw; 14 nl. been; 15 nl. op de plaats 'auf der Stelle'; 16 nl. kop; 17 nl. gestoken; 18 nl. kapot; 19 nl. proeven 'kosten, probieren'; 19a nl. op; 20 nl. schrapen 'glattmachen', dt. ugs schrubben; 21 vgl. nl. lier '(Seil-)Winde'; 22 nl. anderdaags; 23 vgl. nl. maar 'nur, aber'; 23a Aussprache wie nl. gaar [xa:r]; 24 nl. naburig; 25 nl. sing. vrou[mens] 'Frau[enzimmer, Weibsbild]' und lui 'Leute'; 26 nl. draaien; 26a vgl. nl. Präfix ter- 'zur'; 27 nl. vertellen; 28 nl. lusten 'mögen'; 29 nl. vandaag 'heute'; 30 nl. ook; 31 nl. achter 'hinter'; 32 nl. vroeger 'früher' [W. Näser 1.3.2001]


Versuch einer hochdeutschen Übersetzung:

Im Herbst (dann) hat es ein Bauer wohl immer am besten. An den langen Abenden kann er eine Pfeife rauchen und vor allen Dingen schlachtet er. Das ist ein ziemlich großes Fest. Dann kommt des morgens der Schlächter, dann muß das Gerüst für den Brühkessel aufgestellt werden, das Wasser muß kochen und dann kommt der Schlächter mit so einem dicken Hammer und das Schwein wird rausgelassen, bekommt ein Tau ans Bein und ihm wird sofort mit dem Hammer (eins) vor den Kopf gehauen, und der Schlächter klettert drauf.

Dann wird es (ab)gestochen, und wenn das Tier tot ist, wird erst (ein)mal einer getrunken. Und nachher dann wird es an die Winde gehangen und enthaart, und am nächsten (anderen) Tage wird die Wurst gemacht. Das ist aber gar nicht so einfach. Da kommen alle Nachbarsfrauen: die eine dreht das Fleisch (durch), die andere nimmt das Schwein aus und es wird so allerhand erzählt.

Die Hauptsache ist, daß das Schwein viel und dicke Mettwurst hat (denn den Speck mögen sie heute hier auch nicht mehr) und schönen Schinken.

Und wenn die Wurst dann alle fertig ist, dann werden alle Nachbarn und guten Freunde eingeladen und sie müssen die Wurst kosten kommen. Und dann wird über das feine dicke Schwein geschwätzt.

Der Bauer sitzt dann meistens hinter dem Ofen, hat 'ne lange Pfeife und raucht eine. Und so war das früher, aber heutzutage ist das ein klein bißchen anders.

(c) W. Näser 26.7.96 * Stand: 1.3.2001