DER CASSETTENRECORDER

Gedanken zu seinem 25. Geburtstag

Von Wolfgang Näser, Marburg  [1988; mit Ergänzungen von 1997 ff.]

Basierend auf Vorarbeiten für eine ursprünglich 1983/84 geplante medientechnische Publikation, entstand mein Aufsatz in Vorbereitung eines im Oktober 1988 beim Volksbildungsring Arolsen gehaltenen Vortrags und zieht eine Summe aus den seit Mai 1959 mit Offenspulen- und seit ca. 1965 mit Cassettenrecordern gemachten applikativen und konstruktionellen Erfahrungen.

1988 ist der Cassettenrecorder 25 Jahre alt geworden. Die Firma PHILIPS hat ihn 1963 vorgestellt und in den Markt eingeführt. Damals hätte niemand zu glauben gewagt, daß aus der unscheinbaren Kompaktcassette ein milliardenfach und weltweit verbreiteter Tonträger werden würde, benutzt von Menschen aller Schichten und Altersstufen und fähig, Musik und Sprache in sehr hoher Qualität zu speichern. Kompaktcassette und High Fidelity sind schon längst nicht mehr unvereinbar. So konnte der Cassettenrecorder im Amateurbereich als "Konserven-Medium" weitgehend den Plattenspieler entlasten und in empirischen Wissenschaften (Angewandte Sozialwissenschaften, Psychologie, Linguistik) als Dokumentationsgerät sogar zum Forschungsinstrument avancieren.

Die folgenden Beobachtungen und Überlegungen basieren auf [1988] rund 29 Jahren Erfahrung aus dem Umgang mit Offenspulen- und Cassetten-Tonaufnahmegeräten - drei Dekaden einer recht wechselvollen Technologie-, Kultur- und Applikationsgeschichte. Ihre Innovationen waren überwiegend technologischer Natur, wirkten nur unzureichend auf Praxis und Anwender. Worte der Kritik sind also angebracht. In Anbetracht der langen Reifezeit, des erreichten Leistungsstandes und der Vielseitigkeit des Kompaktcassettenrecorders ist auch die Frage nach der Professionalität zu stellen. Das ELCASET-Verfahren wird ausgeklammert. Der Umfang dieser Betrachtungen gebietet eine Beschränkung auf das Wesentliche.

Auf dem europäischen Markt sind heute [1988] hunderte verschiedener Typen und Fabrikate von Cassettenrecordern, meist als Bausteine von HiFi-Anlagen (Tape Decks). HiFi-Geräte beginnen bei ca. 300 DM, die teuersten stationären HiFi-Cassetten-Decks liegen bei ca. 7.000 DM; mit 4,75cm/s Bandgeschwindigkeit kann in Stereo ein Frequenzgang von 20...22.000 Hz aufgezeichnet werden bei einer nutzbaren Dynamik von max. ca. 75 dB (Dolby C N.R.) und einer Spurbreite von nur 0,6mm. Der Übersprechungsabstand von Spur zu Spur beträgt max. ca. 40 dB. Bei einer Aussteuerung von "0 dB" ist mit einem Klirrgrad von (k ges) ca. 1% zu rechnen. Der Materialpreis für eine Kompaktcassetten-Tonaufzeichnung in HiFi-Stereo-Qualität bewegt sich bei ca. 5 DM/h (Chromdioxid) bzw. 8 DM/h (Reineisenbandqualität). Die für das Archivieren so wichtige sog. Kopierdämpfung ist mittlerweile auf max. 59 dB (TDK"SF") verbessert worden, das entspricht dem für Eisenoxid-Spulenband gültigen Maß.

Somit ist das Kompaktcassetten-Band zu einem ernstzunehmenden Archiv-Tonträger geworden und hat in bezug auf Kleinheit, Preiswürdigkeit und Zugriffsschnelle deutliche Vorteile gegenüber der "Offenspule" (open reel), wenn man neben der systembedingten Dropout-Gefahr und der Zartheit des Materials von dem Nachteil absieht, daß die nur 3,81 mm breiten, äußerst dünnen (C 90 = 12 µm) Cassettenbänder nicht zur editorischen Arbeit geschnitten werden können; hier kann man sich allerdings mit einem sog. (Hochgeschwindigkeits-Offenspulen-) Zwischenträger helfen. Für professionelle Zwecke stehen einige Recorder mit 9,5 cm/s Bandgeschwindigkeit zur Verfügung, z.B. der [1986] von DUAL gebaute "C 846". Dieser sehr komfortable und vielseitig konzipierte stationäre Cassettenrecorder verfügt außerdem über drei separate Präzisions-Tonköpfe (Löschen/Aufnahme/Wiedergabe) und den für exakten Bandtransport idealen Dual Capstan Drive mit zwei Tonwellen und Andruckrollen, zwischen denen das Band an den Köpfen vorbeiläuft. Diese Konstruktion gestattet es, auch ältere, an den Kanten wellige Bänder abzutasten und sogar auf den (zur Cassettenmechanik gehörenden) Andruckfilz zu verzichten, ein für konventionelle Bandabtastung sehr wichtiges, doch funktionsbedingt verschleißanfälliges und daher unzuverlässiges Bauteil.

Der Cassettenrecorder ist so selbstverständlich geworden, daß nur noch wenige Benutzer über seinen Aufbau und seine technischen Funktionen nachdenken; aus diesem Grunde wissen viele Anwender nicht, welche Möglichkeiten ihr Gerät bietet: man kann diesen Tatbestand mit der Nutzung von Personal Computern vergleichen. Und viele wissen auch nicht, daß der Qualitätssprung "nach oben hin", also auf das sog. High-End-Gebiet, einen unverhältnismäßig höheren Geldbetrag erfordert. Bereits mit relativ einfach konstruierten, sehr preiswerten Cassettenrecordern lassen sich schon beachtlich gute Aufnahmen erzielen. Deutliche Qualitätsunterschiede zeigen sich nur bei sehr anspruchsvollen Programm-Materialien; charakteristische Instrumente, dynamikreiche Stimmen und vor allem gemischte Klangkörper sind von ihrer tonlich-klanglichen Struktur her so schwierig, daß der von ihnen erzeugte, oft sehr komplexe, informationsreiche und differenzierende Schall nur mit allerbestem Gerät in originalgetreuer Weise aufzeichenbar ist; unter diese Instrumente fallen u.a. Geige, Cembalo, Klarinette und Sakralorgel. Die folgenden Ausführungen sind Hardware-orientiert, befassen sich daher mit Aufbau, Technik, Funktionsweise von Cassettenrecordern. Hierbei sind folgende Hauptgruppen (Basiskomponenten) zu berücksichtigen:

1. Gehäuse,
2. Außenanschlüsse,
3. Bedienungselemente und deren Ergonomie,
4. Netzteil,
5. 1. Mikrofonverstärker,
5. 2. Aufsprech-  und Wiedergabeverstärker,
6. Lösch- und  Vormagnetisierungsoszillator,
7. Rauschminderungssysteme (N.R. units),
8. Entzerrungssysteme (equalization),
9. Anzeigeverstärker und -einheiten (VU, Peak Meter),
10. Kopfhörer(od. Mithör-) Verstärker,
11. Pegelbegrenzer (Limiter) und Pegelautomatiken (ALC),
12. Tonkopfbestückung (L,A,W),
13. Laufwerksysteme und -komponenten.

Diesen konstruktionellen und funktionellen Komponenten gilt unser Augenmerk; die erzielten Fortschritte sollen hier ebenso Revue passieren wie in den 25 Jahren CR-Entwicklung begangene Fehler und Versäumnisse zu erwähnen sind.

Der (Kompakt-)Cassettenrecorder "schlechthin" war stets in erster Linie Konsum- und Freizeitgegenstand. Sein Werdegang kennt keinen Prototyp wie das legendäre "Magnetophon K 3"; 1963 ist die deutsche Tonbandtechnik schon 28 Jahre alt. An der Wiege des Cassettenrecorders stehen die hochentwickelten, praktisch ausgereiften Typen professioneller, semiprofessioneller und für den reinen Amateurgebrauch entworfener Spulentonbandgeräte. Schon 1949, nur 9 Jahre nach Erfindung der so entscheidenden HF-Vormagnetisierung durch BRAUNMÜHL und WEBER, wird anläßlich der 1. Tonmeistertagung das von Eduard SCHÜLLER beschriebene "stereophonische (Studio-)Magnetophon" vorgestellt; man arbeitet noch mit 76 cm/s Bandgeschwindigkeit. Im Jahre 1955 verarbeitet das GRUNDIG-Amateurgerät "TK 8" bei 19 cm/s und Zweispurbetrieb bereits, wie es in der Werbung heißt, "den gesamten Hörbereich" (hier: 40...16.000 Hz). Drei Jahre später ist es gelungen, mit nur 4,75 cm/s Bandgeschwindigkeit das 6,25 mm breite Tonband auf 4 nur 1 mm breiten Spuren mit einem Frequenzgang von rund 40...10.000 Hz zu magnetisieren; die damaligen TELEFUNKEN-"Magnetophone" der Typen "65 X" und "75" bis "77" besitzen schon "Ultra-Tonköpfe" mit nur 3 Mikron Spaltbreite. Es dauert etwa acht Jahre, bis der Cassettenrecorder bei gleicher Bandgeschwindigkeit und 1,5-facher Spurbreite gleichziehen kann. Weitere zwanzig Jahre später zeigt ein Blick auf die in HiFi-Geschäften ausgestellte Ware, daß durch Halbleiterintegration, Miniaturisierung und fertigungstechnische Innovationen auch der Cassettenrecorder einen tiefgreifenden Wandel erlebt hat.

1. Gehäuse und Layout

So sind beispielsweise im Gegensatz zu früher die Gerätegehäuse leichter, dünner, kleiner geworden. Dem Beobachter von 1988 bieten sich etwa folgende Eindrücke: Die Recorder sind fast ausnahmslos "profi-schwarz" lackiert; die, sofern vorhanden, wenigen Lüftungsschlitze an der Rückwand gestatten keine hinreichende Belüftung des meist zu schwach dimensionierten Netzteils, manche Geräte werden schon nach rund einer Stunde recht warm, es riecht nach Lack und Kunststoff. Die Gehäuse sind in der Regel nicht (mehr) verwindungssteif, können sich folglich verziehen, wenn man z.B. das Gerät an einer Ecke anhebt: dies kann interne mechanische Schäden hervorrufen oder an einem Platinenanschluß (z.B. zur Kopfhörerbuchse) zum Wackelkontakt führen. Bisweilen sind Bodenplatte oder Rückwand gar aus einer Kunststoff- oder Preßspanplatte gearbeitet (worunter die elektrische Abschirmung leidet). Die unbedingt zu fordernde Servicefreundlichkeit wird gravierend beeinträchtigt dadurch, daß bei vielen Geräten die Bodenplatte aus einem nicht demontierbaren Stück besteht und daher die meist waagerecht montierte Schaltungs(haupt)platine nicht von der Lötseite aus zugänglich gemacht wird, ohne daß man sie im Service-Fall von innen losschrauben muß (bei unvorsichtigem Service können Bauteile zerstört bzw. Kabel abgerissen werden). Innen zeigt sich, auch bei teuren Geräten, oft ein wahrer Kabel-Dschungel, und die wichtigen Tonfrequenzleitungen zwischen Anschlußbuchsen, Tonköpfen, Potentiometern und Platine(n) sind oft von minderer Qualität. Die Kabel sind meist in Wire-Wrap-Technik um die dünnen Platinenanschlußstifte gewunden, die Platine biegt sich leicht durch, ihre Leiterbahnen sind schmal und hauchdünn, die Bauelemente erscheinen winzig; oft meint man, die Transistoren mit der Lupe suchen zu müssen, ganz abgesehen von den noch viel kleineren Dioden; selbst die zur Betriebsspannungsgleichrichtung verwendeten sind winzig. Vergebens sucht man nach vernünftig dimensionierten Lade- und Siebelkos. Irgendwo stehen auf der Platine zwergenhafte Kleinleistungshalbleiter auf zentimetergroßen "Kühlblechen" (sie im Betrieb anzufassen sei nicht empfohlen!). Die für das Einmessen wichtigen Trimm-Potentiometer sind nicht immer leicht zugänglich, oft auch aus billigem Material. Hinten links, einsam in blechernem Niemandsland und auf dünnem Fundament, ein schwindsüchtiger Transformator, oft schräg montiert, wohl um das Streufeld zu verringern. Hier scheinen wahre "Schotten" am Werke gewesen zu sein. Die Rückwand ist z.T. so dünn, daß sie sich verbiegt, wenn in die Anschlußbuchsen Stecker eingeschoben werden. Modisch elegant präsentiert sich die Gehäuse-Vorderseite, hinter der sich das Cassetten-Laufwerk befindet. Hier befindet sich eine rechteckige Aussparung; in diese ist die Lade-Klappe eingepaßt, hinter der die Cassette vertikal in die Laufwerksführungen einrastet. Die meist aus Plastik bestehende, mit Cassettenführungs-Winkeln versehene Öffnungsklappe hat nicht genügend Stabilität (besonders hinsichtlich der Drehscharniere), um über mehrere Jahre hinweg sicher zu arbeiten. Das dünne Gehäuseblech ist nicht in der Lage, Laufwerksresonanzen zu absorbieren. Da hilft auch keine Wabenstruktur im dünnen Bodenblech. Die Aufstellfüße sind meist zu klein und zu hart, um eventuelle Resonanzen des Untergrundes (wie z.B. Trittschall, Lautsprechervibrationen) abfangen zu können. "Selbsttragend" sind derartige Gehäuse meist nur in geschlossenem Zustand; öffnet man sie, d.h. entfernt man z.B. den Deckel, besteht zwischen Front- und Rückseite nicht mehr der erforderliche Zusammenhalt (wichtig bei Wartungs- und Abgleicharbeiten). Nur wenige Geräte haben hier einen profilierten Steg. Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß die Gehäuse der zur Zeit hergestellten Recorder, auch teurer Geräte, abgesehen von ihrem gefälligen, aber unpraktischen Layout keineswegs den konstruktionellen Anforderungen genügen.

2. Externe Anschlüsse

Zu den Mindestanforderungen gehören:

a) Klinkenbuchse 6,3mm, Stereo, für Kopfhörer (phones)
b) Cinchbuchsen für Line in, 1 Paar
c) Cinchbuchsen für Line out, 1 Paar.

Immer mehr Geräte besitzen nur diese wenigen externen Anschlüsse; dem Käufer wird suggeriert, daß man heute keine Mikrofonaufnahmen mehr mit Cassettenrecordern macht. Besser, weil universeller, ist folgende Zusatzausstattung:

d) DIN-Buchse (alternativ schaltbar zu Line in/out)
e) Klinkenbuchsen 6,3mm für Micro L/R
f) DIN-Buchse (spezielle Norm) für drahtgebundene Fernbedienung (mindestens Start / Stop)
g) Netz-Eingang für sog. Euro-Stecker

Alle externen Anschlüsse sollten stabil genug sein, um häufiges Einstecken/Herausziehen der betr. Stecker schadlos zu überstehen. Die externen (Massekragen) und internen (Röhren und Kontaktfedern) Kontakte müssen korrosionsfrei sein; ein Goldoder gar Platinüberzug (wie bei sog. High-End-Geräten) ist nicht nötig, solange der Übergangswiderstand zwischen Buchsen und Steckerkontakten minimiert bleibt. Wichtiger sind Struktur und Langzeitkonstanz des sog. Dielektrikums zwischen Masse- und Innenkontakten einer Buchse bzw. eines Steckers; hier sollten nur hochwertige Materialien (z.B. Keramik oder Teflon) zur Anwendung kommen; außerdem darf es auch bei größerer mechanischer Beanspruchung (Verkanten) nicht zum Bruch des Dielektrikums kommen. Doch gerade in diesem Punkt wird bei vielen, auch teuren, Recordern gesündigt: das betrifft besonders die Auslegung und Materialbeschaffenheit der rückwärtigen Cinch-Buchsen (Line i/o), deren Außen- und Innenkontakte oft nur über schmale Leiterstücke direkt mit der Verstärkerplatine verbunden sind; die aus dünnem Plastik ausgeführte Buchsen-Montageplatte sitzt mit nur einer (manchmal sogar aus Kunststoff bestehenden!) Schraube an der Rückwand. Da hilft es wenig, wenn mit Vergoldung nicht vorhandene Buchsenstabilität vorgetäuscht wird. Nur in älteren Geräten gibt es noch Cinchbuchsen mit Keramik-Isolation; entsprechende DIN-Buchsen gab es nur in "grauer Vorzeit". Die besonders kontaktkritischen Mikrofon-Klinkenbuchsen gibt es nur ganz selten mit (Innenkontakt-) Goldauflage (z.B. TCD5M). Zusammenfassend läßt sich auch hier feststellen, daß von "Professionalität" nicht die Rede sein kann, auch wenn die großzügig gestalteten Prospekte der (meist japanischen) namhaften Hersteller diesen Eindruck zu erwecken suchen.

3. Bedienungselemente und deren Ergonomie

Nach immerhin 25 Jahren Cassettenrecorder-Technik sollte man annehmen, daß sich die Konstrukteure inzwischen einig sein sollten dahingehend, wie man einen hochwertigen Cassettenrecorder so konzipiert, daß sein Benutzer bei möglichst wenig Einarbeitungsaufwand und in bequemster Art und Weise einen optimalen Nutzen aus dem Gerät ziehen könnte. Das würde bedeuten, daß man auch mit einem sehr billigen, bescheidenen Gerät unter Ausnutzung aller gegebenen technischen Möglichkeiten optimale Aufnahmen erzielen würde, die ggf. sogar dem HiFi- oder Studiostandard nahekämen. Die Kunst der Tonaufnahme erfordert nicht nur fundierte Kenntnisse über die "Hardware" und deren Funktion, sondern mindestens ebenso ein hohes Maß an schöpferischer Improvisation. Funktionelle Plazierung und Konstruktion der Bedienungselemente bedingen das erfolgreiche Arbeiten mit einem (wie auch immer gearteten) Tonaufnahmegerät. Unter Bedienungselementen verstehen wir

1. Laufwerks-Funktionstasten,
2. Betriebsarten- und Funktions(um)schalter,
3. Reglerknöpfe,
4. Aussteuerungsanzeige(n),
5. sonstige (Betriebsarten-/Funktions-)Anzeigen,
6. Zählwerk.

