Grundsätzliche Überlegungen und Daten, vorgelegt von Wolfgang NÄSER, Marburg 8/2001 ff.
Das sog. Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten entstand in den Jahren 1936 und 1937. Es handelt sich um rund 300 Schallplatten, die damals mit modernstem Equipment1), im Rahmen einer umfangreichen Feldforschung aufgenommen wurden; insofern repräsentiert die Sammlung den damaligen technischen Stand der Tonaufnahme und ist auch in dieser Hinsicht ein sehr lohnendes Studienobjekt. Wie unsere Liste der Aufnahmeorte2) und deren Lage im DSA-Gradnetz verdeutlichen, erstreckte sich die Aktion über das gesamte damalige Reichsgebiet und dokumentiert somit aus heutiger Sicht auch und vor allem jene Mundarten, die als Folge des unseligen Zweiten Weltkrieges nun fast völlig ausgestorben sind.
Auftraggeber war der Reichsbund der deutschen Beamten (Brünnhausen / Bayern); die technische Durchführung oblag der (1932 als Nachfolger von Ultraphon gegründeten) Firma Telefunkenplatte G.m.b.H., Abt. Spezialaufnahmen, Hallesches Ufer 30, Berlin SW 11. In einem dem Werk beigelegten Informationsblatt heißt es: "Noch niemals ist die Technik der Aufzeichnung menschlicher Sprache so planvoll und in solchem Umfange in den Dienst kultureller und historischer Arbeit gestellt worden [...]. Die wissenschaftliche Bearbeitung und die Festlegung der Aufnahmeorte erfolgte durch den Deutschen Sprachatlas, Marburg. Nahezu 8 Monate reiste der große Aufnahmewagen der Telefunkenplatte in Deutschland von Ort zu Ort, um abseits von allen Atelieraufnahmen die Sprecher [...] aufnehmen zu können. So ergab sich ein Abbild der seelischen Beschaffenheit der deutschen Landschaften und Stände in einer Vielfalt, wie sie bis heute noch nicht zusammengetragen worden ist. Die Telefunkenplatte hat für die Durchführung der großen Aufgabe alle ihre technischen Mittel eingesetzt. es gelang in Zusammenarbeit mit den Herren Professoren Martin2a) und Mitzka, Marburg, und den Herren Vogel und Dr. Debus, Berlin, alle Schwierigkeiten der zahlreichen Außenaufnahmen, die sich oft in den entlegensten Orten - insbesondere in der winterlichen Jahreszeit - entgegenstellten, zu überwinden." 3) Wie aus verschiedenen DSA-Unterlagen hervorgeht, wurden von den Aufnahmen (als "Preßwerkzeuge") Kupfermatrizen erstellt, die bei der späteren TELDEC verblieben. Lt. einer Notiz in der NSBZ 6 Nr. 15, S. 390 wurden insgesamt zehn Platten-Sätze hergestellt; drei davon seien, wie Stefan WILKING (2003) berichtet, an den Marburger "Sprachatlas" gegangen, je einer davon als Ehrengaben an Walther Mitzka und Bernhard Martin, ersterer habe beim Einmarsch amerikanischer Truppen seine Platten zerstört3a). Über den Verbleib der restlichen Plattensätze sei nichts bekannt.
In Anwesenheit von Vertretern des Reichsbundes und der Telefunkenplatte wurde in seinem Amtssitz dem "Führer und Reichskanzler" Adolf Hitler zum 48. Geburtstag (20.4.1937) das Werk in einem speziellen mannshohen Schrank (Abb. links) 3b) übergeben, der nach dem Entwurf eines gewissen Prof. Schneckenberg (der auch für das Gehäuse des D[eutschen]K[lein]E[mpfängers] 38 und das des V[olks]E[mpfängers] 301 verantwortlich zeichnete) von dem Berliner Tischlermeister H. Lippert angefertigt worden war. "Die geöffneten Flügel der Schranktüren bilden gemeinsam in kunstvoll eingelegter Holzarbeit eine Karte Deutschlands, auf der farbig hervorgehobene Ziffern die Aufnahmeorte des Lautdenkmals kennzeichnen. Die Karte gibt damit eine Übersicht der Platten, die leicht greifbar im Innern des Schrankes zu beiden Seiten des Abspielgerätes angeordnet sind." (Informationsblatt ebd.)
