Dr. Wolfgang Näser: UE "Landes- und Kulturkunde des Deutschen" (für Ausländer), WS 2002/2003
Themenschwerpunkt: Die Heilige Elisabeth: Leben und Wirken als Vorbild - Bedeutung für Marburg
(Donnerstag, 9. Januar 2003)

Marburg, St. Peter und Paul 19. Juni.1992

Franz Liszt (1811-1886):

Die Legende von der HEILIGEN ELISABETH
Oratorium für Soli, gemischten Chor und Orchester
Textfassung von Otto Roquette (1824-1896)

Emiko SUGA - Elisabeth (Sopran)
Beata POLAN - Landgräfin Sophie (Mezzosopran)
Dietmar KEITZ - Landgraf Ludwig (Bariton)
Marek GASZTECKI - Landgraf Hermann (Baß)

FRANKFURTER UND MARBURGER KONZERTCHOR
BAD HERSFELDER FESTSPIELCHOR
Polnisches Nationalorchester Radio Kattowitz

Dirigent: Siegfried Heinrich
Archiv-Tonaufn. Dr. W. NÄSER, Marburg [0732]

E. O weh mir, mein Gemahl!
L.
Elisabeth, wie Deine Wangen glüh'n! Was bebst Du vor des Gatten Aug' zurück? Wohin so einsam ohne Deine Frauen? Und was verbirgst Du da vor meinem Blick? E. Geliebter, frage nicht! L. Laß mich es schauen! Mir sagt Dein Zittern, daß Du meine Bitten verhöhnst und meinen liebevollen Willen, nicht mehr auf ödem Pfade zu den Hütten des Elends in Geheimnis Dich zu hüllen. Was trägst Du da? Ich bitte, laß mich seh'n! Du schweigst? Ich will's! E. Halt ein, ich will gesteh'n: Ich pflückte Rosen im Geheg' und ihre Fülle lockte mich den Weg so weit hinab. L. Und darum ist dein Blick so wirr? E. Hab' Mitleid mit mir Armen! L. Warum hältst Du die Rosen mir zurück? Elisabeth! Elisabeth! E. Erbarmen! Zu Deinen Füßen sieh' mich liegen! Die Wahrheit hab' ich Dir verhehlt, das Böse ließ ich in mir siegen und hab' an Gott und Dir gefehlt. Nicht Rosen pflückt' ich hier im Hage, zu einem Kranken ging ich hin. Sieh' Wein und Brot hier, das ich trage, die Spenden einer Sünderin! L. Was seh' ich? Rosen! Welch ein Duft weht atmend durch die Abendluft! E. O Herr des Himmels, Rosen!


Nr. 2 Das Rosenwunder

Landgraf
Aus dem Nebel der Täler erschalle hervor, Du, mein Jagdhorn, in jubelnder Weise! Die begrüßenden Töne, sie steigen empor zu des rüstigen Weidwerks Preise. Gezogen, entflogen aus bindender Haft, durch der Lüfte Wogen, der Wiesen Saft, entsend' ich vom Bogen den schwirrenden Schaft, und das Glück ist gewogen der fröhlichen Kraft.

Doch sieh, was schimmert durch das Grün den steilen Pfad hinab ins Tal? Elisabeth!

L. Sage, enthülle, daß mein Herz es glaubt! O welch ein Glanz umfließt Dein Haupt! E. Mit milder Spende zog ich aus, mit Wein und Brot aus Deinem Haus, nun sind es Rosen; ist's ein Wahn? Chor Ein Wunder hat der Herr getan!
L. Ein Wunder! Ja, ich will ihn loben und diesen Engel hold und rein! Geliebte, ich bitt', wollst Du mir verzeih'n?
E. Erschüttert steh' ich und erhoben.
L. u. E. Ihm, der uns diesen Segen gab, ihm laßt uns danken! Er sei uns Leuchte, er sei uns Stab, wenn wir im Dunkeln wanken.
Chor Selige Lose sind Dir erfüllt, O Du, der Rose blühendes Bild! Über die Schwelle, die Dich errang, segnende Helle liebevoll drang. Leuchtend umkosen Strahlen Dich ganz, himmlischer Rosen ewiger Kranz.

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Worterklärungen: Weidwerk n. 'was mit der Jagd zusammenhängt'; schwirren 'sausend fliegen'; Gehege n. (waidgerecht geflegtes) 'Jagdrevier'; Hag m. 'umgrenztes Waldgrundstück' (-> Gehege); hold 'lieblich, bezaubernd, anmutig'; erhoben 'feierlich berührt, ergriffen'; Lose n.pl. 'Fügungen des Schicksals, Geschicke'; Helle f. 'Helligkeit, Glanz'; umkosen 'umschmeicheln, zärtlich berühren'

Gestaltung: (c) Dr. W. Näser, MR 9.1.2002