(1) Gerade in der Gestaltung bzw. Konstruktion der Funktionstasten widerspiegelt sich der technologisch-ergonomische Fortschritt des CRs in den letzten 15 Jahren; der "typische" CR von ca. 1975 hat noch recht schwergängige Hebel-Tasten, wobei die Start-Taste beim Niederdrücken gleichzeitig den sog. Tonkopfschlitten in seine Arbeitsposition schiebt, wofür der Widerstand mindestens einer Rückhaltefeder zu überwinden ist, was schon so mancher Start-Taste das Leben gekostet hat; gebrochene Tastenhebel sind nur schwer zu ersetzen. Die Hebeltasten-Mechanik wurde wenig später ersetzt durch die sog. Soft-Touch-Technik: die kurzhubigen Tasten brauchen nur angetippt zu werden, der Kopfschlitten und andere Laufwerksteile (die z.B. für Schnellvor- und -rücklauf zuständig sind) werden durch rotierende Steuerscheiben bewegt, eine der Plattenwechsler-Mechanik entlehnte Lösung. Trotz der vielen Plastikteile mit meist sehr feiner Verzahnung sind Soft-Touch-Laufwerke in der Regel wenig störanfällig und langlebig, zudem arbeiten sie leise, benötigen geringste Betätigungskraft und keinen zusätzlichen Stromaufwand. Die etwa gleichzeitig (d.h. Ende der 70er Jahre) bei teureren Geräten aufkommende Full-Logic-Steuerung arbeitet lediglich mit Momentkontakt-Tasten; die Laufwerksfunktionen werden mit Hilfe eines (oder mehrerer) Anzugs-Magnete(n) realisiert (Solenoid-Technik): dies bedeutet in stromlosem Zustand (gegenüber dem rein mechanischen Laufwerk) einerseits Ausschaltung (mechanische Entlastung) aller Funktionen (auch und vor allem GA-Rollenandruck!) und volle Fernsteuerbarkeit, andererseits hohen (Gleich-)Strombedarf und beträchliche Erwärmung sowohl der Magnetspulen wie hochkarätiger Vorschaltwiderstände in der Solenoid-Stromversorgung. Zudem verursacht das meist ungebremste, schnelle Anziehen der Magnete ein mehr oder weniger lautes Geräusch, das besonders lästig wird, wenn z.B. mit CRs Live-Aufnahmen in ruhigen Räumen zu machen sind. Die meisten Full-Logic-Laufwerke verfügen systembedingt über einen nicht allzu exakten, doch umso lauteren Schnellstop (der aus editorischen Gründen nicht vernachlässigt werden darf!), wogegen der Schnellstop (Pause-Funktion) gerade) bei den alten mechanischen Hebeltasten-Laufwerken leise und möglicherweise sehr exakt arbeitet. Das Konzept, die Laufwerkstasten als Folien-Tasten auszulegen, hat sich zum Glück nicht durchsetzen können (vgl.z.B. Telefunken HC 800, HC 850). Neben ihrer mechanischen Wirkungsweise ist auch und vor allem die Anordnung der Tasten wichtig: sie sollten übersichtlich und unmißverständlich plaziert sein, so, daß auch ein Blinder mühelos mit dem CR umgehen könnte. Gerade in dieser Hinsicht wird bei aktuellen Geräten immer häufiger gesündigt, u.a. von so hochrangigen Firmen wie NAKAMICHI: das gilt auch für die sogenannten

(2) Betriebsarten- und Funktions(um)schalter, die entweder als Tasten, Hebel oder Drehknöpfe ausgelegt sein können. Man muß auf den ersten Blick ausmachen können, ob z.B. das DOLBY N.R. einoder ausgeschaltet ist und ob es auf "B" oder "C" steht oder welche Bandsortenentzerrung und/oder Bias angewählt worden ist; die kleinen Rast-Tasten vieler Geräte (z.B. NAKAMICHI-"Dragon") machen dies unmöglich. Besser sind die zwar etwas grobschlächtig aussehenden, doch funktionellen Hebeloder Knebelumschalter mancher japanischer Geräte. Mangelnde Eindeutigkeit der Funktionsanzeigen hat schon so manche Aufnahme im Keim verdorben.

(3) Das Gebot der Eindeutigkeit gilt natürlich auch für die meist nur wenigen Drehknöpfe an Cassettenrecordern: REC(ord)LEVEL, OUTPUT LEVEL (gilt für Line out und Kopfhörerausgang) und ggf. BIAS TUNE oder ACCUBIAS (regelt die Vormagnetisierung und optimiert den Betrieb einer individuellen Bandsorte der IEC-Typen I...III). Aus solidem Material und griffig sollten die Knöpfe sein, auf eindeutig beschrifteter Reglerskala und in bezug auf ihre Einstellung auch noch aus einiger Entfernung gut "abzulesen". Getrennte Regelbarkeit beider Stereo-Kanäle ist ein Muß: entweder mittels zweier gegeneinander verstellbarer Knöpfe oder über getrennte Pegelvorregler (REC (Volume) Preset). Schieberegler (neuerdings auch für BIAS TUNE) können ergonomisch besser sein. Wichtig ist, daß die von den Knöpfen oder Schiebern betätigten Potentiometer nicht schon nach relativ kurzer Zeit zu kratzen bzw. "krachen" anfangen, was bei einer Aufnahme den Regelvorgang zusätzlich "verewigen" würde. Die (digitalen Komfort vorwegnehmende) rein elektronische Volume-Regelung (z.B. in den neuesten REVOX-CRs) über "+/-"Tasten bietet Fernsteuerbarkeit, kratzt und schabt nicht, bedarf jedoch einer gut lesbaren digitalen (LCD- oder LED-) Anzeige. Sollte der Recorder (leider) nur über einen Tandem-Regler (für beide Kanäle) verfügen, muß über den gesamten Regelbereich hinweg ein sehr guter Gleichlauf gewährleistet sein: dies gilt besonders für den Fall, daß, etwa bei einer Live-Mikrofonaufnahme, aus- und eingeblendet wird; ein in beiden Kanälen ungleich abnehmender Beifall wirkt lächerlich. Leider sind, trotz bombastisch wirkender Reglerknöpfe, auch bei vielen teuren Recordern die zugehörigen Potentiometer nur sehr dürftig und aus billigem Material konzipiert; das gilt gleichermaßen für die Schalter: das, was sich hinter den luxuriös wirkenden Hebeln oder Knebeln im Geräteinneren verbirgt. Offenbar geht die Industrie davon aus, daß der "Kunde Normalverbraucher" sein Gerät wohl nie öffnen wird: wir werden darauf noch später eingehen.

(4) Von beinahe noch größerer Wichtigkeit sind vor allem für die ernsthaft betriebene Aufnahmepraxis die Anordnung, Gestaltung und Funktion(alität) der Aussteuerungs-Anzeige: hier kann konstruktionell alles richtig oder alles falsch gemacht werden, was dem Käufer eines u.U. sehr teuren Gerätes leider immer erst nach einiger Zeit bewußt wird. Die Aussteuerungsanzeige muß signalisieren, wie weit ich den entsprechenden Band-Typ aufmagnetisieren kann, bevor die hörbaren nichtlinearen Verzerrungen einsetzen. Die Anzeige muß deutlich lesbar sein, hinter blendfreier Abdeckung, dazu schnell ansprechen und den gesamten Audio-Frequenzgang verarbeiten, wobei die höchsten Frequenzanteile, die sog. Brillanzen, besonders wichtig sind; wie Aufnahmen (oder noch besser deren Kopien!) von Perkussion, Hackbrett, Cembalo, Harfe oder stark "sibilanter" Artikulation zeigen, kann ein Magnetband im Brillanzbereich schon unterhalb von "0 db VU" in die Sättigung gebracht werden, was zu unangenehmen Klangverfälschungen führt, da unter solchen Bedingungen ein /sch/ wie ein /f/ klingt, überhaupt das ganze Höhenspektrum verwaschen wirkt. Schnell muß die Anzeige reagieren, relativ langsam abklingen (fast attack, slow release), deutlich beschriftet und auch aus einiger Entfernung noch gut ablesbar sein. Nicht nur Durchschnittswerte (Volume Units), sondern auch Spitzenwerte (Peaks) sollten angezeigt werden. Die zu trägen Zeigerinstrumente erfordern hierzu eine "Peak"-LED-Anzeige; noch aus beträchtlicher Distanz ablesbar und zugleich meist hoch auflösend sind die sogenannten FL(uoreszenz)-Anzeigen, optimal die mit "Peak Hold"-Funktion: der Spitzenpegel bleibt für ca. 1 bis 2 Sek. in der Anzeige, ggf. als Warnung, etwas niedriger auszusteuern. (Anm. In bezug auf Integration(szeit), Vorlauf, Frequenzgangkorrektur, Eichung, Anzeige des Dolby-Pegels u.a. sei auf spezielle Literatur verwiesen).

(5) Komfortablere Recorder besitzen zusätzliche Betriebsarten-Anzeigen, meist durch LEDs, z.B. für N.R. ON/OFF, Limiter ON/OFF sowie den gewählten Bandtyp (IEC I...IV), bei einigen wird sogar der Bandlauf angezeigt, z.B. durch eine durchlaufende LED-Kette. Nötig sind derartige Anzeigen bei Autoreverse-Decks. Auch diese Anzeigen müssen deutlich erkennbar und ergonomisch plaziert werden; notfalls kann eine solche Anzeige den "Operator" davor bewahren, versehentlich ein Band zu löschen (REC angezeigt) oder mit falschem Bandfluß zu besprechen (Bandtyp angezeigt).

(6) Das Zählwerk führt in den meisten Cassettenrecordern ein eher stiefmütterliches Dasein als mechanische Komponente, die notgedrungenerweise "drin" ist und auf die der Käufer im Regelfall keine oder nur wenig Aufmerksamkeit verschwendet. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Zählwerkstypen: a) das von einem der beiden Wickelteller angetriebene, nichtlinear zählende, b) das linear nach ba) Zentimetern Bandverbrauch oder bb) vergangener Bandlaufzeit zählende (Real Time Counter). Letzteres bedingt eine ziemlich umfangreiche Steuerelektronik (Mikroprozessor) und in jedem Falle eine elektronische Anzeige (LEDs oder LCD), die nichtlinear zählende Ausführung kommt mit einem sehr einfachen mechanischen Werk aus; letzteres pflegt allerdings häufig defekt zu werden, weil bes. beim Reset einer der Rückstellhebelchen für die Zahlenwalzen abbrechen kann, wodurch das Zählwerk in bezug auf eine seiner wichtigsten Funktionen unbrauchbar wird, nämlich das Setzen der Anfangs-Nullmarke "0000" vor dem Start eines jeden neuen Bandes, auch in bezug auf die sog. Memory-Funktion, die nur in Pos. "0000" arbeitet. Jeder, der ernsthaft mit Cassettenrecordern umgeht, muß zur Band-Archivierung die einzelnen Programmteile mit den Zählwerksnummern markieren, um den Zugriff auf die Band-Teile zu erleichtern (unnötiges Umspulen schadet Geräten und Bändern!). Deshalb ist eine hohe Wiederkehrgenauigkeit ein konstruktionelles Muß; schlecht konstruierte Zählwerksmechaniken "verstellen" sich in der Regel bei häufigerem Vor- und Rücklauf mit demselben Band, eine beim Programmsuchlauf "normale" Betriebsart. Ideal für professionelles Arbeiten mit dem CR sind die sog. Real Time Counter, besonders wenn ihr Zähl-Mode von Zeitanzeige auf Meterverbrauch umschaltbar ist. Die Anzeige der verbleibenden Aufnahmezeit erleichtert die Planung dahingehend, ob ein bestimmter Programm(teil) noch aufzeichenbar ist; das ist bes. wichtig bei Live-Aufnahmen ("paßt die folgende Arie noch auf Seite 1?"). Leider existieren jedoch keine mit derartigen elektronischen Hilfen ausgestatteten Geräte, die mechanisch robust genug wären, daß man sie etwa zu Live-Aufnahmen unter "rauheren" Bedingungen einsetzen könnte. Aufwendigere Zählwerkselektroniken verbrauchen den Strom, der bei Batteriegeräten einen "Luxus" darstellen würde. Das gilt auch für die Aussteuerungsanzeigen; die althergebrachten Drehspulinstrumente sind eben am sparsamsten; trotz ihrer scheinbaren mechanischen Zartheit können sie in "professioneller" Ausführung auch hohe Beschleunigungskräfte vertragen. Allerdings benötigen schnell ansprechende Peak Program Meter eine Treiber-Elektronik, wenn auch mit geringerem Strombedarf als etwa der eines FL-Meters.

Grundsätzlich sollte noch ergänzt werden, daß bei den für harten Einsatz, z.B. Live-Aufnahmen im Außendienst konzipierten Recordern möglichst alle Bedienungselemente, also Tasten, Schalter, Reglerknöpfe usw., versenkt eingebaut sein sollten, um Abbrechen oder sonstige Beschädigung von vornherein auszuschließen. Ein annäherndes Beispiel bietet das semiprofessionelle Spulen-Reportagegerät SONY TC 510-2 (vgl. auch die NAGRA- und STELLAVOX-Geräte). Mir ist [bis heute, Anfang 2000!] kein vergleichbarer Cassettenrecorder bekannt, bei dem diese Forderung realisiert wurde.

4. Das NETZTEIL in Cassettenrecordern

Von diesem Funktionselement, ja allein schon von dessen Existenz, hat der durchschnittliche CR-Benutzer wohl kaum eine Ahnung, bekommt er doch ein Netzteil selten zu Gesicht, es sei denn, er ist bei der u.U. schon bald fälligen Reparatur zugegen, um dem Service-Mann über die Schulter zu schauen. Das Netzteil fristet ein ziemlich kümmerliches Dasein hinter meist zu dünnem Blech; der in aller Regel zu klein und schwach dimensionierte Transformator wird bereits nach einer Stunde Aufnahmezeit mit Chrom- oder Metallpigmentband fühlbar warm, wenn nicht heiß, und dieses "Feeling" teilt er mit den ebenfalls zu schwachen Siliziumdioden des Gleichrichterteils und den auf zu kleinen Kühlblechen (s.o.) montierten Längstransistoren und sonstigen Spannungsreglern, die geregelte Gleichspannungen von meist 16 und 12 VDC für Vorverstärker, Motor(en), HF-Oszillator, Laufwerks- und Anzeigecontroller zu liefern haben. Besonders gefährlich wird es, wenn Netztrafo und andere Netzteilkomponenten sich in direkter Nähe von Steuerelektroniken oder Verstärkerschaltungen befinden und diese durch Wärme- und Störstrahlung beeinträchtigen. Ein zu sehr belasteter Klein-Trafo hat ein umso stärker wirkendes elektromagnetisches Streu-Feld. Die meisten Netzteil-Schäden entstehen infolge der übermäßigen Bauteil-Erwärmung. Die meisten stationären Cassettenrecorder (Tape Decks) kranken an einem Netzteil in "Spar-Ausführung", dessen Dürftigkeit in keinem Verhältnis zum hohen Preis steht. Ein wahrer Luxus scheint schon darin zu liegen, wenn von "Dual Power Supply" gesprochen wird: hier finden sich jedoch nicht etwa zwei separate Transformatoren (für die Motor(en)- und Elektronikversorgung), sondern lediglich ein Trafo mit mindestens zwei verschiedenen Sekundärwicklungen. Hierdurch sollen Wechselwirkungen seitens der genannten "Verbraucher" weitestgehend eliminiert werden, was auch dann gelingt, wenn genug Überspannung anliegt, die in den Regelschaltungen "vernichtet" wird; andererseits jedoch werden derartig belastete Trafos schnell heiß. In den aufwendigen Tape-Decks wird zudem infolge der Solenoid-Technik mit leistungsstarken Anzugsmagneten viel unnötiger Strom verbraucht, dasselbe gilt für die aufwendigen Steuerlogik-Schaltungen der Laufwerke mit sehr hoch integrierten, verlustleistungsreichen ICs und Kleinleistungstransistoren. Das Mehr an Stromverbrauchsaufwand wird nicht durch höhere Netzteil-Leistung aufgefangen. Wichtig ist auch die Dimensionierung der Lade- und Siebelektrolytkondensatoren, kurz Elkos. Von deren elektrischer Güte hängt die Reinheit des zur Verstärkerspeisung gelieferten Gleichstroms ab, und von dieser Reinheit wiederum die Güte des u.U. über viele Stufen hinweg verarbeiteten Niederfrequenz-Signals. Auch in Vorverstärker-Stufen besteht bei überlauten Impulsspitzen (etwa in der Kopf-Aufsprechstufe) erhöhter Strombedarf, für den im Netzteil eine "Reserve" da sein muß, wobei sich im einfachsten und daher auch elegantesten Fall ausreichend groß dimensionierte Elkos anbieten, die dann ähnlich wie (gepufferte) Akkumulatoren wirken.

Sehr wichtig ist in bezug auf Langzeitstabilität auch die konstruktionelle Auslegung der Ein- und Ausschaltung; hier bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: entweder läßt man die Primärseite des Netztrafos dauernd unter Spannung und schaltet lediglich die Sekundär-, also die niederspannungsführende Seite, oder man schaltet vor der Primärseite, also im 220-Volt-Wechselspannungsweg. Letzteres gibt es in immer wenigeren Geräten, das hat seinen Grund darin, daß eine Schaltung der "Hochspannung" einen kräftigeren Schalter benötigt und dazu eine sog. Funkenlöschkomponente, die aus einem wechselspannungsfesten ("VDE"-)Kondensator (ca. 0.02 µF) oder besser aus einer Reihenschaltung von Kondensator und niederohmigem Widerstand (ca. 100 Ohm) besteht. Vorteil der primärseitigen Schaltung ist, daß der auf OFF stehende Recorder tatsächlich "aus" ist, während der sekundär "ausgetastete" dem Netz weiterhin Strom entnimmt, was ja überhaupt nicht nötig ist. Die Trafo-sekundär wirkenden Schalter können nun entweder vor oder hinter der Silizium-Gleichrichterbrücke zum Zuge kommen, im letzteren Falle also den reinen Gleichstrom schalten; selten wird der Schalter in die Masseseite der GL-Brücke eingeschleift. Diese Niederspannungsschaltung erfreut sich steigender Beliebtheit, weil die betreffenden Schalter, wie man meint, lediglich sparsamste Auslegung erfordern, und so finden sich hier, selbst in teuersten Geräten, die billigsten, einfachsten, schwächsten Ausführungen, und man fragt sich, warum hier das Netzteil bis hin zur Gleichspannungsabgabe ständig durchlaufen muß. Der Benutzer weiß von alledem freilich nichts, wenn er vor der vierwöchigen Urlaubsreise sein Gerät ausschaltet (wie er meint) und dessen Netzstecker nicht aus der Dose zieht. Sollte nun unglücklicherweise in der Netzteilschaltung bis hin zur GL-Brücke ein Kurzschluß auftreten und das Gerät in der verlassenen Wohnung einen Brandschaden verursachen, so zahlt bestimmt nicht der Hersteller für das entstandene Malheur, und der Verbraucher hat wieder einmal das Nachsehen. Wie bei durchdachter Auslegung (separate Trafowicklungen und Gleichrichter!) auch ein CR-Netzteil auf verlustreiche Spannungsregler und auch auf stromfressende Längswiderstände verzichten kann, scheint im detailabgewandten, schnellebigen Zeitalter digitaler Elektronik den Konstrukteuren entfallen zu sein.

Ebensowenig wurde (im Gegensatz zur Computerbranche) erkannt, daß die Stromnetze immer "schmutziger" werden und wie stark die auf ihnen transportierten Rundsteuer- und sonstigen Nachrichtenimpulse die verschiedensten CR-Netzteile "infiltrieren" können. Ein geeignetes Netzfilter würde den HiFi- oder (semi-)professionellen Recorder lediglich um ca. 50-100 DM verteuern. Sehr wenig "professionell" ist auch der Umstand, daß die meisten - auch sehr teure - Recorder ungeerdet durch ein fest montiertes, zweiadriges dünnes Kabel per "Euro-Stecker" mit dem Netz verbunden werden. Service- und Studioleute schätzen es wenig, wenn am oft zu transportierenden Gerät ein Kabel baumelt; die billigste Netz-Einbaubuchse (Euro, 2-Pol) kostet im Zubehörhandel rund 1 DM. In sog. High-End-Kreisen macht man sich hierüber keine Gedanken, formuliert man statt dessen eine Theorie, nach der ein Gerät besser "klingt", wenn man dessen Netzstecker umpolt oder einen sog. "Magischen Würfel" oberhalb des Netztrafos auf das Gehäuse legt.