Die Idee, das Werk dem "Führer" zu widmen, erwies sich aus heutiger Sicht als tragikomisches Beispiel für eine fehlgeleitete Verquickung von Wissenschaft und Politik. Stefan WILKING, dessen 2003 als GL-Beiheft (bei Olms, Hildesheim) veröffentlichte (und mir zu Beginn dieser Darstellung unbekannte) Dissertation sich auf S. 203-220 mit dem Lautdenkmal befaßt, verweist auf einen - wohl in Anlehnung an Neefs Ansprache (Aufnahme 278) - von Bernhard MARTIN am 3.7.1937 in der Oberhessischen Zeitung veröffentlichten Artikel, aus dem er (S. 207) wie folgt zitiert:
"Die Idee des Hauptabteilungsleiters Vogel vom Reichsbund der Deutschen Beamten ging aber gerade darauf hinaus, ein Lautdenkmal der deutschen Mundarten mit vorwiegend politischem Inhalt zu schaffen. Es sollte künden von der Zeit, in der Adolf Hitler dem deutschen Volke neue Wege in die Zukunft wies, sollte zeigen, wie das Volk aufgerüttelt ist, wie es in allen deutschen Gauen sich mit dem Gedankengut des Nationalsozialismus auseinandersetzt und darüber in der Mundart spricht (...)."
Überhaupt sei in der damaligen Presse rund 600mal über das Lautdenkmal berichtet worden, das in der Nationalsozialistischen Beamtenzeitung (NSBZ) vom April bis Juni 1937 im Mittelpunkt gestanden habe (S. 205). Auch aus weiteren Zitaten in Tageszeitungen und Berichten scheint sich zu erhärten, das Lautdenkmal habe (einzig) auf politische Indoktrination abgezielt und sei mit entsprechendem Wohlwollen seitens des auf diese Weise beschenkten "Führers" belohnt worden; offen bleibt indessen, welcher Wert im ernsthaften Wissenschaftsbetrieb tatsächlich jenem Wortgeklingel beigemessen wurde und ob bzw. wie in der damals audiotechnisch (Schallplatte, Mikrofone, Tonbandtechnik) höchst innovativen Zeit das Lautdenkmal jemals medial in den Schulunterricht und / oder die Lehre der universitären Germanistik einbezogen wurde.
Andererseits zeigt sich ein mit verschränkten Armen und einem verlegenen Lächeln vor dem tönenden "Flügelaltar" stehender Hitler, der das "Geschenk" ziemlich indifferent zu quittieren scheint, standen doch seine dirigistischen Pläne einer drastischen Vereinfachung und Uniformierung der deutschen Sprache, wie sie sich auch in den geplanten Reformen seines Erziehungsministers RUST4) widerspiegeln, in krassem Gegensatz zu jener schöpferischen Varianz, die doch gerade in der Genese der Mundarten zum Ausdruck kommt; zudem dürfte er - wie auch die allermeisten heutigen Hörer - überfordert gewesen sein damit, solche Extrem-Varianten wie etwa das Nordfriesische (=> Boldixum), Niederfränkische (=> Holt, Warbeyen) oder z.B. die in Haunswies aufgenommene Mundart des Wittelsbacher Landes (s. unten 056) zu verstehen.