5. Aufsprech- und Wiedergabeverstärker

5.1 Mikrofonverstärker

Die hier zu besprechende Komponente ist bei immer weniger modernen CR-Decks vorhanden; man sucht vergeblich die früher üblichen 6,3-mm-Klinkenbuchsen für "Micro L/R"; einzige Eingänge sind zumeist die beiden Cynch-Buchsen "Line in L/R". Man redet dem Kunden ein, daß es aus der Mode gekommen sei, noch eigene Mikrofonaufnahmen zu machen, und daß der CR eigentlich dazu da sei, Musik in höchster Qualität aus dem Tuner oder von der Schallplatte oder besser der CD zu überspielen sofern letzteres überhaupt gelingen kann, ist doch der CR inzwischen von so anspruchsvollen Fachmessen wie der HIGH END fast völlig verschwunden, weil man ihm die "High-End-Tauglichkeit" quasi abgesprochen hat; der CD-Player ist zum audiophilen Maß aller Dinge geworden. Was soll da noch die "laienhafte" eigene Live-Mikrofonaufnahme? Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß wenigstens zwei der neuen DAT-Recorder, und zwar der stationäre Grundig-"Fine Arts" und der (seinerzeit über 4.000,- DM teure) portable SONY TCD-D10 (links), Mikrofon-Klinkenbuchsen (re. unten: SONY-Eingänge) aufweisen, ersterer sogar für hochwertige Studio-Kondensatormikrofone wie z.B. die Sennheiser-MKH-Serie mit Phantomspeisung. DAT-Recorder sollen also plötzlich wieder zu eigenen Mikrofonaufnahmen anregen, und das Mikro rückt erneut in den Interessenkreis des zumindest fortgeschrittenen Amateurs; oder hat man an den "Profi" gedacht? Andererseits könnte man vermuten, daß der "Fine Arts" dann wohl eher als semiprofessionelles Gerät zu denken ist; für den aufwendig konstruierten und sehr robusten SONY TCD-D10 kann man das allemal behaupten.

Kehren wir zurück zum eigentlichen Thema. Wenn schon in einem CR vorhanden, sollte der Mikrophonverstärker bestimmten konstruktionellen Mindestanforderungen genügen: es sind dies

> Übersteuerungssicherheit,
> linearer Frequenzgang über den gesamten Hörbereich,
> hoher Störabstand und
> genügend hohe Eingangsimpedanz.

Der Mikrofonverstärker als erstes Glied der u.U. langen Verstärker-Kette muß besonders hochwertig sein, da sich ansonsten die hier entstehenden Klangfehler bis hin zur Aufmagnetisierung des Bandes fortpflanzen oder gar noch verschlimmert werden. Vor allem die Eingangsimpedanz und die Übersteuerungssicherheit sind wichtig, dazu sollte noch eine gewisse Empfindlichkeit treten, so daß eine Verstärkung von mindestens 20 dB anzusetzen wäre, anderenfalls hätte man nicht genügend Empfindlichkeit, um einigermaßen rauschfrei auch die leisen Mikrofonsignale etwa klassischer Musik im ppp-Bereich mitschneiden zu können; andererseits muß der Mikrofoneingang die harten Spitzenimpulse eines nahaufgenommenen Cembalos, einer Jazz-Formation, eines Blasorchesters oder Konzertchores ertragen, ohne ins Klirren zu geraten oder den Klang zu verfärben; letzteres kann bereits aufgrund einer Mikrofon-Fehlanpassung am Eingang geschehen. In bezug auf Rauschfreiheit sind an den Mikro-Verstärker dieselben strengen Anforderungen zu richten wie etwa an die sog. MC-Vor(vor)verstärker in hochwertigen HiFi-Vor- oder -vollverstärkern; entsprechend gute Si-Transistoren wie etwa der BC 550 stehen bereit; auch Feldeffekttransistoren wie etwa der MPF 102 und seine Nachfolger lassen sich verwenden. Für professionellere Zwecke sollte ein schaltbarer Abschwächer (attenuator) vorhanden sein mit -20 dB Empfindlichkeitsreduktion für extrem laute Schallquellen; noch besser wäre eine regelbare Gegenkopplung. Bereits im April 1967 hat die Firma VALVO entsprechende Schaltungskonzepte für den BC 108 vorgestellt, die noch heute allen High-End-Anforderungen gerecht würden. Es muß nicht XLR sein! Für semiprofessionelle Zwecke genügen Klinkeneingänge, über die sich mit Eigenbau-Adaptern wie dem von mir Anfang 1987 erstellten (Bild links) ohne Qualitätsverlust sogar Einkabel-Zuleitungen mit DIN-Steckern betreiben lassen.

5.2 Aufnahme(=Aufsprech-)verstärker

Der A. erstreckt sich in seinen Stufen vom sog. Line-Eingang bis zu jenem Punkt, von wo das genügend verstärkte und linear verzerrte NF-Signal über die sog. Aufsprechleitung in den Tonkopf eingespeist wird. Unter linearer Verzerrung versteht man hier eine definierte Anhebung der NF-Spannung von den Tiefen bis hin zu den höchsten Brillanzen, also eine ansteigende "Schneidkennlinie" ähnlich wie im Schneidverstärker eines Schallplattenaufnahmegerätes. Mittels einer bestimmten Normen entsprechenden und für die jeweiligen Bandsorten optimalen Entzerrung muß ein Bandfluß erzielt werden, der das jeweils verwendete Band bis zur Sättigungsgrenze bei minimalem Klirrfaktor so magnetisiert, daß bei Wiedergabe ein linearer Frequenzgang bei unverfärbtem Klang entsteht; dieser geforderte Bandfluß ist bei nur 4,75 cm/s Bandgeschwindigkeit und 0,6 mm Spurbreite (Stereo) weitaus schwieriger zu erreichen als bei 38 cm/s auf Vollspurband, also auf einer ca. 83mal größeren Speicherfläche. Dort, wo die Nf in den Aufnahmekopf gelangt, muß ein bestimmter Betrag von Vormagnetisierungs-HF hinzugemischt werden. Die Hochfrequenz und die sie quasi "modulierende" NF ergeben im Optimum den gewünschten Bandfluß. Die Aufnahmeentzerrung (equalization) erfolgt in der entsprechend konzipierten Aufsprechstufe mittels frequenzabhängiger Gegenkopplung. In die Aufsprechleitung ist ein Widerstand von etwa 10 kOhm einzuschleifen, damit der Aufnahme-Kopf frequenzunabhängig mit NF-Spannung versorgt wird; zur Höhenanhebung kann man diesen Längswiderstand mit einer geringen Kapazität von ca. 330-470 pF überbrücken. Die Aufsprechstufe muß genügend Spannung abgeben bei minimalem Klirrfaktor und auch starke NF-Impulse verzerrungsfrei verarbeiten . Besonders hochwertige Recorder besitzen Aufsprechstufen in Gegentaktanordnung; auch der Lösch- und VM-Oszillator ist hier in Gegentakt geschaltet. Mindestens 3 verschiedene, nach IEC genormte Bandsorten sind in bezug auf VM-Strom und Entzerrung vorzusehen, optimal ist eine stufenlose Regelung des VM-Stromes (BIAS) mit hoher Wiederkehrgenauigkeit. Dieses sog. Accubias-System arbeitet mit einer Regelung der Betriebsspannung des Lösch- und VM-Oszillators an der Basis der Steuerstufe eines Transistorspannungskonstanters; diese Regelung ist insofern elegant, als damit nicht in den isolationsmäßig äußerst heiklen Hochfrequenz-Signalweg eingegriffen wird. In diesem befinden sich dann höchstens zwei, möglichst keramische, Trimmkondensatoren von ca. 200 Picofarad oder lineare Trimmpotentiometer von ca. 100 kOhm, die zur Einstellung eines für alle IEC-Bandtypen geltenden VM-Mittelwertes dienen (Accubias-Mittenstellung "12 Uhr"). Das heute in jedem stationären (und auch portablen hochwertigen) CR anzutreffende Rauschverminderungssystem wird an passender Stelle in den Verstärkerzug eingeschleift. Im Falle getrennter Aufnahme- und Wiedergabeverstärker sind pro Kanal zwei exakt angepaßte Rauschminderungsbausteine (Dolby-Schaltkreise) nötig, die in der Regel als ICs realisiert werden. Die Güte dieser NR-Units prägt entscheidend die Qualität der CR-Aufnahme und -wiedergabe; falsch dimensionierte bzw. eingestellte Dolby-Einheiten bzw. ein falsch bemessener Dolby-Pegel sorgen für irreparable Klangverfälschungen. NR-Units müssen ein- und ausgangsseitig angepaßt sein und dürfen kein zusätzliches Klirren hervorrufen; bei dem geforderten Verstärkungsfaktor von 1,0 der NR-Units darf zwischen Dolby ON und Dolby OFF keine Signalspannungsdifferenz am Ausgang bestehen. NR-Units müssen weich einsetzen und dürfen nicht "pumpen".

Irgendwo im A-Verstärkerzug befindet sich die Aussteuerungs-Regelung (Rec. Volume Control); je weiter vorn, desto besser: es hat nämlich keinen Sinn, eine ungeregelte Eingangsstufe mit einem unzumutbar starken Pegel einzuspeisen und dann irgendwo später das bereits stark verzerrte Signal zu regeln. Optimal wäre eine kombinierte, an zwei verschiedenen Stellen des Verstärkerzuges wirkende, Lautstärkeregelung in Gestalt eines koaxialen Vierfach-Potentiometers, wie es inzwischen in einigen besonders hochwertigen High-End-Verstärkern anzutreffen ist mit dem Resultat minimaler Verzerrungen und minimalen Rauschens. Doch offensichtlich scheuen die Hersteller, selbst in teuersten Recordern, die relativ bescheidene Mehrausgabe von ca. 20 DM, was absurd erscheinen muß. Ein Vierfach-Potentiometer hoher Qualität (mit korrektem "Gleichlauf" aller vier von derselben Achse betätigten Reglerebenen!) würde nämlich viel eher passen zu den oft übertrieben luxuriösen Reglerknöpfen; auch mit Schiebereglern ließe sich diese Konzeption realisieren, und zwar durch je ein Stereo-Tandempoti pro Kanal, was vom Gleichlauf her sogar einfacher wäre.

Vor bzw. hinter der eigentlichen Aufsprechstufe (s.o.) verästelt sich der Schaltungsweg: die NF geht a) zum Kopfhörerverstärker, b) zur Aussteuerungsanzeige, c) zur Aufsprechstufe oder -leitung. Dies geschieht über sog. Entkopplungswiderstände; deshalb muß an diesem "Knotenpunkt" genügend Spannungsreserve vorhanden sein. Eine Reihe von CRs koppeln den Kopfhörer über einen Anpaß-Trafo direkt an die Aufsprechstufe; werden Kopfhörer und VU-Meter parallel von derselben Stufe abgekoppelt, geht die VU-Anzeige zurück, sobald sehr niederohmige Kopfhörer angeschlossen werden. Deshalb ist ein separater Kopfhörerverstärker erforderlich, der leistungslos an die Aufsprechstufe (oder an einen anderen Punkt des A-Verstärkers) gekoppelt wird. Die Aussteuerungsanzeige (optimal mit eigenem Verstärker) muß dort angeschlossen werden, wo bereits das für die Aufmagnetisierung "verzerrte" Signal anliegt, damit die hinsichtlich der Band-Sättigung besonders kritische Höhenanhebung in die Anzeige eingeht. Konstruktionell muß ein Kompromiß geschlossen werden zwischen der für ausreichende Signalanhebung und -entkopplung nötigen Verstärkung und einer Beschränkung der Verstärker-Stufenzahl, weil mit wachsender Stufenzahl die Gefahr potentieller Klangverfärbung steigt; es zeichnet gerade die "puristischen" Verstärker aus, daß sie bes. wenig Stufen besitzen und dazu noch auf jegliche Gegenkopplung verzichten; in den 30er Jahren galten die reinen Triodenverstärker als besonders klangrein und verzerrungsarm, weshalb man später, in den 50er und 60er Jahren, dieses Prinzip neu belebte. 20 Jahre später versuchte man durch direkte (galvanische) Kopplung von Stufe zu Stufe die möglichen Phasenverschiebungen und Klangverfärbungen zu eliminieren. Daneben galt der sog. Class-A-Betrieb als verzerrungsminimierend. Realisiert man auch im Aufnahmeverstärker die Class-A-Technologie zusammen mit uneingeschränkt galvanischer Kopplung, so muß der Verstärkerzug vor Schäden durch extreme Spannungsspitzen geschützt werden.

Beim Studium der Schaltungsunterlagen fällt auf, daß sich in den vergangenen rund 15 Jahren am A-Verstärker-Schaltungskonzept kaum etwas geändert hat, sieht man ab von rein technologischen Fortschritten wie der Verwendung neuerer Transistor- oder IC-Typen. Darin mag auch begründet sein, daß man bis heute (1988) den Klirrfaktor von A-Verstärkern (bei 0 dB VU) nicht wesentlich unter 1% senken konnte und daß im vergangenen Jahrzehnt keine nennenswerten klanglichen Verbesserungen auf dem CR-Sektor erzielt wurden, wenn man von den jeweiligen Spitzengeräten ausgeht. Andererseits gibt es noch heute von Gerät zu Gerät bemerkenswerte Unterschiede in bezug auf die optimale Aufmagnetisierbarkeit bestimmter Bandmaterialien; wird dieselbe hochwertige Chrom- oder Reineisenbandcassette in 10 verschiedenen Oberklasse-Recordern mit demselben Programm-Material bis 0 dB VU bespielt, wird die anschließende Wiedergabe aller Bänder auf ein und demselben Gerät möglicherweise unterschiedliche Spitzenspannungen ergeben; auch wenn alle 10 verschiedenen Geräte in puncto VU-Spannungsanzeige exakt identisch sind (was ab Werk wohl nie der Fall sein wird). Woher kommt das, wird der erstaunte Kunde fragen (wenn er einen solchen Test überhaupt machen darf, ohne vom Verkäufer hinauskomplimentiert zu werden). Nun, das kommt eben von der oft unzureichenden Auslegung der so wichtigen Aufsprechstufe und der nicht optimalen Bias-Grundeinstellung. Es lassen sich unter Umständen ca. 3-6 dB an MOL (maximum output level) durch Optimierung dieser Parameter erzielen, d.h. in praxi eine Verbesserung des Rauschabstandes und der Übersteuerungssicherheit um denselben Wert.

5.3 Wiedergabeverstärker

Der W. ist in bezug auf seine Funktion eine Art Negativkopie bzw. ein Spiegelbild des A-Verstärkers; auch hier finden sich Komponenten bzw. Stufen, in denen nicht nur verstärkt, sondern auch "entzerrt" wird, auch hier wird an passender Stelle die schaltbare NR-Unit eingeschleift, auch hier wird in Richtung auf Aussteuerungsanzeige und Kopfhörer(verstärker) abgezweigt, und die Eingangsstufe hat es mit derselben extrem niedrigen Signalspannung zu tun, wie sie etwa ein Mikrofon- oder gar MC-Verstärker zu verarbeiten hat. Die Wiedergabe-Lautstärke wird intern (Platine) so eingetrimmt, daß bei normgerechtem Bandmaterial und sortentypisch optimiertem Aufnahme-Bandfluß) der Wiedergabe-Vollpegel in der VU- und/oder Peak-Anzeige mit dem der Aufnahme übereinstimmt. Unabhängig von dieser Anzeige haben manche Recorder eine separate externe Output Level Control, die sowohl auf die LINE-OUT-Buchsen wie den Kopfhörerausgang wirkt. Der W-Verstärker ist kaum zu übersteuern, da von der Tonquelle (dem Tonkopf) her keine überraschenden Spannungsspitzen zu erwarten sind: diese sind bereits durch die Aufnahme-Aussteuerung "entschärft" worden. Dem W-Verstärker wird also ein begrenztes Signal angeboten; ein totaler Verzicht auf L-Regelung bedeutet möglicherweise Dynamik-Gewinn, wenn man vom potentiellen Rauschen eines Regelwiderstands ausgeht. Eine solche Schaltung muß gut durchdacht sein, damit sie nicht in wildes Schwingen gerät; dies kann schon durch schlampige Verteilung von Massepunkten geschehen. Die Massepunkte können auch den Signalweg mehr oder weniger stark "verbrummen"; da helfen dann auch keine Super-Kondensatoren im Netzteil; Gleiches gilt natürlich bes. für den A-Verstärker; ein verbrummender A-Verstärker verdirbt die Aufnahme unrettbar, ein brummiger W-Verstärker legt es nahe, das Band auf einem anderen Gerät mit besserem Resultat abzuspielen. Das leidige Brummen schleicht sich meist in die erste oder zweite Stufe ein, wo es auf ein nur schwaches Nutzsignal trifft, um es zu überlagern. An späterer Stelle, wo Signalspannungen von einigen hundert Millivolt anliegen und Ein- und Ausgänge niederohmiger sind, vermag die Störspannung weniger auszurichten, sie hat es mit einem wesentlich stärkeren Gegner zu tun.

Bei den meisten Cassettenrecordern handelt es sich um Zwei-Kopf-Geräte; aufgrund ihres für Aufnahme und Wiedergabe gemeinsamen Tonkopfes haben sie im Regelfall einen ebenso für beide Betriebsarten gemeinsam konzipierten Verstärker; das sind zwei Kompromisse auf einmal. In der Praxis können diese Kompromisse jedoch, Hand in Hand, zu erstaunlich guten Ergebnissen führen, weshalb mit den teureren Dreikopfgeräten und ihren getrennten Aufnahme- und Wiedergabeverstärkern oft nur bescheidene Qualitätszuwächse verzeichnet werden. Das bedeutet ca. 3-5 dB höheren Störabstand und u.U. keine Klangverbesserung trotz des hohen Aufwandes, aber den Vorteil des vergleichenden Kontroll-Abhörens vor und hinter Band, besonders bei aufwendigen und kritischen Live-Aufnahmen und bearbeiteten Kopien ein großes Plus.

Beide, Aufsprech- und Wiedergabeverstärker, sollten IEC-kompatibel sein, d.h. optimale Resultate mit den IEC-gerechten Cassettenbändern liefern. Die Tatsache, daß über 1.000 DM teure Cassettenrecorder wegen mangelhafter IEC-Kompatibilität und Werkseinstellung in Spezialwerkstätten oder gar beim Hersteller nachträglich kundenspezifisch "eingemessen" werden müssen, ist heute, nach über 25 Jahren Cassettenbandtechnik, ein Unding. Ein wenig lächerlich erscheint auch die Idee, zur Höhenanhebung den W-Verstärker mit einer schon von den Rundfunkgeräten der 30er Jahre bekannten "Tonblende" auszurüsten und diese Neuerung als "Play Trim" zu verkaufen.

Mikrofon-, Aufnahme- und Wiedergabeverstärker sollten, in Verbindung mit der Aussteuerungsanzeige, die Qualität und Präzision eines professionellen Tonfrequenz-Millivoltmeters aufweisen. Man könnte noch die Frage stellen, was denn kritischer zu realisieren sei beim CR-Betrieb, Aufnahme oder Wiedergabe; das gilt auch und gerade für den Kopiervorgang. Die Antwort ist klar: natürlich die Aufnahme, die, wie wir gesehen haben, auf 3,81 mm breitem Band, mit nur 4,75 cm/s und auf nur 0,6 mm breite Spuren um vieles schwieriger wird als die Vollspur- oder Stereoaufzeichnung mit 38 cm/s unter Studiobedingungen. Bei der Aufnahme werden ganz entscheidende, individuelle Parameter gesetzt, die nur schwer oder gar nicht zu korrigieren sind, vor allem Klirrfaktor, Störspannungsverhältnis und Gleichlauf. Was in einer schlecht konstruierten Aufsprechstufe oder aufgrund einer mangelhaften "Schneidkennlinie" verdorben wurde, bleibt für immer unvollkommen. Für die Wiedergabe gelten weniger strenge Gesetzlichkeiten. Eine optimale Aufnahme wird auf vielen verschiedenen Geräten gut klingen. Einen hervorragenden Beweis liefert die Walkman-Technologie, für mich eine der wichtigsten Innovationen auf dem CR-Wiedergabesektor. Man nehme: einen SONY-"Walkman" WM 34 zum Preise von (Anfang 1988) nur 59 (!) DM, ein Stereo-Abspielgerät mit DOLBY B (!) und Stereo-Kopfhörer. Man lege eine gute DOLBY-Cassettenaufnahme, meinetwegen sogar ein Orgel- oder Cembalokonzert, in den (verborgen aufgestellten) WM 34 und koppele das Gerät via Adapter an eine gute HiFi-Anlage; sodann führe man einige Freunde oder Bekannte in den Hör-Raum, starte die Wiedergabe und genieße mit ihnen die Darbietung. Oder: man kopple einen guten Studio-Kopfhörer an den Walkman-Ausgang. Man lasse einige unvoreingenommene, hör-unverbildete Personen in das Kleingerät hineinhören. Wenig Mühe, um die Überheblichkeit ad absurdum zu führen, es gehe nur ab einer Preisklasse von DM 3.000,.

Ein Wort noch zu Aufbau und Verkabelung des Verstärkerteils, zumal ja in sog. Fachzeitschriften wie AUDIO, STEREO(PLAY), HIFI VISION u.a. viel darüber philosophiert und in Hör-Sitzungen ausgetestet wird, wie und warum sich bestimmte Verstärker klanglich unterscheiden, obwohl ihre elektrischen Daten fast oder völlig identisch sind. Selbstverständlich ist ein klar gegliederter, sauberer Aufbau mit kurzen, voneinander getrennten Verbindungskabeln elektrisch sicherer als ein chaotischer Drahtverhau, wie man ihn des öfteren besonders in japanischen Nobel-Geräten antrifft. An kritischen Punkten ist durch Verdrosselung, Verblockung, Kammerung oder sonstige Abschirmung dafür zu sorgen, daß keine Hochfrequenz in die Schaltung eindringt bzw. diese in wildes Schwingen gerät.

Optimal ist ein modularisierter Aufbau; auf jeweils einer sog. Steck-Karte befinden sich die Mikrofonvorstufe(n), A-Verstärker, NR-Schaltkreise, der Löschoszillator usw.; dies erleichtert den Service und ein späteres "Updating" bestimmter Funktionsbausteine. So strukturiert sind nur wenige Recorder wie z.B. der REVOX B 710. Wichtig ist, daß durch die "Architektur" der Elektronik, damit die Anordnung von Bauelementen (z.B. "Kammerbauweise", auch in der Abschirmung von Streufeldern), das Platinenlayout sowie Gruppierung, Art und Qualität von Steckverbindungen der Signal-/Störabstand und die Betriebssicherheit des Verstärkerteils mitbestimmt werden. Der lieblose Schaltungsaufbau der meisten (auch teuren) Recorder verrät allerdings wenig ingenieurmäßiges Nachdenken über die genannten Aspekte; es scheint absurd, wenn im professionellen Bereich, besonders aber in der High-End-Szene, fieberhaft über Vorverstärkerkonzeptionen à la BURMESTER sinniert wird, mit den erbauten Wunderwerken dann aber Signale "abgeschmeckt" werden, die aus schlampigen CR-Elektroniken stammen.

An der mehr oder weniger "akademischen" Frage nach den zu verwendenden Audio-Kabeln scheiden sich die Geister; es gibt "High-Ender" wie Alfred RUDOLPH, der mit monströsen Koaxkabeln wie dem "Giga-Saurus KS" zu einem Meterpreis von rund DM 500,-- selbst zwischen dünnen Leiterbahnen von Verstärkerplatinen Klangrevolutionen herbeiführen will. Andere propagieren sog. O(xygen)F(ree)C(opper)-Kabel mit einer Materialreinheit von nahezu 100 % in Schaltungswegen z.B. vom Tonkopf zum W-Verstärkereingang. Ähnlich wie für Lautsprecherkabel postuliert, sollen auch im Vorverstärkerbereich verschiedene Kabel individuell "klingen". Es steht außer Frage, daß man bei abgeschirmten Kabeln auf gutes, langfristig beständiges Dielektrikum, daß man auf gute Kontaktgabe und Lötverbindungen achten sollte, ansonsten dürften die erwähnten Kabel- und anderen Materialideologien weitgehend dem Reich der Träume entschlüpft sein. Man denke einmal an die hervorragenden Live-Mitschnitte von Rundfunk und Fernsehen und an den fast unentwirrbar scheinenden Wust von -zig Meter langen Kabeln zwischen polymikrofonalen Aufbauten, Zwischenübertragern und Ü-Wagen. Wie mag es dort wohl bestellt sein um die gefürchteten Kapazitäten, die "Höhenkiller", um Phasendrehungen, Kontaktübergänge, alles Feinde des "analytischen", des "durchhörbaren" Klangbildes? Nach einer anderen Theorie soll eine Art von "Mikrofonie" entstehen durch mechanisches "Schwingen" der Beläge eines hermetisch abgeschlossenen, fest im Gehäuse vergossenen (!) Koppelkondensators. Klingt ein Folien-C besser als etwa ein Tantal- oder Elektrolytkondensator? Es wäre schlimm, wenn unbewiesene, dogmatische Behauptungen Eingang fänden in den professionellen Tonaufnahmesektor.

6. Der Lösch- und Vormagnetisierungsoszillator

Dieser CR-Baustein ist eigentlich ein Sender im kleinen; er arbeitet auf Langwelle und erzeugt eine HF im Bereich von ca. 85 bis 1oo kHz bei allerdings verschwindend kleiner Leistung. In den meisten Cassettenrecordern genügt hierzu ein Vorstufen- oder Kleinleistungstransistor. Wie bei jedem Sender wird die HF in einem Schwingkreis erzeugt; dieser ist so klein geraten, daß man in manchen Recordern Mühe hat, den Oszillator als solchen zu erkennen. Der Oszillator erfüllt gleichzeitig zwei verschiedene Aufgaben: zum einen, den Löschkopf mit einer ausreichenden Menge an HF für den Löschvorgang zu versorgen, zum anderen, eine genau dimensionierte HF-Spannung zur Vormagnetisierung des Bandes auf den Sprech- bzw. Kombikopf zu geben. Bezüglich des Löschkopfes hat sich allerdings seit 1975 einiges geändert, denn das Reineisen- oder Metallpigmentband hat die bisherigen drei IEC-Typen I (Eisenoxid), II (Chromdioxid) und III (Ferrochrom-Zweischichtenband) um den Typ IV ergänzt, der eine Besonderheit darstellt: die Koerzitivkraft und die Höhenaussteuerbarkeit sind mindestens doppelt so hoch wie die des bereits hervorragenden Chromdioxidbandes. Allerdings benötigt das Reineisenband zur optimalen Entfaltung seiner günstigen Eigenschaften einen vergleichbar hohen Betrag an Lösch- und VM-HF. Viel HF ist nötig, um die stark remanente Magnetisierung zu löschen, und ein höherer BIAS dafür, die zur kräftigen Durchmagnetisierung des Bandes nötige Kennlinie zu realisieren. Ein Metallband-Löschkopf besitzt bei gleicher Baugröße eine kräftigere, jedoch weit niederohmigere Wicklung, die von einem der älteren Oszillatorbausteine nicht genügend gespeist werden kann; rüstet man einen älteren Recorder mit einem Metallband-LK aus, so bricht möglicherweise die HF-Leistung zusammen und kann der überforderte Oszillator nicht mehr genügend Bias liefern, um CR- oder gar Reineisenband optimal zu löschen und vorzumagnetisieren. Die Oszillatoren der metallbandtauglichen Recorder müssen also leistungsstärker ausgelegt sein. Nur wenige Recorder besitzen die in puncto Leistung und Oberwellenverhalten besseren Gegentakt-Oszillatoren, deren Konzeption bereits in den ersten guten Studio-Bandmaschinen und Heimtonbandgeräten der frühen 50er Jahre auftauchte, denken wir nur an die mit der ECC 81 realisierte Gegentaktschaltung in den berühmten Telefunken-"Magnetophonen". Durch die (mindestens dreistufige) Bandsorten-Umschaltung werden im Oszillator Lösch- und Vormagnetisierungs-HF auf drei (oder mehr) definierte Einstellungen gesetzt, wobei mittels Accubias (siehe oben) der VM-Wert noch gesondert variiert wird. Die meisten heutigen Oszillatoren erzeugen eine HF von rund 100 kHz. In Anbetracht ihrer Wichtigkeit erscheint mir die primitive Schaltungstechnik der meisten Lösch- und VM-Oszillatoren unverständlich, wo es doch auf genügend starke, konstante und oberwellenfreie HF ankommt. Eine HF von 100 kHz könnte man mühelos und sehr elegant mit einem quarzgesteuerten Oszillator generieren, dem eine (ggf. durch Pufferstufe abgetrennte) Kleinleistungsstufe (PA) nachgeschaltet wäre; die HF ließe sich z.B. über einen echten HF-Trafo (mit Primär- und Sekundärkreis) oder über ein fest abgestimmtes Collins-Filter entnehmen. Eine HF-Leistungsregelung bezüglich IEC I...IV hätte dann keinerlei Rückwirkung auf die abgegebene HF-Frequenz. Eine solche HF-Kleinleistungsstufe ließe sich sogar in "Klasse A" betreiben mit dem Resultat besserer Oberwellenunterdrückung [Nicht wenige Fachleute meinen allerdings, diese sei bei einem Recorder-Oszillator vernachlässigbar]. Das alles sind freilich Spekulationen, auf die sich die einzig konsumorientierte Industrie nicht einläßt. So werden wir auch künftig mit Cassettenrecordern vorlieb nehmen müssen, die entgegen dem Machbaren mit vergleichsweise primitiven Oszillatoren ausgestattet sind.

7. Rauschminderungssysteme

Als in den frühen 70er Jahren der "Dolby-Stretcher" vorgestellt und in einige (semi)professionelle Spulenbandmaschinen eingebaut wurde, hielt man diese Innovation noch für sehr exotisch. Ab 1975 jedoch eroberte sich eine abgemagerte Version des professionellen DOLBY A, das DOLBY B, einen weltweiten Markt und wurde in zahlreichen Lizenz-Versionen in Millionen von Geräten installiert. Konkurrenten wie TOSHIBAs "Address" oder JVCs "Super-ANRS" hatten keine echte Chance. DOLBY C folgte um 1981 und konnte im bes. kritischen Brillanzbereich die nutzbare Dynamik um max. 20 dB anheben; Spitzengeräte realisieren mit Reineisenband eine Dynamik von ca. 75 bis 78 dB bei Dolby C bzw. 65 bis 68 dB mit Dolby B. Wenig später folgte als noch weiter verbesserte Version das DOLBY (C) "HX" (Headroom Extension) mit noch höherer Wirksamkeit im so kritischen Brillanz-Bereich. DBX und HIGH COM bzw. HIGH COM II (Nakamichi) sollen zwar noch höhere Rauschverminderung liefern, konnten sich aus Kompatibilitätsgründen jedoch nicht durchsetzen. Bei richtig eingestelltem Dolby-Pegel (der Wert ist jedoch, wie die Praxis zeigt, nicht allzu kritisch) und korrektem Tonkopf-Azimuth gibt es keine Kompatibilitätsprobleme von Gerät zu Gerät, so daß ohne weiteres Dolby-Aufnahmen mit anderen Geräten weiterverarbeitet werden können*); Dolby-Bänder sind stets in Position "Dolby OFF" zu überspielen, damit der originale Dolby-Code erhalten bleibt. Das bedeutet in der bzw. für die Praxis: mit einem hochwertigen Portabelrecorder, z.B. dem SONY TCD 5 M, wird eine anspruchsvolle Live-Aufnahme auf optimales CR- oder Reineisenband gemacht; DOLBY B ON. Das Band wird auf einem anderen, diesmal stationären, Recorder "abgetastet" und von diesem auf einen oder mehrere andere möglichst ebenfalls hochwertige Recorder kopiert: DOLBY OFF. Die so gewonnenen Kopien werden auf wiederum anderen Geräten abgespielt: DOLBY B ON; dabei treten keine nennenswerten Klangverfärbungen und Rausch-Störungen auf. Dies ist nicht nur bei der relativ unkritischen Popmusik möglich, sondern sogar bei Cembalo-, Sakralorgel- und (mit Einschränkungen) Klavieraufnahmen, allerdings werden hierzu höchste Anforderungen an die verwendeten Laufwerke und Tonköpfe gestellt. Alle für "dolbysierte" Kopien herangezogenen Mutter- und Tochter-Laufwerke brauchten kein Dolby-System zu enthalten, müßten jedoch mit exzellenten Mechaniken, extrem rauscharmen Verstärkern und störfreien Netzteilen aufwarten. Ein gravierendes Problem bei derartigen Kopiervorgängen ist die heutige Unsauberkeit des Stromnetzes, dessen Rundsteuerimpulse und andere Signale sich über das Netzteil hinweg bis in den NF-Nutzsignalweg einschleichen und dort "verewigen" können; die so "gewonnenen" verbrummten "Morsezeichen" bleiben dann auf der Kopie.
*) Meine spätere Praxis zeigte allerdings, daß Dolby-B-Aufnahmen ebenso gut in Pos. "Dolby ON" kopiert werden können; ist Höhenverlust zu befürchten, sind Cr-Bänder auf dem Muttergerät in Pos. "Fe" abzuspielen. (WN 2.11.2001)

Langfristig werden wohl nur Dolby B, C und (neuerdings) S als NR-Systeme überleben, solange Cassettenrecorder weiterhin gebaut und entwickelt werden; auch im Zeichen von CD und DAT wird der CR noch eine begrenzte Zukunft haben; den immerhin mittlerweile rund 100 Jahre alten Plattenspieler (Emile Berliner hat das "Grammophon" um 1888 vorgestellt) hat man auch schon mehrmals totgesagt. Für die meisten Anwendungsfälle, auch anspruchsvolle Live-Musikaufnahmen, wird es zunächst ausreichen, mit Dolby B, C, HX oder S auf optimales Cassettenbandmaterial aufzuzeichnen. Selbstverständlich müssen hierbei alle elektrischen und mechanischen Parameter wie z.B. der bereits erwähnte Kopfspalt-Azimuth und die Bandführungsdaten genau eingehalten werden. Gerade Dolby C arbeitet nur mit optimalem Azimuth; gute elektrische Daten kommen nur dann voll zur Geltung, wenn sie mit Hilfe einer exzellenten Laufwerksmechanik "umgesetzt" werden. Dies wiederum bedingt eine stabile und daher  langzeitkonstante konstruktionelle Auslegung aller Bauteile.

8. Entzerrungssysteme (Equalization)

Hierzu ist bereits unter (5) einiges gesagt worden. Studiert man die Schaltunterlagen der "gängigen" Recordertypen und vergleicht man sie mit zehn Jahre zurückliegenden Konzepten, so ergeben sich kaum Neuerungen; dies liegt in der "Natur der Sache". R/C- und / oder L/(R)C-Netzwerke dienen in einer bzw. mehreren Stufen zur Modifikation der Aufsprech- und Wiedergabefrequenzkurve. Nicht das Wie, sondern das Ergebnis zählt. Vor allem eine hohe Langzeitkonstanz der Bauelemente ist nötig, um langfristig gesehen in derselben Betriebsart mit demselben Bandmaterial dieselben gewünschten Resultate zu erzielen. Die "kritischen" Widerstände, Kondensatoren und Spulenfilter sollten zumindest in professionellen Geräten aus bestem, verlustfreiem Material bestehen, minimale Tolerenzen und Verluste vorausgesetzt. Das bedeutet in praxi 1%-Metallfilmwiderstände, Styroflexkondensatoren, keramische Spulenfilter und als Koppel-Cs hochwertige Folien-Typen, alle in bezug auf Betriebsleistung und Spitzenspannung überdimensioniert. Das gilt auch für die frequenzkritischen Bauelemente in NR-Kreisen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, daß die günstigen Eigenschaften solcher Filterkreise nicht durch labile A/W-Umschaltkontakte beeinträchtigt werden; in getrennten A- und W-Verstärkern entfällt diese Gefahr. Vor allem müssen in bezug auf alle vier IEC-Typen die von der A- und W-Entzerrung erzielten Daten ausnahmslos der Norm entsprechen, "Accubias"-Mittenposition vorausgesetzt. Sind all diese Parameter optimiert, so können sie wiederum langfristig nur mit entsprechend guten, abriebfesten Tonköpfen zur Geltung kommen. Deshalb hat es wenig Sinn, einen mechanisch und elektrisch hochwertigen Recorder etwa mit einem billigen Hartpermalloy-AWK auszurüsten, was leider noch immer zu beobachten ist.