Schon aufgrund des Neefschen Widmungs-Textes und somit der angeblich ausschließlich politischen Zielsetzung ließe sich das gesamte Projekt als zum Abfallhaufen unerwünschter Historie gehörig verdammen und abhaken. Doch wäre dies aus verschiedenen Gründen unzulässig. Unvoreingenommen betrachtet sind, mit Ausnahme von [278], [281] und anderen, nicht alle Aufnahmen durchgängig "politisch", zum anderen kommen hier größtenteils einfache Menschen zu Wort, die uns in den ausnahmslos tendenziösen Wochenschauen des Dritten Reiches allenfalls sehr selten begegnen. Diese Menschen sind nolens volens ebenso Repräsentanten ihrer Epoche und ihres Zeitgeistes wie heutzutage die Jugendlichen unserer amerikanisierten Fun- und Eventkultur mit ihrem ebenfalls als tendenziell interpretierbaren, von politischen und for allem wirtschaftlichen Interessen geprägten und gesteuerten Lebensgefühl und Sprachinventar. Eine wehrhafte Demokratie und eine der Wahrheitsfindung verpflichtete Wissenschaft müssen allen primären Quellen gegenüber offenstehen, gleich welche Anschauung sie vertreten, so wie sich heutzutage vermutlich auch eine russische Wissenschaft nicht den Haßtiraden eines Ilja EHRENBURG oder den pseudowissenschaftlichen Ausführungen des Massenmörders Josef STALIN wird verschließen können.
Lassen wir Martins, Neefs u.a. Ausführungen und neuere Untersuchungsergebnisse (s. oben) außer Acht, so scheinen die auf den LD-Platten verewigten Menschen weitgehend in Unkenntnis des propagandistischen Endzwecks ins Mikrofon zu sprechen, größtenteils über persönliche Sorgen und Interessen zu berichten, über Aktivitäten und Pläne und Historisches aus Ihrem Lebensraum. In vielen der jeweils rund dreieinhalb Minuten langen Original-Aufnahmen zeigt sich nur am jeweiligen Anfang oder Ende (z.B. Palmnicken /Fischhausen, 078 /N 86,1) der Pflicht-Kotau an den "Führer" (oder bisweilen antisemitische Äußerungen wie in 056 und 061), vergleichbar mit den aus DDR-Zeiten bekannten Grußadressen an die kommunistische Partei- und Staatsführung (und ideologischen Statements zum kapitalistischen Ausland); den Versuch, durch redaktionell-weglassendes Umeditieren eine politisch neutrale, doch dialektologisch weiterhin relevante Version zu erzielen, dokumentiert eine am 25.1.2012 aus LD 163 erzeugte Kurzfassung. Der Stolz, in ein Mikrofon sprechen und die eigene Stimme auf einem Tonträger verewigen zu dürfen, war damals sicher weit größer und wirkungsmächtiger als in dem von zahllosen Interviews und Talk-Shows und nie zuvor gekannter Egozentrik geprägten heutigen Medienzeitalter - ein nicht zu unterschätzender psychologischer Aspekt.
Das "Lautdenkmal" verdient es nicht, übergangen und vergessen zu werden, haben wir doch sonst kaum klingende Zeugnisse der deutschen Mundarten im frühen 20. Jahrhundert. Das technische Handicap schallplattentypischer Störungen (Knistern, Rumpeln; periodisches Schaben wie in 061) verhindert in einer Reihe von Fällen eingehendere Analysen, läßt sich jedoch (wie ich zu beweisen versuche) mit modernen digitalen Werkzeugen merklich (teilweise auch völlig!) reduzieren. Eine der gesamten Öffentlichkeit zugängliche Publikation des Lautdenkmals wird aus den genannten politischen Gründen wohl unmöglich bleiben. Andererseits kann, wie ich zu zeigen versucht habe, ein Teil des Bestandes durch geringfügige editorische Maßnahmen "entschärft" und so auch der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden - allerdings mit dem wissenschaftlichen Makel verletzter Authentizität.