9. Anzeigeverstärker und -einheiten

Auch hierzu wurden bereits Andeutungen gemacht. Zu den gewünschten guten elektrischen Eigenschaften des Recorders gehören auch optimal dimensionierte Pegelanzeigen und die sie treibende Elektronik. In einem 1000-Mark-Recorder hat es wenig Sinn, an die Aufsprechstufe eine primitive Elektronik mit nur wenigen LEDs als Aussteuerunganzeige zu koppeln. Während frühere Recorder wie z.B. der TECHNICS RS-M 45, RS-M 250 u.a. mit z.T. aufwendigen FL-Metern arbeiteten, läuft gegenwärtig der Trend zu einfacheren LED-Ketten oder FL-Anzeigen mit nur wenigen aktiven Elementen, oft hinter einer Skala, die eine stärker unterteilte Anzeigekettte vortäuscht. Das ist ein ausgesprochener Betrug am Kunden. Nichts einzuwenden ist gegen höherauflösende LED-Ketten mit genügend vielen LEDs: bis "0 dB VU" in Grün, dann in Rot. Das SONY-TCD-D 10 begnügt sich allerdings mit einer bescheidenen Anzahl, bei einem hochwertigen DAT-Portabelrecorder unverständlich. Andererseits können auch die früher ausschließlich verwandten Drehspul-Zeigerinstrumente allen Anforderungen (s.o.) genügen, sofern die sie "treibende" Elektronik eine schnelle Integration ermöglicht und die Abfallverzögerung das visuelle Trägheitsmoment berücksichtigt. Die in wenigen ALPINE-Recordern Anfang der 80er Jahre eingebauten trägheitslosen Lichtzeiger-Instrumente, wie man sie aus der professionellen Tonstudiotechnik her kennt, haben sich leider nicht durchsetzen können. Auch hier sei nochmals betont: die maximale Dynamik eines CRs kann nur erzielt werden mit einer Aussteuerungsanzeige, die ganz genau jene Grenze markiert, bei der ein Klirrfaktor (ges.) von ca. 1% überschritten wird, und zwar auch in den besonders gefährlichen kurzzeitigen Signalspitzen. Sehr wünschenswert wäre hier ein dem jeweiligen IEC-Typ konformes Anzeigeverhalten, das würde bei gleichbleibender Skalierung bedeuten, daß zur Aufnahme von Typ-I- und -II-Cassetten die Anzeige empfindlicher reagieren, also eher das rote Feld erreichen würde als etwa beim Typ IV mit seiner hohen Dynamikreserve. Diese einheitliche Skalierung mit typenübergreifendem Spitzenpegel wäre eine große Erleichterung bes. für weniger erfahrene Benutzer. Eine Anzeige-Umschaltung von "VU" auf "peak" erscheint indessen wenig sinnvoll, zumal man diese zusätzliche Operation im Ernstfall leicht übersehen kann. Besser wäre eine Zweifunktionen-Anzeige mit Zeiger-"VU" und Peak-LED wie z.B. im ASC-Offenspulengerät AS 6002 und einer Reihe von Cassettenrecordern, so dem portablen SONY-TCD 5 M (Foto rechts). Bei zugeschaltetem Limiter muß der angezeigte Spitzenpegel exakt an der Rot-Grenze liegen. Die Aussteuerungsanzeige ist nicht irgendein modisches Detail; sie fungiert notwendigerweise als Meßgerät und muß deshalb exakt in dB geeicht sein, mit einer von -40 bis etwa +10 dB reichenden Skala; auch der unter "0 dB" liegende Bereich muß genug Platz haben: das gilt bes. für Klassische Musik, bei der sich Vieles im Piano- und pp-Bereich abspielt, außerdem muß die Anzeige zumindest grob informieren über das evtl. Vorhandensein eines akustischen oder elektrischen Störpegels im Bereich ab etwa -35 dB. Nicht umsonst beginnt die Skala professioneller Anzeigen schon bei -60 dB. Professionelle Tonaufnahmeanlagen wie etwa Rundfunk-Ü-Wagen arbeiten mittlerweile mit einem als Echtzeitanalysator fungierenden Farbvideo-Display, welches das in etwa zehn bis dreißig spektrale Teilbereiche aufgeteilte NF-Signal in seinem dynamischen Verlauf darstellt; der Tonmeister erkennt sofort, welcher Teilbereich für bestimmte Pegelspitzen verantwortlich ist, kann dies ggf. durch Entzerrung korrigieren oder ein Mikrofon aus dem Übertragungsweg ausblenden. Ein derartiges Display rentiert sich jedoch nur bei Polymikrofonie. Sehr nützlich, bes. bei Live-Dokumentationen mit Portabelgeräten, wäre ein handliche und doch großflächig (-stereophon) anzeigendes FL-Meter in der Form eines Kästchens, das mittels 2-adrig abgeschirmtem Kabel an den Line-out- bzw. Kopfhöreranschluß des Aufnahmegerätes angeschlossen und dessen Null-dB-Ausschlag mit dem des A-Gerätes in Übereinstimmung gebracht würde. Ein solches Anzeigekästchen könnte überall optimal im Blickfeld angebracht und sogar noch aus einigen Metern Entfernung abgelesen werden, etwa für einen Sound-Check. Die Stromversorgung der Extern-Anzeige könnte entweder (als 6...12 VDC m. ggf. Spannungswandler) aus dem A-Gerät erfolgen oder aus internen Batterien oder Akkus. Auch eine solche Anzeige könnte als (Mini-Spektralanalysator ausgelegt werden (Analysedisplay ggf. zuschaltbar).

10. Kopfhörer(=Mithör-) Verstärker

Wie bereits erwähnt, werden bei vielen Cassettenrecordertypen die Kopfhörer einfach über einen Anpaßtrafo von der Aufsprechstufe abgekoppelt. Die zusätzliche Belastung ergibt unerwünschte Rückwirkung, vor allem dann, wenn an diesem "Übergabepunkt" gleichzeitig noch die Aussteuerungsanzeige angeschlossen ist. Die einzig akzeptable Lösung besteht indessen darin, die gerade bei professionellen Live-Aufnahmen als Kontrollmittel unerläßlichen Kopfhörer über einen separaten Klein-Verstärker mit der notwendiger Treiber-Energie zu versorgen. Der KH-Verstärker sollte im Gegentakt arbeiten und Anschlußimpedanzen von 4...600 Ohm gestatten, ggf. über einen Mini-Anpaßtrafo. Infolge Fehlanpassung verbrummte KH-Signale müssen der Vergangenheit angehören. Außerdem kranken sehr viele CR am Fehlen einer getrennten Lautstärkeregelung für den KH-Ausgang; empfindliche KH-Typen produzieren an ungeregelten Ausgängen einen "ohrenbetäubenden" Sound. Das ist unzumutbar für professionelle Tonmeister, die auf längeres Tragen hochwertiger Kopfhörer angewiesen sind, um z.B. die Stereo-Balance, Räumlichkeit und Störfreiheit einer akustischen Darbietung zu kontrollieren. Der Kopfhörerverstärker muß völlig klangneutral arbeiten, es sei denn, er ist an eine (aufnahme-)entzerrte Verstärkerstufe gekoppelt, was entsprechende Höhenabsenkung erfordern würde. Während mittel- und hochohmige Hörer nur geringe Betriebsleistungen benötigen, langen niederohmige und besonders elektrostatische Hörer kräftiger zu und überfordern die in handelsübliche CR eingebauten KH-Ausgänge. Deshalb wäre es nicht falsch, den KH-Verstärker in hochwertigen CR für eine Ausgangsleistung von min. 1 Watt bei max. 1% Klirrfaktor (ges.) zu dimensionieren. In Anbetracht der oft zu zarten, störanfälligen KH-Leitungen sollte der Ausgang kurzschlußfest sein. In hochwertigen Geräten sollten parallele bzw. umschaltbare vergoldete Anschlußbuchsen sowohl als 6,3-mm-"Klinken" wie in DIN-"Würfel"-Ausführung vorhanden sein, um die mit zusätzlichem Unsicherheitsrisiko (Wackelkontakte!) behafteten Steck-Adapter auszuschließen. Zur Stromeinsparung sollte der KH-Verstärker in portablen Geräten abschaltbar sein. Weniger sinnvoll ist es, den zur Speisung des eingebauten Kontroll-Lautsprechers vorgesehenen (eisenlosen, meist aus einem Kleinleistungs-IC bestehenden) Verstärker auch für den KH-Ausgang zu benutzen, da hier meist irgendwelche Kompromisse geschlossen werden und eine ideale Anpassung selten zustandekommt.

11. Pegelbegrenzer (Limiter) und Pegelautomatik (ALC)

Der Limiter ist in praktisch keinem hochwertigen Heim-Recorder mehr anzutreffen; das portable SONY-TCD 5 M und sein digitales Pendant TCD- D 10 allerdings besitzen einen Signalbegrenzer. Die Marktforschung geht offenbar davon aus, daß Limiter entweder nicht benötigt oder vom Kunden nicht gewünscht werden, das Fehlen des L.s geht Hand in Hand mit dem immer rascheren Verschwinden des CR-Mikrofoneingangs. Vor zehn bis fünfzehn Jahren gab es noch L. in Heimgeräten wie etwa dem SONY TC 132 SD, UHER CG 333 oder AKAI CS 705 D; solche Begrenzer genossen allerdings den zweifelhaften Ruf, daß durch ihr "Wirken" das Audio-Signal infolge eines "Clippens" (Flat-Topping) verzerrt würde. Die Heimrecorder-Limiter setzten z.T. bei -5 dB ein, wodurch die Dynamikreserven mancher Recorder und Bänder nicht voll genutzt wurden. Manche Benutzer verwechselten den L. mit einer Aussteuerungs-Automatik (ALC) und fuhren den mittleren Voreinstell-Pegel (Preset Level) so hoch, daß der Limiter ständig zu tun hatte. In der Tat erwies sich der Limiter schon immer als bes. effektiv bei Sprache, wovon schon in den 30er Jahren Überseerundfunk-Kurzwellendienste profitierten, die bei schnell einsetzender und stark wirkender Signalkompression ihre AM-Sender mit 100% oder mehr (bei Frauenstimmen bis etwa 180% !) modulierten und so einen sehr durchdringenden Sprachklang erzielten. Die absolute Steigerung von Limiter und Kompressor ist der sog. Clipper; hier wird so stark komprimiert, daß durch Flat-Topping (Clipping) bewußt gewisse Verzerrungen auftreten, die jedoch die Sprachverständlichkeit (Lesbarkeit) nicht beeinträchtigen; bei einer Lautheit knapp über der Hörschwelle ist nur noch ein stark nivelliertes NF-Signal zu 100% lesbar. Abgesehen von solchen Speech Processors wurden erst später Limiter konstruiert, die das NF-Signal schonender behandelten und auch zur Aufbereitung anspruchsvoller Musik-Aufnahmen herangezogen werden konnten. Kein Sender oder Tonstudio wollte mehr verzichten auf den 19"-Einschub mit dem Limiter. Portable Aufnahmegeräte wie das (Offenspulen-) NAGRA IV.2 oder das TCD 5 M erhielten Limiter, um den Reise-Tontechniker bzw. Reporter in kritischen Situationen zu entlasten, so z.B. bei Interviews mit sehr impulsiven Sprechern oder bei Live-Musikaufnahmen mit sehr "unruhigem" Programm-Material. Jazz und Blasmusik sowie andere Musikprogramme mit Perkussion verlangen nicht selten eine Pegelbegrenzung. Diese sollte jedoch nur in den absoluten Spitzen wirken, damit die natürliche Programmdynamik weitestgehend erhalten bleibt.

Ein zu sehr empfindlicher Limiter kann übrigens kurzzeitige "Schall-Löcher" bewirken, bes. wenn ein zu nah und ohne Windschutz plazierter Sprecher sehr "explosiv" artikuliert oder in Musik-Kapellen aufgrund ungünstiger Mikrofonaufstellung das Schlagwerk sehr prominent ist. Unerläßlich wird der L. bei der Aufnahme dynamikreicher Vokalsolist(inne)n (bes. Sopran und Alt), deren Darbietung (Opern- oder Oratoriensoli) ohne L. die Aussteuerung allzuschnell ins rote Feld bringen kann; in kritischen Fällen sollte ohne L. mitgeschnitten werden; die komplexen Klang-Cluster eines im Fortissimo singenden großen Konzertchores sind besonders in trockener Akustik sehr problematisch ("Druck-Zonen", Verfärbungen). Den besten Limiter hat bis heute (2k4) das Sony-TCD5 (er übertrifft sogar den des DAT-"Traum-Portables" TCD-D 10). Selbst bei kritischsten Gesangsdarbietungen, Perkussion usw. ist er absolut übersteuerungsfest und entzieht dem Signal eine bisweilen unangenehme Härte, wenn in der Bearbeitungsphase (Post Production) das TCD-5 als Prozessor in die Modulationsleitung "eingeschleift" wird.

Ganz anders, verglichen mit dem Limiter, arbeitet die automatische Aussteuerung (ALC). Während beim Limiter der leise Signalpegel gleichbleibend empfindlich registriert wird und bei vorsichtiger Begrenzung die Originaldynamik weitgehend erhalten bleibt, finden im ALC-Betrieb je nach Regelzeitkonstante zwei gegeneinanderlaufende Regelvorgänge statt: zum einen die Begrenzung des Maximalpegels durch Herunterregeln der Verstärkung, zum andern eine stetige Empfindlichkeits-Aufwärtsregelung der Signal-Minima, wenn nach einem definierten Zeitabschnitt (release, delay) keine Schallmaxima mehr einwirken. Bei leisem Pegel, besonders aber in Pausen, geht der Verstärker auf sehr schnell in Pos. "ALC Sprache"; dabei wird auch das akustische und elektrische Grundgeräusch mit angehoben, die Dynamik in gleichem Maße eingeengt. Das Rauschen, Brummen, Kratzen wird immer lauter, bis plötzlich ein Nutzsignal eintrifft und schlagartig "die Klappe fällt". Das Nutzsignalmaximum ist dann aber nicht viel lauter als der von ihm abgelöste Störpegel.

Hat sich die ALC eingeregelt, so hört sich ein folgendes Sprach- oder Musikprogramm durchschnittlicher Amplitudenstatistik recht gut an, doch ein wenig leiser als manuell eingepegelt, bis die nächste Pause folgt und die ALC erneut zu "pumpen" anfängt. Besonders fatal erscheint der beschriebene Vorgang, wenn der Voreinstell-Pegel bzw. die Eingangsempfindlichkeit zu groß gewählt wurden. Die meisten ALCs arbeiten ohne Pegel-Vorregelung und sind (daher) abhängig von der Impedanzanpassung am Signaleingang. Das Programm wirkt umso natürlicher, je weniger die ALC in Aktion treten muß.

Es ist viel schwieriger, eine unauffällig und dennoch wirkungsvoll arbeitende ALC zu konstruieren als etwa einen durchschnittlichen Kompressor. Die ALC wird von professionellen Tonmeistern und anspruchsvollen Aufnahmeamateuren rundweg abgelehnt; ALC-Tonaufnahmen sind der natürlichen Programm-Dynamik beraubt. In den 60er und 70er Jahren gab es auf dem Amateur- und semiprofessionellen Sektor noch bessere Offenspulen- und Cassettengeräte mit in unserem Sinne gut arbeitender ALC, sogar welche, deren Regelzeitkonstante sich auf "Sprache" und "Musik" umschalten ließ (z.B. das hervorragende GRUNDIG-Reportagetonbandgerät "TK 3200 HiFi"). Abgesehen vom HiFi- oder High-End-Bereich können Aussteuerungsautomatiken oder Limiter durchaus sinnvoll sein: bei Background-Musik- oder Sprachverarbeitung, vor allem wenn es um die Erstellung informativer Programmen geht, die auf Lang-, Mittel- oder Kurzwelle (AM) auszustrahlen sind (oder zum Beispiel in lärmerfüllter Umgebung, so in einem LKW-Führerhaus, abgehört werden sollen), wo man über eine gewisse "QRM-Schwelle" hinwegkommen muß. Als Signal-Prozessor wirkt hier eine schnelle ALC, im Extremfall ein Silben-Kompressor (siehe oben). Eine unter nicht optimalen Bedingungen zustandegekommene Live-Aufnahme mit starkem Mißverhältnis zwischen (überlautem) Orchester und Solist könnte mittels vorsichtig und verzerrungsarm wirkender Begrenzung zum besseren hin bearbeitet werden. Dies könnte z.B. geschehen mit einem schaltbaren, "weich" ansprechenden und verzerrungslos arbeitenden Limiter, der als "Sound-Prozessor" in den Kopierpfad eingeschleift würde. Gute Ergebnisse brachte das SONY TCD5M; ein entsprechend arbeitendes, für den Außendienst vorgesehenes Vierkanal-Batterie-Kompaktmischpult mit Limiter von SONY ist (auf dem teuren Profi-Markt) verfügbar.

12. Die Tonkopfbestückung eines Cassettenrecorders

Alle bisher diskutierten Eigenschaften und Parameter können nur dann voll zur Geltung kommen, wenn das bei Aufnahme und Wiedergabe verarbeitete Audio-Signal ein induktives "Nadelöhr" durchläuft; der unscheinbare Tonkopf verdient eine solche Bezeichnung, reduziert er doch die Schallschwingungen auf eine Folge paralleler Magnetisierungsstriche von nur o,6 mm Höhe und weniger als 2/1000 mm "Breite", die mit höchster Präzision (Ausfall- bzw. Fehlerquote von möglichst 0%) aufgebracht bzw. gelesen werden. Anders als bei digitaler Tonverarbeitung (PCM-Aufnahme, CD-Spieler) existiert keine interpolierende Fehlerkorrektur, mit deren Hilfe etwa Dropouts überbrückt werden könnten. Aus diesen Gründen sind schon in mechanischer Hinsicht an den Tonkopf allerhöchste Anforderungen zu richten. Die meisten CR enthalten neben dem obligatorischen HF-Löschkopf nur einen eigentlichen "Ton"-Kopf für Aufnahme und Wiedergabe; das ist in jedem Falle ein Kompromiß. Da dieser Kompromiß trotz seiner elektromagnetischen Problematik jedoch in den allermeisten Fällen erstaunlich gut funktioniert, sind auch heutzutage fast alle CR mit einem solchen Kombikopf ausgerüstet. Der für die Verarbeitung höchster Tonfrequenzen möglichst schmal auszulegende Kopf-Spalt ist hier nur etwa 1/1000 mm breit, während in Dreikopfgeräten zwecks kräftigeren Magnetfeldes die A-Kopf-Spaltbreite auf 3 bis ca. 5 Mikron "ausgedehnt" wird, während die des W-Kopfes auf Werte bis 1/2 Mikron reduziert wird, wodurch bei 4,75 cm/s noch Audiofrequenzen bis 22.000 Hertz abgetastet werden. Von großer Wichtigkeit ist ferner die Oberflächengeometrie des Kopfes; sie entscheidet mit über die Qualität einer Aufnahme. Um sog. Kopfspiegelresonanzen auszuschließen, werden immer häufiger hyperbolisch geschliffene Köpfe eingebaut, die freilich tiefer in das Cassettenfenster eintauchen, was zu einer stärkeren Belastung des (überhaupt sehr inkonsistenten und labilen, daher jede Aufnahme mit großer Unsicherheit belastenden) Andruckfilzes und dadurch ggf. zu unerwünschten mechanischen Resonanzen führt; das zu starke Reibmoment kann labile Mechaniken auch zur Bandgeschwindigkeits-Reduktion verleiten.

Die klanglichen Eigenschaften (Verfärbungsfreiheit, Klirrverhalten, Dynamik) und die Langzeitkonstanz eines Tonkopfes werden entscheidend geprägt durch die zur Herstellung verwendeten Materialien. Man unterscheidet heute im wesentlichen Tonköpfe aus Hardpermalloy und Superhardpermalloy, Sendust (bzw. Sen-Alloy), Ferrit, Sendust-Ferrit, Glasferrit und Keramik sowie die sog. "Amorphous"-Köpfe. Bei den Sendustköpfen gibt es Typen mit unterschiedlicher Lamellierung, wobei die 5-fach lamellierten z.Zt. das Rennen anführen. Am preiswertesten sind die Hardpermalloy-Köpfe, die in Stereo-Version ab ca. 8-10 DM im Handel sind. Erstaunlicherweise lassen sich mit solchen Köpfen, wie Vf. erproben konnte, durchaus sehr gute (Live-) Aufnahmen erzielen. Die in Billigst-Topladern wie dem ITT-SL 700 eingebauten Hardpermalloy-Köpfe haben ein besseres Abriebverhalten als so manche "Konkurrenten" in weit teureren HiFi-Heimdecks. Die vorhin erwähnte Oberflächengeometrie ist Teil der Oberflächengüte des Kopfes; es kommt hier darauf an, daß das Tonband in optimalem Kontakt und mit dennoch möglichst wenig Reibung den Kopf passiert, daß also die Beschichtung des Bandes bei der Kopf-Passage möglichst wenig in Mitleidenschaft gezogen, also beschädigt (reduziert) wird; das ist wichtig einerseits für kostbare Archiv-Originale, andererseits für den Durchlauf billigerer Bänder mit schlecht kalandrierter oder gar zur Ablösung neigender Beschichtung; wer möchte schon gern alle 15 Minuten den Kopf von einer klebrigen braunen Schicht befreien, die die Höhenwiedergabe nahezu unterdrückt und ihrerseits wie Schmirgelpapier wirkt, wenn das nächste Band vorbeiläuft? Man sagt in diesem Zusammenhang bes. den Ferrit&Ferrit- bzw. Glasferritköpfen eine "selbstreinigende" Wirkung nach; das ist jedoch zumindest partiell unrichtig. Werden "schmierige" Bänder abgespielt, so sind auch diese extrem glatten Köpfe in kürzesten Abständen zu reinigen.