Lange verstaubte das Lautdenkmal in den Regalen, verkam zunehmend zum Politikum;
alles, was in der germanistischen Fachwelt Rang und Namen hatte, machte einen
großen Bogen darum (auch im Internet gab es bis vor kurzem keine
verläßlichen Angaben). So teilte - zumindest in der
Forschung5) - diese Sammlung das opportunistisch geprägte
Schicksal vieler ungeliebter Archivalien. Wie auch die Wrede-Rede
waren mir leider erst Anfang 2000 die LD-Bänder zum Abhören
verfügbar. Dies bedeutete für mich eine Art Offenbarung, ich
beschloß spontan, mich unvoreingenommen und einzig
quellenbezogen mit den technisch wie dialektologisch so wertvollen
Tondokumenten zu befassen und diese mindestens zum Teil in die eigene Forschung
und Lehre einzubeziehen, was jedoch erst nach eingehender Beschäftigung
und Analyse möglich sein würde. Ich war und bleibe der Ansicht,
daß es vertretbar ist, das Werk in einer bescheidenen, aber durchaus
exemplarischen Proben-Auswahl zugänglich zu machen. Nachdem ich
im Frühjahr 2000 zunächst vier Proben (Dießen, Frankfurt,
Kassel, Markgröningen) tonlich aufbereitet und als Real-Audio-Samples
in meine Dialektproben-Seite integriert
hatte, folg(t)en ab Juni 2001 neben der längst fälligen
Einleitung und
Übersichtskarte weitere
Hörbeispiele, bei denen ich Wichtiges hinzulernen konnte.
Marburg, im August 2001
WOLFGANG NÄSER
Inzwischen, erfahre ich aus dem Internet, haben meine Recherchen,
Ausführungen und Proben zum "Lautdenkmal" Beachtung gefunden. Waren
es erst nur 3 bis 4, so finden sich nun mehrere Seiten lang "Google"-Fundstellen.
Das ermutigt mich, auch an dieser Stelle um weitere "Rückkopplung" zu
bitten, vor allem um positive Kritik und Übersendung möglicher
Unterlagen.
Marburg, im Dezember 2005 W.N.
Alle Real-Audio-Proben wurden zu MP3 konvertiert und sind daher
besser abrufbar; Stefan WILKINGs Ausführungen zum Lautdenkmal
wurden in meiner Einleitung berücksichtigt.
Marburg, im Mai / Oktober 2010 W.N.
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1) Welche Mikrofone und "Tonschreiber" zum Einsatz
kamen, konnte nicht eruiert werden. Zum damaligen Stand der Technik und den
Methoden meiner Restaurierung der historischen Tondokumente. s.
hier.
2) Eigener Neuentwurf analog zu Karte 7.5.2. in
GÖSCHEL, J. (Hg.), Die Schallaufnahme deutscher Dialekte
(Marburg 1977)
2a) Laut einem auf jüngsten Forschungsergebnissen
des Marburger Professors Siegfried Becker (54) fußenden Bericht vom
30. November 2012 in Marburgs Oberhessischer Presse (S. 6) sei "der Germanist
Bernhard Martin, Leiter des 1938 gegründeten Kurhessischen Landesamts
für Volkskunde" mit beteiligt gewesen beim "nicht öffentlich
propagierten Projekt" einer Massen-Umsiedlung der Landbevölkerung in
"durch Zwangsverschleppung oder Vernichtung der Bewohner 'freigeräumte'
Ostgebiete". Martin, so OP-Redakteur Manfred Hitzeroth weiter, sei 1938 durch
die Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung zunächst beauftragt
worden, die Landflucht in den Gebieten der Landesbauernschaften von Hessen-Nassau
und Kurhessen zu erarbeiten. Wenige Tage nach dem 23.März 1940 habe
er "die Landräte sämtlicher Kreise sowie die Kreisbauernschaften
und Vertreter weiterer Behörden" eingeladen, um über das Projekt
zu informieren; die Niederlage von Stalingrad im Winter 1942/43 und der folgende
Rückzug der Ostarmeen habe es vereitelt. Weder in meiner Marburger
Studienzeit vom WS 1964 bis SS 1971 noch in der folgenden Tätigkeit
am "Deutschen Sprachatlas" bis Ende SS 2008 und auch nicht in mit Bernhard
Martin geführten Gesprächen ist auch nur ein Detail dieses angeblichen
Projekts erwähnt worden.