Der Innenwiderstand von Kombiköpfen bewegt sich bei ca. 180-220 Ohm; auch dies ein Kompromiß, mit dem sich jedoch gut "leben" läßt. Andererseits liegt eine gewisse Gefahr darin, den Innenwiderstand eines Aufnahmekopfes zu gering zu halten, denn außer dem NF-Signal ist hier noch die Vormagnetisierungs-HF einzuspeisen. Je niedriger der Innenwiderstand, desto mehr an HF-Leistung muß der Bias-Oszillator für diesen "Verbraucher" aufbringen. Hier deutet sich eines der wichtigsten konstruktionellen Probleme an: die Anpassung des Tonkopfes an die Aufsprechstufe. Trotz über 50 Jahren Erfahrung in Magnetbandaufnahmetechnik ist in vielen Recordern bis heute diese Aufgabe nicht optimal gelöst worden (s.o.). Die elektrische und mechanische Auslegung des Tonkopfes ist und bleibt letztlich eine Art Geheimrezept des Herstellers.

Die Vielfalt der zur Zeit anzutreffenden Kopftypen (denken wir auch an die Quick-Reverse-Köpfe in Autoreverse-Recordern) deutet an, daß hier noch nicht der Weisheit letzter Schluß gefunden wurde. Als "Außenseiter" sind noch die echten Viersystem-Cassettenrecorderköpfe zu erwähnen, wobei bezüglich der Spurlage zwischen Autoreverse- und Vierkanalköpfen unterschieden wird. Die noch komplizierteren N.A.A.C.-Systemköpfe in NAKAMICHI-Spitzenrecordern werden sich langfristig nicht durchsetzen. Bei den Dreikopf-Anordnungen unterscheidet man vom Aufbau des Kopfträgers her die Konfigurationen L/A/W, LA/W und L/AW; die Köpfe für Löschen und Aufnahme oder die für Aufnahme und Wiedergabe können also "en bloc" montiert sein (Bild rechts); andererseits gibt es aufwendige Autoreverse-Recorder mit 2 starr montierten Löschköpfen und einem um 180 Grad drehbaren Block aus A- und W-Kopf. Wichtig bei all diesen Konstruktionen ist eine normgerechte und langfristige Einhaltung von AZIMUTH, ZENITH und SPURLAGE. Die Einhaltung dieser Parameter hängt nicht zuletzt ab von der Montage und Einstellbarkeit des Kopfes auf dem Kopfträger bzw. -schlitten. Jeder Tonkopf ist über eine sog. Taumelplatte mit zwei Schrauben montiert; als rechtes "Standbein" dient ein Abstandsbolzen, links jedoch befindet sich lediglich eine Schraubenfeder, hier wird die zugehörige Schraube auf korrekten Azimuth eingestellt. Eine zu dünne und deshalb labile Taumelplatte "sabotiert" eine langfristige Azimuthkonstanz und führt mit Sicherheit irgendwann auch zu Zenith-Fehlern, weswegen in teureren Recordern das Tonkopfsystem solider "fundiert" ist. NAKAMICHI präsentierte unlängst bei einem Autoradio-Cassettensystem als besonderen Gag einen externen Azimuth-Einstellregler*). Diese elegante Lösung erlaubt es, auf solchen reinen Wiedergabe-Laufwerken jedwede Art von Cassetten abzuspielen und selbst den billigsten No-Name-Bändern ein Maximum an Höhen zu entlocken; eine ähnliche Strategie wäre höchstens in Dreikopf-Recordern denkbar. Doch Vorsicht: Der Aufnahmekopf ist dann peinlichst genau zu justieren und "fixed" zu halten. Das N.A.A.C.(=Nakamichi Automatic Azimuth Control)-System des "Dragon" und seiner Vorgänger arbeitet zwar bewundernswert, doch mit viel zu komplizierten Tonköpfen, die einer "Homologisierung" im Studiobetrieb entgegenstehen. Die in vielen Spulen-Heimrecordern übliche Zenith-Einstellschraube fehlt in den gängigen Cassettenrecordern. Labil ist in vielen Fällen leider auch die gabelartig an einer Kopfseite angebrachte Bandführung, die sich bei schlechter oder lockerer Befestigung leicht verschiebt und dadurch sowohl Azimuth wie Spurlage beeinträchtigt; durch zu dünne Taumelplatten entstehende Zenithfehler können ebenso wie sich schlecht anpassende, harte Andruckfilze dazu führen, daß bei einer Stereo-Cassettenaufnahme die beiden Kanäle verschieden stark aufgesprochen werden. Eine derartige ungewollte Pegeldifferenz läßt sich nur unzureichend korrigieren insofern, als durch die Anhebung eines um 20 dB zu schwachen Signals dessen Störspannungsverhältnis entsprechend herabgesetzt wird, was die Archivfähigkeit einer professionellen Musikaufnahme in Frage stellen kann. Insofern entscheiden sich hier, an der "Schnittstelle" (um es modern auszudrücken) von Tonkopf und Band, in nicht unwesentlichem Maße Qualität und späteres Schicksal jeder Cassettenaufnahme.

*) Bei der so wichtigen Azimuth-Einstellung ist zu beachten, ob Ihr Cassetten-Recorder ein Zwei- oder Dreikopfgerät ist und wie die Tonköpfe angeordnet sind. Folgende Bauformen sind möglich:
  • Doppelspalt-Normal-Löschkopf getrennt; A/W-Kombikopf auf dünner Taumelplatte, Azimuthschraube links
  • Small-Window-LK getrennt; AK + WK als umschlossener Kompaktblock [geschraubt oder geklebt] auf massiver Alu-Basis, Azimuthschraube links oben
  • Small-Window-LK + AW-Kombikopf zusammen auf massiver Dreh-Basis (für Quick-Reverse), 2 Azimuthschrauben
  • Small-Window-LK getrennt rechts und links; dazwischen AK + WK auf Dreh-Basis (für Quick-Reverse), 2 Azimuthschrauben

Eine relativ starke Schraubenfeder auf der Einstell-Achse sorgt für nahezu gleichbleibende Spannung zwischen Taumelplatte (Kopfträgerblock) und Montage-Basis.

Zur Azimuth-Korrektur benötigen Sie

- eine Referenz-Cassette mit azimuth-korrektem, ausreichend hochfrequentem Audio-Signal,
- einen nichtmagnetischen Schraubendreher,
- ein gutes Gehör und / oder eine gut ablesbare Aussteuerungsanzeige.

Der einzustellende Wiedergabe- bzw. Kombikopf muß sauber und entmagnetisiert sein.

Als Referenz-Signalträger benutzen Sie entweder eine kommerzielle, azimuthkorrekte Musik-Cassette (klingt sie auf mehreren Recordern einwandfrei, ist sie OK) oder eine Cassette mit breitbandigem Rauschen, das Sie - von UKW oder TV ohne Sender und / oder Antenne - ohne Dolby mit einem azimuthkorrekten Recorder aufgenommen haben. Während sie die Referenz-Cassette in Position Dolby OFF abspielen, justieren Sie den Tonkopf mit der Azimuth-Schraube so ein, daß, bei einem Spaltwinkel von 90° zur Bandlaufrichtung, nach Gehör und/oder VU-Meter-Ausschlag die hohen Frequenzen (Zischlaute, Perkussion) maximal laut wiedergegeben werden.

Sichern Sie ggf. die korrekte Azimuth-Einstellung mit härtender Klebemasse (Stabilyt Express) oder Nagellack.


==> Denken Sie daran, in regelmäßigen Abständen die gesamte Bandführung Ihres Cassettendecks zu entmagnetisieren. Hierzu gibt es sog. Entmagnetisierungsdrosseln im Handel. Deren "Rüssel" (d.h. der verlängerte Spulen-Kern) sollte nach dem Einschalten langsam an die Köpfe heran- und daran entlanggeführt werden (diese jedoch nicht berühren!) und nach etwa einer Minute wieder davon weg, bis in einer Distanz von ca. 50 cm die Drossel ausgeschaltet wird; geschähe dies noch in unmittelbarer Nähe der Köpfe, so könnten diese durch einen beim Abschalten entstehenden "Puls" erneut aufmagnetisiert werden. Die modernen Entmagnetisierdrosseln sind vorn mit weichem Kunststoff überzogen, um die Köpfe bei eventuell unvermeidlichem Kontakt zu schützen. Stärker als die neuen, im Einzelhandel erhältlichen Geräte sind die für frühere Offenspulen-Tonbandgeräte (z.B. die Telefunken-"Magnetophone") konzipierten Drosseln. Diese bestehen aus einer kräftigen runden Spule, deren nach vorn herausschauender dicker, kurzer, nicht kunststoffummantelter Kern schräg abgeschnitten ist. Diese Drosseln erzeugen ein kräftiges Wechselfeld und können leicht an Metallteilen anschlagen, wenn sie ihnen zu nahe kommen.

Die Kanaltrennung ist ein bei Stereo-Komponenten immer wieder ins Feld geführtes Qualitätsmerkmal. Während es CD-Player (und neuerdings auch -Recorder) auf 90 dB und mehr bringen, erreichen Analogschallplatten-Abtastsysteme nur um die 30 bis 35 dB; die HiFi-Norm fordert (nach K. BREH 1972) für HiFi-Empfangsteile je nach dem spektralen Teilbereich 15 bis 26 dB. Warum so wenig im Vergleich zu digitalem Equipment? Versetzen wir uns in eine Kirche oder in einen Konzertsaal, wo wir, in der Mitte hinter dem Dirigenten sitzend (meine Lieblingsposition für kopfbezogene [Einpunkt-] Live-Aufnahmen), die Darbietung eines anspruchsvollen Werkes durch einen großen, vielfältigen Klangkörper erleben. Hier, in der Natur, mischen sich die kanalindividuellen Klangeindrücke, so daß wir oft nur bei genauem Hinhören feststellen (orten), wo sich ein bestimmtes Solo-Instrument befindet oder von wo hinten aus dem großen Chor ein bestimmter Einsatz kommt - noch viel schwieriger haben es all jene, die viel weiter weg sitzen, so um die 10 oder 15 m nach hinten oder gar in einer Seiten-Empore. Da ist dann von "Tiefenstaffelung", "Ortungsschärfe" oder "Analytik" keine Rede mehr, der Klang wird mehr und mehr "breiig" empfunden, das prägt bei längerer Gewöhnung die Rezeptionsästhetik des individuellen Hörers, der sich später wundert über die völlig anders klingende Schallplatten- oder CD-Aufbereitung des zuvor live gehörten Werkes. - Können wir also folgern, es habe wenig Sinn, die Stereo-Kanaltrennung auf Traumwerte von 90 oder mehr dB zu steigern, wo doch in der "Natur" höchstens 15 oder 20 dB anfallen? High-End-orientierte Tonmenschen würden entgegnen, daß sich erst bei einer möglichst hohen Kanaltrennung wirklich alle Verschiedenheiten von L + R authentisch (und damit ortungsscharf  in beiden Dimensionen) dokumentieren und reproduzieren lassen: was zu beweisen wäre. Andererseits ist die mit einem Stereo-Cassettentonkopf realisierbare Kanaltrennung schon ein Kriterium, und zwar für mechanische Präzision, wenn wir bedenken, daß der "Mittenrasen" zwischen Spur L und R nur ganze 0,3 mm beträgt (bei Vierkanal-Spezialköpfen ist er breiter). Die Stunde der Wahrheit schlägt dann, wenn wir z.B. von einem Vierspur-Stereo-Tonbandgerät zwei getrennte monaurale Programme (z.B. eine Wort- und eine Musiksendung) simultan auf ein Stereo-Cassettengerät kopieren und von dort aus beide Kanäle als separate Programm-Quellen wiedergeben: je störungs- (d.h. gegensprech-)freier das jeweilige Programm ankommt, desto besser - in dieser Hinsicht - der Tonkopf. Ich konnte dies vergleichsweise an zwei Exemplaren des preiswerten Portabel-Stereorecorders ITT SL 700 A verifizieren: der Originaltonkopf "vermischte" beide Programme, während das von mir modifizierte Gerät mit dem gewechselten Kopf das Kanal-Gegensprechen fast bis zur Unhörbarkeit reduzierte.

Um es zusammenzufassen: Oberflächengüte, Kopfgeometrie, Materialbeschaffenheit, induktive Auslegung, mechanische Präzision (+ Kanaltrennung) und [elektrische] Anpassung des Tonkopfes bestimmen die [meßtechnische und damit] klangliche Qualität der anspruchsvollen Aufzeichnung, das bedeutet unter anderem die maximale Durchhörbarkeit und Ortungsschärfe einer stereofonen [Live-] Aufnahme.

13. Das Laufwerk des Cassettenrecorders

Mindestens ebenso wie Elektronik und Kopfsystem prägt das Laufwerk die technische Qualität von Aufnahme und Wiedergabe auf dem nur 3,81 mm breiten Cassettentonband. Um es andersherum zu sagen: die bestmögliche Elektronik und die beste Kopfkonstruktion sind unangebracht, wenn das Band von einer primitiven Mechanik geführt und transportiert wird. Der Käufer kann leider vom Design des Gerätes her nicht ausmachen, wie es im Inneren mit der Mechanik bestellt ist. Einen gewissen Anhaltspunkt liefert indessen das Gewicht; ein solider Trafo und ein aus verwindungsfreiem Druckguß hergestellter Laufwerksträger können sich nur in einem entsprechend schweren Recorder befinden. Aufschlußreich ist ferner der Blick in das Cassettenfach, wo neben den Wickeltellern auch die gesamte Bandführung mit Köpfen, Gummiandruck-Rolle und Capstan (Tonwelle) zu sehen ist; feingliedrige, aus dünnem Blech oder gar billigem Plastik gefertigte Teile versprechen wenig Gutes. Man sollte sich möglichst auch diejenige Platte bzw. Abdeckung genauer betrachten, hinter der sich die Riemenscheibchen, Lauf- und Umlenkröllchen der Wickel- und Transportmechanik verbergen. Manchmal sogar ist rechts und links neben dieser Platte ein schmaler Spalt, durch den der Blick auf dahinterliegende Mechanikteile frei wird. Nicht täuschen lassen sollte man sich von der oft erstaunlichen Tiefe der Cassettendecks, verglichen mit Höhe und Breite. Der große Innenraum zwischen Front und Rückseite läßt auf ein entsprechend tiefgestaffeltes, aufwendiges Laufwerk schließen. Sieht man von den angeflanschten Motoren ab, ist die reine Mechanik oft nur 2 bis 3 cm "dick", dahinter ist viel "Luft" bis hin zu dem meist beträchtlich unterdimensionierten Netztrafo (s.o.). Selbst die aufwendigen Direktantriebs-Dual-Capstan-Laufwerke sind in der Regel viel kleiner und kompakter als vermutet mit ihren im Grunde viel zu kleinen Schwungscheiben, dünnen Capstans und winzigen GA-Rollen. In der Laufwerkskonstruktion zeigt sich am ehesten der unaufhaltsam scheinende Trend hin zur billigen Wegwerf-Ware. Von derartigen Laufwerken sind bei hoher Beanspruchung keine langfristig konstant guten Performanzdaten zu erwarten. Andererseits hängen eine Menge wichtiger Performanzdaten von der Laufwerksgüte ab; bei aller ausgefeilter Elektronik und allem Bedienungs-"Schnickschnack" hat ein Luxus-Deck mit schlechtem Laufwerk nur Schrottwert.

Im Gegensatz zum High-Speed-Verfahren mit 36- oder 48-facher Geschwindigkeit hängt besonders beim Echtzeit-Verfahren (1:1) die Gleichlaufpräzision der Cassettenkopien von der Laufwerksgüte ab. Kritischster Gleichlaufparameter ist die "hochfrequente", die "Flutter"-Komponente, und dies hauptsächlich bei Instrumenten wie Geige, Sakral-Orgel (Mixturen!), Quer- und Blockflöte sowie Klarinette und Cembalo. Schon die Ersteinspielung, die Originaldokumentation solcher Instrumente kann Probleme schaffen: der Ton wird rauh. Hier stößt die mit 4,75 cm/s arbeitende analoge Cassettentechnik an ihre (mechanischen und elektromagnetischen) Grenzen; Aufnahme und erst recht Kopie erfordern allerbestes Gerät, werden andernfalls zu risikoreichen Unternehmungen. Wie Vf. anhand von [Ende 1999] ca. 1050 Live-Mitschnitten (und deren Kopien) in Cassettentechnik feststellen konnte, lassen sich - auch in Konkurrenz zu DAT und Mini-Disk - derart kritische Dokumentationen durchaus meistern, wenn nach den Gesetzen der "craftsmanship" entworfene und gefertigte Maschinen benutzt und deren Gesetzmäßigkeiten beachtet werden.

Wichtigste Komponente des Laufwerks ist das Antriebsaggregat. Dies kann bestehen aus:

a) einem für alle Laufwerksfunktionen zuständigen Motor,
b) je einem Motor für den Capstanantrieb und einem für Rutschkupplung und Schnellspul-Wickelantrieb,
c) einem Capstanmotor und zwei Wickelmotoren,
d) einem Capstanmotor, einem Wickelmotor und einem Steuermotor,
e) je einem Capstan- und einem Steuermotor sowie zwei Wickelmotoren;

letztere können die Wickelachsen entweder direkt oder über Riemen bzw. Friktionsrädchen antreiben. Im Falle (a) handelt es sich zuallermeist um einen geregelten Gleichstrom(DC)-Motor mit einer Speisespannung von 12 oder 13,5 V, wobei sich die Regelelektronik im Motorengehäuse befindet; dort wird sie nur unzureichend gekühlt, wodurch der für die Regelung zuständige Längstransistor oder IC ausfallen oder zumindest die Regeldaten sich mit steigender Erwärmung ändern können, was bes. in TECHNICS-Recordern der (RS-)M 200 Serie und vergleichbaren einfacheren Recordern mit 12-V-DC-Motor zu beobachten ist. Solche Einmotoren-DC-Antriebe sind überfordert; mehr als 3-5 Stunden ununterbrochener Aufnahmebetrieb würde den Geräten schaden. Das Einmotorenkonzept braucht deshalb nicht gleich verworfen zu werden; einerseits gibt es durchaus billige Recorder wie den ITT SL 700 (s.o.), dessen DC-Motor mit 5...7 VDC ausgezeichnet arbeitet, andererseits gab es vor ca. 10-15 Jahren noch Geräte wie das AKAI GXC 710 D mit einem alle Laufwerksfunktionen versorgenden, großen und stabilen Synchron-Außenläufermotor; dieser wird normalerweise mit 220 VAC betrieben; startet man ihn mit Nennspannung und läßt man ihn dann mit halber Nennspannung weiterlaufen, so kann dieser Motor praktisch pausenlos weiterlaufen, ohne sich nennenswert zu erwärmen. Das schwungmassenbedingte Trägheitsmoment und die das Prinzip der Netzfrequenz-Synchronsteuerung in Verbindung mit der zusätzlichen, in diesem Falle großen Capstan-Schwungmasse schaffen ausgezeichnete Gleichlaufbedingungen, die durch die Zusatzbelastung seitens des Aufwickelteller-Rutschantriebes nicht beeinträchtigt werden. Es bedarf schon einer sehr aufwendigen und deshalb reparaturanfälligen Steuerelektronik, um derartige mechanische Gegebenheiten in den heutigen Geräten zu simulieren. Die kleineren, thermisch unstabilen DC-Motörchen freilich haben Mühe schon damit, die geforderte Bandtransportgeschwindigkeit auf längere Dauer, und das heißt hier für ca. 3-5 Stunden, aufrechtzuhalten; Reserven sind hier nicht "drin". Robustere Einmotoren-DC-Laufwerke lassen sich höchstens dadurch (erfolgreich) "tunen", daß von einem separaten Trafo, Gleichrichter und hochkapazitiven Lade-C eine Spannung von rund 12 VDC zur direkten Motorversorgung geliefert wird. Je mächtiger der Lade-C, desto niederohmiger und stabiler die Gleichspannung und (nach Ausschalten) die Nachlauf-Zeit eines solchen Antriebes. Je länger die Nachlaufzeit, desto größer die Systemträgheit oder, wie man auch sagen könnte, der mechanische Gleichlauffaktor. Bes. aussagekräftig ist dieser Nachlauf bei eingelegtem Cassettenband in Pos. Aufnahme oder Wiedergabe; denn hier sind gleich zwei Belastungsmomente am Werk: zum einen die (tangentiale) Friktion von GA-Rolle und Capstan, zum anderen die (axiale) innerhalb der Wickelteller-Rutschkupplung. Als drittes kann noch die geringfügige Belastung seitens des Zählwerks und /oder Auto-Shutoff-Mechanismus hinzukommen. Wenn bei Aufnahme oder Wiedergabe ein so belasteter Einmotoren-Antrieb noch "nachläuft", so muß eine außerordentlich gute (Schwung-)Massenträgheit vorliegen; ein solches Laufwerk ist somit wenigstens partiell resistent gegen Belastungsschwankungen, wie sie aufgrund elektrischer und mechanischer Gegebenheiten auftreten können: zum einen durch Stromschwankungen, zum anderen durch konstruktionelle Ungenauigkeiten (z.B. unrunde Umlenkrollen, minderwertige Rollenachsen) der Cassettenmechanik und einen ungleichmäßigen Bandwickel, der in Verbindung mit unzureichenden Matrixblättern den Abspulvorgang periodisch abbremsen kann. Je besser ein Einmotoren-Laufwerk arbeitet, desto mehr Sorgfalt und handwerkliche Meisterschaft wurden bei seiner Konstruktion investiert, und man kann davon ausgehen, daß diese Mechaniken lange leben und nur selten defekt werden. Derartige Laufwerke wird man allerdings nur in älteren Cassettenrecordern antreffen. Man wird hier imposante Schwungmassen und sorgfältig verarbeitete Zahnräder, Riemenscheiben und Friktionsrollen entdecken, während die moderneren Laufwerke, auch die teurer Geräte, in der Regel nur billige und leichte Blech, Alumimium- und Plastikteile aufweisen.

Der (drehzahlvariable) Rutsch-Antrieb des rechten Wickeltellers kann die Aufnahme- und Wiedergabegüte ganz entscheidend beeinflussen. Ist das Rutschmoment (=Aufwickelteller-Drehmoment) zu hoch eingestellt und ist der Bandzug zu straff, so wird das Tonsignal durch schnelle mechanische Schwingungen überlagert, der Ton wird rauh, eine derart entstandene Aufnahme ist wertlos. Zwei Exemplare des ansonsten hervorragend und sehr aufwendig verarbeiteten Autoreverse-Cassettendecks DUAL C 848 zeigten unterschiedliche Aufwickel-Bandzüge; gute Aufnahmen konnten nur in Gegenrichtung (=linker Teller wickelt auf) erzielt werden. Im Dauerbetrieb zeigte sich auch das hervorragende 2-Speed-Deck DUAL C 846 (3 Köpfe, 3 Motoren, Dual Capstan) hier unstabil; die gesamte Bandtransportmechanik erwärmte sich übermäßig und der (jeweils motorisch gesteuerte) Auf- und Abwickelbandzug variierte zu stark. Erst die Demontage der vorderen Laufwerksabdeckung offenbarte die Schwachstellen: beide Teller werden mit billigen Riemchen an die jeweiligen Motoren gekoppelt. Was soll man halten von einer derartigen konstruktionellen Nachlässigkeit? Teure Geräte zum Preise von rund 1000 DM, deren Güteparameter von Pfennig-Teilen abhängen!

In Mehrmotoren-Laufwerken werden die anfallenden Brems- und Reib-Momente aufgeteilt und daher auch voneinander entkoppelt. Hier gibt es keine Rückwirkungen von der Aufwickel-Rutschkupplung, dem Autoshutoff-Mechanismus oder dem Zählwerk auf den Capstanantrieb. Am wichtigsten ist es, den Capstan-Antrieb zu isolieren und die möglichst schwer und absolut rundlaufend ausgelegte Capstanschwungscheibe mittels Flachriemen anzutreiben. Der Aufwickelteller und alle übrigen Lauffunktionen werden von einem separaten Motor versorgt. Dabei spielt es keine Rolle, wenn das Drehmoment des Aufwickeltellers durch zusätzliche Antriebslasten beeinflußt wird; die Gleichlaufgüte des Capstantriebes ist nicht betroffen. Wichtig ist jedoch, und dies in allen Laufwerkskonstruktionen, daß das Drehmoment des Abwickeltellers konstant ist bzw. kontrolliert verläuft, so durch einen möglichst Bandzug-geregelten Bremsmotor wie in "echten" Dreimotorenlaufwerken, wo die Wickelachsen entweder direkt (z.B. AKAI GXC 760 D) oder über Riemchen (ähnl. wie im DUAL C 846) von eigenen Motoren getrieben bzw. gebremst werden; dabei ist der Direktantrieb die einzig akzeptable Lösung, weil durch einen Riementrieb ein unerwünschter Unsicherheits- und Verzögerungsfaktor (ganz zu schweigen von einem Riemen-Riß!) hinzukommt. Eine der wichtigsten Innovationen war der von AKAI konstruierte Dual Capstan Drive (Bild rechts: im Kenwood KX 9010), bei dem das Band vor und hinter dem eigentlichen Ton-Kopf von je einer Tonwelle und zugehörigen GA-Rolle transportiert wird. Dabei läuft der rechts befindliche Capstan um ein geringes schneller, zieht oder schleppt also, während der linke, hintere Capstan ganz leicht bremst: diese Drehzahldifferenz bleibt konstant vom ersten bis zum letzten Bandmeter, damit bleibt auch das von diesem gebremsten Band erzeugte leichte Kopf-Andruckmoment konstant, wodurch sogar bei geeigneter Bandführung auf den sog. Andruckfilz verzichtet werden kann; bestimmte Geräte mit Dual Capstan Drive haben am Tonkopf hierzu Abweisbleche. Ein falsch konstruierter Doppeltonwellenantrieb kann allerdings mehr Schaden anrichten und den Gleichlauf mehr beeinträchtigen als etwa ein mittelmäßiges Einmotorenlaufwerk. Sehr langsame und dadurch umso besser hörbare periodische Schwankungen von Lautstärke und Tonhöhe können sich dem Audiosignal überlagern und einer ansonsten nach allen Regeln der Kunst gemachten Aufnahme ihren "professionellen" Charakter rauben. Das trifft besonders zu bei Chor- und Orgelaufnahmen mit teilweise langgezogenen Klangclustern, weniger bei unruhigen Programmen mit schnellen Tonfolgen und Perkussion. Hektische Beat-, Jazz- und Pop-Musik ist ganz allgemein sehr schlecht geeignet zur Gleichlaufprüfung anspruchsvoller Laufwerke.

Wichtig und entscheidend ist ferner die Auslegung von Kopfträger und Kopfträgerschlitten. Im Gegensatz zum Offenspulen-Tonbandgerät ist die Kopfträgerbaugruppe nicht starr montiert, sondern wird bei Aufnahme und Wiedergabe zusammen mit der GA-Rolle nach vorn geschoben in Richtung der Cassette, so daß der Ton- und der Löschkopf in deren "Fenster" eintauchen und am Band entlangfahren können. Die Kopf-Eintauchtiefe muß exakt wiederkehrend denselben Wert behalten und darf in keinem Fall durch das Gummirollen-Andruckmoment beeinflußt werden. Damit in den "abtastfreien" Modi (Halt, Schnellvorlauf, Schnellrücklauf) die Kopf(träger)einheit schnellstmöglich in die Ausgangsstellung zurückkehren kann, ist eine (ggf. einstellbare) Rückholfeder eingebaut; das wiederum bedeutet, daß in seiner Abtaststellung (A/W) zwei Rückholkräfte auf den Kopfträger einwirken: die der Feder und die des Rollen-Andrucks. Da diese Kräfte nicht etwa symmetrisch angreifen, muß die Parallelführung des Kopfträgerschlittens ganz besonders solide und langlebig konstruiert sein, und weder horizontal noch vertikal darf unerwünschtes (Lager-bzw. Führungs-) Spiel auftreten, denn dieses führt unweigerlich zu Instabilitäten der Bandführung, beraubt damit die aufeinanderfolgenden verschiedenen Tonaufnahmen ihrer notwendigen gemeinsamen (Bandführungs-) Basis.

Die Bewegung des Kopfschlittens wird auf verschiedenste Weisen bewerkstelligt: in einfachen Laufwerken durch Mitnehmerhebel oder Gestänge, woanders durch Anzugsmagnete oder sog. Steuerscheiben, die entweder (nach Art von Plattenwechslermechaniken) von einem Capstan-Ritzel bewegt oder von einem separaten Steuer-Motor getrieben werden. Am elegantesten sind immer die Lösungen, die bei optimaler Präzision am leisesten arbeiten und den geringsten Strom verbrauchen. So schadet es - genug Schwungmasse vorausgesetzt - keineswegs dem ansonsten guten Gleichlauf eines präzisen Einmotorenlaufwerks (s.o.), wenn auf dem Capstan ein zusätzliches Zahnrädchen angebracht ist, das nur kurzzeitig und vor Beginn der Aufnahme/ Wiedergabe zur "Nebentätigkeit" herangezogen wird, die Steuerscheibe zu bewegen, die den Kopfschlitten in seine Betriebsposition schiebt. Störend sind dagegen die oft zu kräftig, daher laut und "brutal" arbeitenden Anzugsmagneten; sind Anzugs- und Haltespannung identisch, so verbrauchen sie unnötig viel Strom und werden schnell warm. Das zu heftige Vor- und Zurückschnellen des Kopfschlittens kann zu labil montierte Köpfe in bezug auf Zenith und Azimuth dejustieren.

In diesem Zusammenhang muß auch die gerade zur Editierung wichtige Pause-Funktion erwähnt werden. Hier sollte der Tonkopf in seiner Betriebs-Position verbleiben, während die GA-Rolle nur wenig vom Capstan abgehoben wird, gleichzeitig muß das Aufwickeldrehmoment aussetzen, damit übergangslos der Bandtransport abgebrochen wird. Die Pause-Funktion muß einen gleichbleibend exakt wirkenden Silben-Stop ermöglichen und das Band jaulfrei und tonlich ebenso exakt wieder anlaufen lassen. Nur so kann während einer professionellen Aufnahme durch Weglassen unnötiger Pausen und Publikumsgeräusche "live editiert" werden. Leider sind die wenigsten Geräte hierzu geeignet, abgesehen davon, daß bei den meisten Full-Logic-Laufwerken die "Pause" viel zu laut einsetzt. Ein solches Gerät läßt sich nicht dorthin mitnehmen, wo man als Aufnehmender mitten unter den Zuhörern sitzt und wo es auf absolute Unauffälligkeit und Stille ankommt. Ca. 95% der Geräte sind hierzu ungeeignet. Man muß leider feststellen, daß die Industrie auch hier vor ca. 10 bis 15 Jahren bessere Mechaniken zur Verfügung stellte als sie in den heutigen Blech- und Plastikensembles zu finden sind. Die konstruktionelle Vernachlässigung der Pause-Funktion läßt erkennen, wie sehr die Bedürfnisse des Anwenders von der Industrie vernachlässigt und manipuliert werden. Die Pause-Taste oder (besser) der Pause-Hebel sollte "kurzhubig", extrem leise und präzise arbeiten, mit geringstem Kraftaufwand zu betätigen und in seiner Ein- und Aus-Position deutlichst markiert sein.

Ebenfalls wichtig ist der für Schnellvor- und -rücklauf (FF / Rewind) zuständige Teil der Mechanik, vor allem dann, wenn das Gerät zu editorischen Zwecken eingesetzt wird und daher viel öfter als gewöhnlich hin- und hergespult wird, um bestimmte Programmstellen zu suchen. Früher hatten Standard- und Mittelklasserecorder die Zusatzfunktionen CUE und REVIEW, mit denen aus der Wiedergabe heraus auf Schnellvor- und Rücklauf geschaltet und dabei der Ton weiter mitgehört werden konnte; Tonkopf und GA-Rolle wurden nur geringfügig zurückgesetzt. Cue und Review bedeuteten für jene Einmotorenlaufwerke in jedem Fall zusätzlichen Stress, besonders für die dann in Eingriff stehenden Zahnräder. Die langen Tastenhebel der um 1975 gefertigten Recorder konnten abbrechen, wenn öfter auf Wiedergabe, Cue und Review gedrückt wurde. In Soft-Touch-Mechaniken setzten Cue und Review konstruktionsbedingt mehr oder weniger verzögert ein, was die Prozedur wenig effektiv erscheinen ließ; dasselbe gilt für die solenoidbestückten Full-Logic-Laufwerke, deren lautes Klacken hier besonders stört. Die Schnellvor- und -rücklauffunktion kann mit verschiedensten Mechaniken realisiert werden; auch hier gilt, daß die komplizierteste nicht unbedingt die beste Lösung ist. Vor allem müssen "FF" und "Rewind" über die gesamte Lebensdauer des Gerätes hinweg gleichermaßen zuverlässig arbeiten; zu brutal einsetzende bzw. falsch abgebremste Schnell-Läufe können besonders die empfindlichen Lang- und Doppelspielcassettenbänder (C 90, 120) zerstören. Dies gilt bes. für Geräte mit (z.T. computergesteuertem) Programmsuchlauf, wo andauernd hin-und hergefahren, abgebremst und neugestartet wird, für Bandmaterial, Cassetten- und Laufwerksmechaniken allerhöchster Stress. Wertvolle Archiv-Originale sollten dieser Betriebsart keineswegs ausgesetzt werden; dies gilt besonders für die hochglanzkalandrierten Spitzen-Bänder ab etwa 1985, die aufgrund ihrer glatten Oberflächen zu unruhigem Wickeln und vertikalem Ausbrechen (Knittergefahr!) neigen.

Drei-Motoren-Laufwerke mit direkt getriebenen Wickeltellern können bei optimaler Konstruktion (sanftes Anfahren und Bremsen!) in jeder Betriebsart, so auch bei FF/Rewind, auch das dünnste Cassettenband optimal schonen. Eine Fernbedienung von FF/Rewind bzw. Cue/Review rentiert sich nur in Sprachlabor- bzw. Diktiergeräten und ist in unserem Rahmen als unnötiger Luxus anzusehen. Es gibt standardisierte OEM-Laufwerksblöcke mit quarzgesteuertem Direct-Drive-Capstanmotor und direktem Wickelantrieb, die in mehrere hochwertige Tape-Decks (z.B. Nakamichi, ASC) eingebaut werden und dort langfristig stabil funktionieren, sofern keine netzteilbedingten Störungen eintreten.

AUTO STOP und FULL AUTO SHUTOFF: Eine dieser Funktionen sollte jedes CR-Laufwerk besitzen. "Full" Auto Stop (bzw. Shutoff) bewirkt automatisches Rückstellen (Abschalten) bei allen Lauffunktionen (also auch FF/Rewind), sobald Bandende bzw. (bei Rew.) -anfang erreicht sind; diese Funktion steuert auch die Richtungsumschaltung in Autoreverse-Geräten. Grundsätzlich unterscheidet man mechanisch und elektromechanisch gesteuerte bzw. wirkende Autostop-Mechanismen; die Zuverlässigkeit, von der ein Band-Leben allzuschnell abhängen kann (etwa bei "klebendem" rechtem Wickel), kommt weniger vom Prinzip her als von der individuellen Konstruktion, so daß auch eine sehr aufwendige Autostop-Vorrichtung nicht 100%ig ausfallsicher ist, zumal wenn zu ihrer Steuerung zahlreiche Halbleiter und nicht ausreichend dimensionierte passive Komponenten (vor allem Cs) eingesetzt werden. Für alle Varianten gilt, daß der Autostop möglichst schnell einsetzen muß, sobald der rechte Wickelteller blockiert; eine Bandschlaufe darf nicht entstehen. Schlaufenbildung wird in guten CR-Mechaniken übrigens vermieden durch eine nach Einlegen der Cassette automatische einsetzende Bandstraffung. Ein locker einliegendes Band kann von der heranschwenkenden GA-Rolle in schiefem Winkel mitgenommen und dabei unrettbar zerknittert werden, wovon wieder bes. die extrem glatten Bänder betroffen sind - dies ist der Grund dafür, daß man früher bzw. mit billigeren Bändern über Bandknittern nur selten klagte, heute jedoch öfter damit zu tun bekommt.

Der Tonmotor wird in bei vielen Geräten in "Ruhe"-Stellung abgeschaltet, so daß der Capstan bei A und W immer von neuem anlaufen muß; da in solchen Laufwerken immer eine zu lange, u.U. kritische Zeit vergeht, bis die Tonwelle ihre Nenndrehzahl erreicht hat, ist dieser Umstand wenig wünschenswert; der Capstan sollte daher durchlaufen, damit nicht nur aus der Pause heraus ein schneller "Einstieg" möglich wird. Die Präzision des Einstiegs in Aufnahme oder Wiedergabe ist im wesentlichen eine Funktion der Konzeption, Material- und Laufgüte von Bandtransport- und -führungsmechanik.

Die Zuschaltung der Aufnahmefunktion ist oftmals auch eine mechanische Angelegenheit, so, wenn in immer noch vielen Geräten von der Aufnahme(sperr)taste über eine Feder und Zugstange der auf der Hauptverstärkerplatine sitzende AW-Umschaltschieber betätigt wird. Bei entsprechender Materialgüte und Funktionssicherheit ist gegen eine solche Lösung nichts einzuwenden, wenngleich eine rein elektrische AW-Umschaltung eleganter und gewiß sicherer wäre. Vor allem jedoch muß die Aufnahme(zu)schaltung in puncto Design und Ergonomie eine ungewollte Betätigung weitestgehend ausschließen und mit einem deutlichen Signal "quittiert" werden. Zweckmäßigkeit geht auch hier vor Schönheit. Die teilweise mickrigen LEDs oder sonstigen Aufnahme-Markierungen sind eher als Witz zu betrachten. Weniger witzig ist es allerdings, wenn in der Hektik der Situation mit einem solchen Recorder eine wertvolle Aufnahme versehentlich (teil)gelöscht wird.

Die Bandführung wurde bereits mehrfach angesprochen; an ihr beteiligt sind:

1. die Führungsgabel des Löschkopfes,
2. der Bandzug- bzw. Autostopfühler links neben dem Tonkopf(block),
3. die Gabelführung des Tonkopf(block)es sowie
4. das Zusammenwirken von Capstan und GA-Rolle,

sofern es den Bandtransport stabilisierend beeinflußt. In Dual-Capstan-Laufwerken kann links neben der "bremsenden" GA-Rolle eine Zusatzbandführung (ggf.aus Keramik) angebracht sein. Auch in Autoreverse-Geräten kann die Bandführung differieren. Je mehr Höhenführungen (Führungsgabeln), desto exakter müssen diese auf- bzw. gegeneinander abgestimmt sein; die benachbarten Führungen müssen leichtes Spiel gegeneinander aufweisen, damit sich das Band "einpendeln" kann; eine zu "stramme" Höhenführung läßt das dünne Band wellig oder "flanschig" werden. PHILIPS konstruierte eine rahmenförmige Doppelführung, in die der Tonkopf eingepaßt wird, und nannte diese AZTEC (später AZIMUTH). Solche AZTEC-Köpfe haben eine feste Azimuth-Einstellung über die gesamte Lebensdauer. Alle Bandführungs-Elemente müssen so zusammenwirken, daß Azimuth-, Zenith- und Spurlagenschwankungen sowie mechanische Bandvibrationen ausgeschlossen bzw. minimiert werden. Lieber eine primitive, aber gute als eine komplizierte und fehlerträchtige Bandführung.