3) Ergänzendes hierzu bei Bernhard
MARTIN, Die deutsche Volkssprache, München 1939,
S. 34 ff., wo auch 43 transkribierte (ausnahmslos politisch durchsetzte!)
Sprachproben aus dem "Lautdenkmal" abgedruckt werden. Martin schreibt hierzu:
"Durch das Entgegenkommen des Reichsbeamtenführers Hermann Neef ist
es möglich, kennzeichnende Stücke aus dem herrlichen Schatz des
"Lautdenkmal [sic!] reichsdeutscher Mundarten (...)" auszuwählen und
abzudrucken. Dieses Lautdenkmal (...) ist nach einer Idee von
Hauptabteilungsleiter Julius Vogel (RDB) als eine Gemeinschaftsarbeit,
an der sich die deutsche Mundartforschung (unter Führung des Deutschen
Sprachatlas) der Reichsbund der deutschen Beamten und die deutsche Technik
beteiligten, gestaltet worden. Die 300 Platten des Altreichs wurden 1938
in den Wochen des Anschlusses in Deutsch-Österreich und im Sudetenland
um weitere 100 ergänzt. (...) Die kennzeichnende Eigenart all dieser
Aufnahmen gegenüber früher gemachten liegt im wesentlichen darin,
daß sie an Ort und Stelle im unmittelbaren Lebensbereich der Sprecher
aufgenommen sind, Störungen und Aufregungen wurden dadurch ferngehalten.
Die Sprecher sind ferner unbeeinflußt geblieben, wir haben ihnen nicht
feste Texte vorgeschrieben. Schließlich zeigen diese Aufnahmen recht
anschaulich, wie die deutschen Volksmenschen sich mit der neuen Zeit unter
der Führung Adolf Hitlers auseinandersetzen. Sie sind zugleich politische
Urkunden unserer Zeit; man sieht infolgedessen auch sehr deutlich, wie das
Politische in die Mundart hineinwirkt, im Gefüge der Mundart Platz verlangt.
Ein Stück des Lebens der Mundart wird so vor uns ausgebreitet."
Das Lautdenkmal ist in Art und Aussagen ein Dokument seiner Zeit und,
wie auch zahlreiche mediale Produktionen der 30er Jahre, nur aus dieser
heraus zu verstehen. In politischer Hinsicht ist es auch im 21.
Jahrhundert als harmlos einzustufen; die für das LD befragten Sprecher/innen
haben es nicht verdient, nachträglich unter volksverhetzerischen
Generalverdacht zu geraten und kriminalisiert zu werden. Es wäre
grundfalsch, der interessierten Öffentlichkeit die Gesamtheit dieser
Geschichtsquelle vorzuenthalten; mündigen (und durchaus
kritikfähigen!) Bürgern und Wissenschaftlern wäre eine wie
immer geartete Quellen-Zensur in höchstem Maße abträglich
und kontraproduktiv.
3a) In meinen um 1974 mit Bernhard Martin geführten
Gesprächen war niemals die Rede von in seinem Besitz befindlichen
Lautdenkmal-Platten, noch erging eine diesbezügliche Information seitens
der Universitätsbuchhandlung N.G. Elwert, die nach Martins Tode Stücke
aus seinem Nachlaß abgab, und seitens meiner Sprachatlas-Kollegen,
die mit diesem Vorgang vertraut waren.
3b) Die als *.jpg eingefügte Abb. entstammt dem
erwähnten Beiblatt der Fa. Telefunkenplatte (freundlicherweise zur
Verfügung gestellt vom Inst. f. Sprechwiss. und Phonetik der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Januar 2003)
4) Reinhard MARKNER zeigt in seinem
Buch Rechtschreibreform und Nationalsozialismus (Göttingen 2000)
Parallelen zur Gegenwart: vgl. hierzu
die "Sprachbarrieren"-Diskussion (und das Abqualifizieren der Mundarten)
in den 70er Jahren und die gegen die mehrheitliche Volksmeinung wider besseres
(Fach-)Wissen für das öffentliche Sprachleben ab 2005 verordnete
Rechtschreibreform.
5) wohl bis zu Wilkings Dissertation (und wie ich aus
eigener Erfahrung als Marburger Student und der späteren dialektologischen
Arbeit bezeugen könnte); wie ich allerdings am 14. Januar 2002 von Bernd
WICHERT aus Roetgen erfahre, lief schon am 4.7.1981
im NDR eine Sendung über das
Lautdenkmal, zusammengestellt von Dr. Klaus AMANN
(der mich am 22.1. 2002 freundlicherweise über einige Details informierte).
Meines Wissens war (zumindest an der Uni Marburg!) die Sammlung niemals
Gegenstand der germanistischen Lehre; sie wurde (auch im Internet) aus
opportunistischen Gründen (oder: political correctness)
totgeschwiegen. Im Zusammenhang damit ist und bleibt interessant, wer die
"Rechte" an diesem so stiefmütterlich behandelten Werk besitzt. Dr.
Amann meinte in einem Telefonat, allenfalls könne das Deutsche
Reich in Frage kommen. Die an den Aufnahmen Beteiligten erhielten seinerzeit
von der "Telefunkenplatte" jeweils als Dank eine Schallplatte;
Verwertungsauflagen sind nicht bekannt und würden der Intention des
Werkes als "public domain" zuwiderlaufen.
Texte:
Hörproben
(alle textlich gekürzt, * = LD Österreich 1938; alle
Proben bearbeitet von Wolfgang Näser); alle zu mp3 encodiert,
am 1.5.2010 auch die vormaligen Real-Audio-Samples;
Neubearbeitungen ab Januar 2012). Wie das Beispiel
Hamburg-Finkenwerder LD 11) zeigt, kann eine von MP3-Basis ausgehende,
schmalbandige Realisation durchaus wirkungsvoller
ausfallen als eine
weitgehendlinear-breitbandige;
Pantenburg (LD 248) demonstriert, daß die von der 64kB-MP3-Sicherung
ausgehende wma-Fassung 1. klangschöner
und 2. ökonomischer (halbe Größe) ausfällt als
ihr Anfang 2012 auis der CD-Sicherung (*.wav) editiertes
mp3-Pendant.
Redaktionelle Änderungen vorbehalten.
Zu den Hörproben: Quelle sind 64kBps-*.mp3 aus einer
behelfsmäßigen CD-Sicherung der Abhör-Kopien von
Direkt-Bandumschnitten (also Kopien der Kopien) der Originalschallplatten;
bei den Neubearbeitungen (ab Januar 2012) die aus den (mittlerweile
12 Jahre alten) Sicherungs-Audio-CDs eingelesenen *.wav.
Ich habe ausgewählt nach a) Typ und Aussagekraft der jeweiligen
Mundart, b) Tonqualität, c) Inhalt, d) Varianz, e) didaktischer Eignung.
So verschieden wie Stimmklang, Tonfall, Akzent, Tonqualität sind auch
die Inhalte; weibliche und männliche Stimmen aller Altersgruppen aus
einer fremdgewordenen und dennoch unverarbeiteten Zeit künden von Dingen,
die vor 64 oder 65 Jahren aktuell waren und die Menschen bewegten. Ich habe
versucht, die mehr oder weniger stark gekürzten Proben nach einem
rezeptionsästhetischen Prinzip des prodesse et delectare zu
gestalten: das Anhören soll, wann immer möglich und wenn man das
überhaupt sagen kann, trotz des Alters und der teils mäßigen
Qualität so etwas wie Vergnügen bereiten und einen Zugang zur
jeweiligen Persönlichkeit erschließen.
*) hierzu auch: Meyers, Fritz: Stro'else Tüen auf Hitlers Obersalzberg?
: vom "Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten" und vom blau blühenden
Flachs. In:
Geldrischer
Heimatkalender 1994 (1993) S. 46-51
Stand: 14.8.2013