Die beste, aufwendigste Bandführung ist gegenstandslos, wenn Cassetten-Gehäuse und / oder Bandmaterial fehlerhaft produziert werden. Gerade die in letzter Zeit immer glatteren (kalandrierten) Bänder geben manche Probleme auf, während sich älteres, rauheres Material in der Regel gutmütig verhält. So wurde in drei hervorragenden Mehrmotoren-Geräten (Kenwood KX 9010, Kenwood KX 9050, NAD 6020) die jeweils eingelegte Maxell XL II S 100 (und XL II S 90) durch Welligkeiten und Diagonalknicke im Band unrettbar zerstört, während z.B. die Sony UX-S 90 und BASF Cr-S 90 (bzw. 60 + 100) problemlos bespielt wurden. Die Empfindlichkeit des Bandmaterials wird, zusammen mit den Problemen der Bandführung, so zur eigentlichen "Achillesferse" der Kompaktcassetten-Technik und gefährdet deren Einstufbarkeit als professionelles Ton-Dokumentationsmedium.

Zur Laufwerksmechanik gehört letztens der Band-Lademechanismus. Im Gegensatz zu vielen Geräten mit öffenbarer Klappe, hinter der die Cassette zum Laufwerk hinabtaucht, gibt es (noch) wenige Modelle mit D(irect) L(oad and) L(ock)-Mechanik; Wickelteller, Laufwerksoberplatte, Köpfe und GA-Mechanik sind frei zugänglich; die Cassette kann in allen Lauffunktionen optimal kontrolliert und sogar während des Betriebes entnommen werden; Mikroschalter bringen dann das Laufwerk in Stop-Position. Bei entnommener Cassette und ausgeschaltetem Gerät werden die Köpfe und Bandtransportelemente durch eine schwenkbare Abdeckung vor Staub und Beschädigung geschützt. Solche DLL-Laufwerke sind (bauartbedingt) weniger reparaturanfällig und können leichter und einfacher gepflegt werden. Die "konventionellen" Cassettenrecorder besitzen indessen eine schwenkbare Abdeck-Klappe mit seitlichen Führungen, die die Cassette vorpositionieren, damit sie ungehindert vom Laufwerk aufgenommen werden kann. Auf die verschiedenen Klappenkonstruktionen und -designs kann hier nicht eingegangen werden, abgesehen von der Feststellung, daß die meisten technisch und betrieblich unzureichend sind. Als Fazit kann auch hier festgestellt werden, daß der erzielte "Fortschritt" sich manifestiert in einem Trend zu immer leichteren und mechanisch labileren Werkstoffen.

An dieser Stelle sollte noch ein besonderer Laufwerks- bzw. Gerätetyp erwähnt werden, das sog. Doppel(cassetten)deck, das seit etwa 1982 in immer neuen Varianten gefertigt, auch in billigste "Henkelware" (Preis unter 200 DM, Stand Mitte 1988) eingebaut wird und sich steigender Beliebtheit erfreut. Es handelt sich hier im die Kombination zweier vollständiger CR-Laufwerke in demselben Gehäuse und mit derselben Stromversorgung, wobei ein Laufwerk nur für Wiedergabe zuständig ist, das zweite Aufnahme und Wiedergabe gestattet. Solche Doppeldecks, auch die billigeren, ermöglichen beim Kopieren Synchronstart und High-Speed-Dubbing mit doppelter, in lediglich einem Fall mit sechsfacher Geschwindigkeit. Die meisten sind mit Dolby B und C ausgerüstet, besitzen sogar Mikrofon-Eingänge und Kopfhöreranschluß, jedoch nur einfache Aussteuerungsanzeigen mit LEDs, sofern sie nicht mit ALC arbeiten; billigere Laufwerke besitzen Soft-Touch-Mechaniken, die besseren Full-Logic-Technologie. Der Gleichlauf solcher mechanisch und elektrisch gesehen meist primitiver Doppeldecks liegt unterhalb der HiFi-Norm, vor allem beim High-Speed-Dubbing, wo es auch Probleme gibt mit dem Dolby und Pfeifinterferenzen durch die Lösch-HF. Die Besitzer solcher Geräte glauben (weil es ihnen die Werbung suggeriert), daß sie damit ein Kompakt-Studio für problemloses und perfektes Kopieren erworben hätten. Doch hören sich die Kopien, vor allem Klassischer Musik, nicht selten unsauber und zittrig an. Deshalb sind, bis auf wenige recht teure Ausnahmen, solche Doppeldecks rundweg abzulehnen, haben sie doch das in CR-Technologie Erreichbare um Jahre zurückgeschraubt und auch das Cassetten-Kopieren ins Lächerliche verkehrt. Es stimmt bedenklich, daß im Amateursektor mittlerweile mehr Doppel-als Einfachdecks angeboten werden und daß die Industrie das Doppeldeck offenbar als innovatorische Alternative zum bisher Erreichten ansieht.

14. Schlußbemerkung

Der Cassettenrecorder ist im Laufe seiner Geschichte nicht in allen Punkten so verbessert worden, wie man es sich vom technischen, ergonomischen und applikativen Standpunkt hätte wünschen können. Vorantwortlich dafür sind marktpolitische und profitorientierte Überlegungen, die in vielen Fällen die Bedürfnisse der Praxis weit außer Acht ließen. Vor allem auf dem rein professionellen Sektor fehlen bis heute netzunabhängige Cassettenrecorder für den rauhen Betrieb der Live-Aufzeichnung vor Ort wie robuste, ggf. fernsteuerbare "Langlauf"-Geräte für die (präzise und dennoch leicht handhabbare) editorische Bearbeitung und Archivierung im Studio. Nur wenige Firmen wie REVOX oder ASC betrieben Modellkonstanz und -pflege und produzierten Geräte, die sich wenigstens für semiprofessionelle Zwecke eignen. Die Offenspulen-Reportagegeräte von NAGRA oder STELLAVOX haben kein Cassetten-Pendant; das SONY "TCD5M" ist zwar klein und handlich, doch zu zart und feingliedrig für rauhen Einsatz, außerdem wenig servicefreundlich und ein Zweikopfgerät, das bei längerem Betrieb zu kanalungleicher Aufnahme neigen kann. - Andererseits haben - nach Abstellen einiger "Kinderkrankheiten" - meine beiden 1985 und 1986 erworbenen TCD-5Ms bis heute zuverlässig gearbeitet; mit dem ersten sind in (mittlerweile) rund 25 (!) Jahren rund 1000 (!) ausgezeichnete Live-Aufnahmen entstanden, die einen Vergleich mit (den seit 4/1990 parallel durchgeführten) digitalen Mitschnitten nicht zu scheuen brauchen. Nebenbei bemerkt ist der Gleichlauf des (ersten) TCD-5Ms mit der Zeit immer besser geworden - was einen gewissen "Einfahr-Effekt" signalisiert. Spätestens daraus können wir lernen, daß Tonbandgeräte und Cassettenrecorder dazu da sind, benutzt zu werden, und nicht gerade besser werden dadurch, daß sie längere Zeit in Schränken herumstehen. Ein solches "Standgerät" sollte vor jeder Re-Aktivierung einen "Burn-in" von mindestens 8-12 Stunden erfahren. Bleibt das Gerät nur "handwarm" und geben die eventuellen Antriebsriemen ihren Geist nicht auf, so ist mit betrieblicher Zuverlässigkeit zu rechnen.

Einziger Dreikopf-Portabelrecorder ist gegenwärtig der MARANTZ "CP 430", dessen Gleichlauf indessen nicht allen kritischen Programmquellen (Sakralorgel, Cembalo) gerecht wird. Dasselbe gilt für den UHER CR 240 AV mit seinem separaten AV-Steuerkopf, der jedoch seit einigen Jahren nicht mehr produziert und verkauft wird. Die elektronische Motorregelung (Tacho-Generator) der kleinen Portabelgeräte liefert nicht dieselben hervorragenden Gleichlaufwerte wie etwa die konventionellen Einmotorenlaufwerke mit groß dimensionierten und optimal ausgewuchteten Schwungscheiben. Wirkliche Fortschritte sind zu verzeichnen auf dem Felde der Kopf- und Bandtechnologie sowie hinsichtlich der NR-Systeme wie DOLBY C, DOLBY HX , DOLBY S oder HIGH COM.

Konsequent weiterentwickelt wurde die Integration und Miniaturisierung der Geräte-Elektronik, ein in Anbetracht der gleichgebliebenen Heimgerätegrößen nur auf dem Portabel-Sektor nutzbarer Vorteil. Der SONY-"Walkman Professional WM-D6C", ein Meisterwerk der Feinmechanik und Kleinst-Elektronik, füllt als Miniatur-HiFi-Cassettenrecorder mit DOLBY C und Reineisenband-Tauglichkeit eine Marktlücke; mit dem WM-D6C gemachte Reportageaufnahmen werden sogar vom Rundfunk anerkannt. Allerdings akzeptiert das Gerät nicht alle Cassetten-Marken; allzu glatte Bänder wandern nach oben oder unten ab und werden wellig, die Eigen-Aufnahme wird auch dadurch wertlos, daß es mit dem Azimuth nicht mehr stimmt, und gute Fremdbänder werden durch einmaliges Abspielen unrettbar zerstört. Dieser an sich unerklärbare Bandführungsfehler wurde bei zwei Exemplaren beobachtet und konnte beim zweiten durch eine zusätzliche Bandführung am Löschkopf gemildert werden. Hier zeigt sich einmal mehr, welches Vabanque-Spiel (und Labilitäts-Risiko) mit der Konstruktion von Bandführungs- und -transportmechaniken einhergeht und daß ein Prinzip, das in zahlreichen [auch teuren] Geräten sicher und langzeitig funktioniert (1 Bandführung links am LK, 1 rechts am AWK), auch bei sehr hochwertigen Geräten in einer bestimmten elektromechanischen Konstellation versagen kann.

KENWOODs "Super Twin Loop Linear Exciter" und ähnliche Konzepte der Sprechkopf-Konstantstromspeisung weckten große Erwartungen, die jedoch nicht erfüllt wurden. Ähnlich verhielt es sich mit dem in TECHNICS- und andere Geräte eingebauten NR-System "dbx" mit seiner angeblichen Dynamik von 110 dB. Die neuerdings immer häufiger eingebauten elektronischen Zählwerke mit z.T. "real time count" Funktion sind ein bedienerisches Plus, leider jedoch vermißt man sie in den für professionelle Live-Dokumentation benötigten netzunabhängigen Recordern. In puncto (professionelles) Zubehör wurde der Anwender weitgehend im Stich gelassen, wenn man von wenigen Firmen (wie z.B. SONY) absieht, die sich um die Entwicklung von nützlichem Portabel-Equipment bemühten. Hinsichtlich der Bedienbarkeit (Ergonomie, Handling) hat sich nicht viel Neues getan, allerdings wurden die Geräte leichter; dies ging jedoch auf Kosten der (Langzeit-)Stabilität. Die schon vor zehn Jahren eingebauten FL-Meter finden sich noch heute in manchen Mittel- und Oberklasserecordern, allerdings meist mit roten Leucht-Elementen (KENWOOD, NAKAMICHI etc.). Die stromsparenden LCD-Aussteuerungsanzeigen wie neuerdings im SONY-PCM 2000 erschweren in heller Umgebung das Ablesen, bedeuten daher keinen Fortschritt. Die Bedienungselemente und ihre Anordnung unterliegen weiterhin den weitgehend praxisfeindlichen aktuellen Design-Trends; die solchermaßen "gestylten" Recorder wurden dadurch nicht gerade übersichtlicher, auch dies zu Lasten der Anwender. Einem professionellen Nutzer wird es immer ziemlich gleichgültig sein, welcher technikunbedarfte Designer sein Gerät "erschaffen" hat, wenn das unbequeme und risikobehaftete Arbeiten damit demotiviert und frustriert. Dynamik, Klanggüte und Handling, die wichtigsten Qualitätsmerkmale, haben sich also nicht oder nur kaum verbessert.

Zum Schluß wäre noch die Frage aufzuwerfen, ob man das Cassettenrecorder-Konzept als professionell bezeichnen könnte. Wie bereits angedeutet, haben sich die professionellen Tonmeister und -ingenieure im Grunde bis zuletzt diesem Tonspeichergerät gegenüber sehr reserviert verhalten. Der CR hat bis heute seinen etwas zweifelhaften Ruf als "Amateurgerät" nicht abschütteln können. Schuld daran tragen zum einen die stark konsum-, mode- und profitorientierte Industrie und die von ihr lancierte Gerätewerbung. Den Bedürfnissen der Anwender wurde in nur sehr geringem Maße Rechnung getragen. Ebenso schuldig sind die professionellen Anwender, die es in all den Jahren versäumt haben, sich notwendigerweise mit dieser Geräte-Art vertraut zu machen und aus einer solchen Erfahrung heraus dezidierte Forderungen an die Industrie zu richten. Wäre dies geschehen, so gäbe es mit Sicherheit inzwischen spezielle, langlebige Profi-Geräte mit 9,5 cm/s Bandgeschwindigkeit und Vollspuraufzeichnung oder Stereoaufnahme auf 2 x 1,7 mm breite Spuren mit Schmetterlingsköpfen. Dann gäbe es auch hochwertigere Cassettenmechaniken, robustere Bänder, bessere Aussteuerungsanzeigen in Batteriegeräten usw.  Schließlich arbeitet(e) doch das als Mini-Spulen-Reportagegerät so hochgeschätzte, mittlerweile ebenfalls "museale" Dreikopf-Gerät "NAGRA SN" mit 9,5 cm/s und dem nur 3,81 mm breiten (auf Metallspulen konfektionierten) Cassetten-Tonband!

Die Zartheit des Kompaktcassetten-Magnetbandes, die weniger als 1/10 der konventionellen Vollspur messende (Stereo)-Cassettenspurbreite, die noch immer nicht beseitigte Dropout-Gefahr, die Unzuverlässigkeiten der seit 1987 immer "billiger" werdenden Cassettengehäuse-Mechaniken (z.B. der mehrfach beklagte Andruckfilz), die mangelhafte IEC-Kompatibilität bestimmter Cassettenbänder und die Schwierigkeit, für das "High-Density-Verfahren" einer solchen auf 4,75 cm/s reduzierten Analog-Aufzeichnung einen optimalen Bandfluß und eine störfreie, spurtreue Magnetisierung zu erzielen, haben bislang die Bedenken der professionellen Cassettenband-Gegner nicht aus dem Wege räumen können, wenn man absieht vom "Sonderweg" des mit 6,25 mm breitem Band und mit 9,5 cm Geschwindigkeit arbeitenden, in Vergessenheit geratenen ELCASET-Verfahrens.

Im ganzen glaube ich, daß man trotz dieser wunden Punkte die Idee der Kompaktcassetten-Tonspeicherung und in Anbetracht des erreichten state-of-the-art einen sorgfältig konstruierten, langzeitig zuverlässigen Cassettenrecorder auch (zumindest mit Einschränkungen) als für professionelle Anwendungen geeignet ansehen kann: zum einen für alle Arten von O-Ton-Aufnahmen bei Hörfunk, Film, Fernsehen und innerhalb der wissenschaftlichen Feldforschung (Demoskopie, Psychologie, Linguistik), weiterhin als Archiv- und Benutzermedium in Hörbibliotheken sowie (mit 9,5 cm/s) als Zwischenträger- und Bearbeitungsmedium im Filmvertonungs- und sonstigen Tonstudiobetrieb. Vorerst bleibt fraglich, ob sich der DAT-Recorder wird durchsetzen können gegen die CD-Selbstaufnahme. Die passive Haltung der Verbraucher, der unvergleichliche Siegeszug der CD und die Gleichgültigkeit der professionellen Anwender haben zu einer Nivellierung und Verarmung im CR-Angebot geführt. Aufgrund dieser Tatsache und mangels qualifizierter Beratung bleibt es dem ernsthaften Anwender überlassen, die wenigen (noch) für seine (semi)professionellen Aufgaben geeigneten Geräte und Zubehör-Einheiten selbst ausfindig zu machen.

s.a. Glossar

Marburg, im August 1988                               Dr. Wolfgang Näser

15. Separate Nachträge

Auch 37 Jahre nach ihrer Einführung sind Cassettenrecorder weiterhin populär: sei es in Form zahlreicher "Walkmen", als Laufwerke in Radioweckern, "Henkelware" sowie als mehr oder weniger autonome Komponenten von Stereo-Anlagen. Kompakt-Cassetten bevölkern nach wie vor massenhaft die Regale von Kaufhäusern und Einzelgeschäften, weisen jedoch längst nicht mehr die mechanische Qualität der noch bis ca. 1988 gefertigten Typen auf. Der gnadenlose Preiskampf und die Markt-Migration vom Einzelhandel zum Großmarkt sind ebenso verantwortlich wie der Entwicklungstrend zu den neuen Medien MD und CD-R, die gerade noch rechtzeitig auf den Plan traten, um der mit hervorragenden Reineisenband- und Chromsubstitutbändern höchstentwickelten Kompaktcassette die Chance zu nehmen, in den erlauchten Kreis der High-End-Medien einzutreten.

Vorläufiger Endpunkt der Tontechnik ist schon 1997 ein mit konventioneller PC-Hardware (Prozessor, Soundsystem, Massenspeicher) + modularen Programmen "gefahrenes", voll digitales Studio für Aufnahme, Bearbeitung (Analyse, Manipulation, Mastering) und Wiedergabe akustischer Ereignisse. 1998 standen erste autonome CD-Recorder für nur 1300 DM in den Regalen; CD-Mastering und -Kopien mit dem PC gibt es auf dem Amateursektor seit Anfang 1997. Inzwischen (10/2k2) ist der stationäre 2,5-GHz-PC mit 32-Bit-Sound, Festplatten von 80 Gigabytes (und mehr), Sound-Editoren wie dem hervorragenden Cool Edit 2 oder CuBase 5 und CD-Brennern mit max. 48-facher Geschwindigkeit zum vollwertigen Stereo-Digitalrecorder und universellem Mastering-Studio geworden; Notebooks mit 2-GHz-CPU, Festplatten bis 60 GB und Vollduplex-Soundsystem werden, zusammen mit einem USB- oder Firewire-Interface, externen Mikros und Vorverstärker, zum Portabel-Studio für direktes Harddisk-Recording und CD-Premastering. Die 1993 eingeführte, zunächst stiefmütterlich behandelte, löschbare Mini-Disc feiert seit 1998 eine grandiose Wiederauferstehung, ermöglicht zu einem Materialpreis von rund 5 DM bis zu 80 Minuten digitale Stereo-Aufnahme und wird in absehbarer Zeit als 'Volks-Tonträger' die Cassette ablösen, sofern ihr der schon für weniger als 3 DM erhältliche Audio-CD-Rohling nicht den Rang abläuft (autonome CD-Portabelrecorder sind noch nicht erhältlich). Die Anfang 1988 vorgestellten portablen und stationären DAT-Recorder sind (außer im rein professionellen Bereich) praktisch vom Markt verschwunden.

Die in den letzten Jahren bis Anfang 2000 gefertigten analogen und digitalen Recorder bekräftigen meine Ausführungen insofern, als, auch in teuren semiprofessionellen Geräten, die ehemals solide, robuste, langlebige Mechanik fast ausschließlich in Billig-Bauweise realisiert oder noch stärker durch (meist stör-anfällige) Elektronik ersetzt wurde: Widerspiegelung eines immer augenfälligeren Trends weg von schwer(fällig)er Mechanik hin zu höchstintegrierter digitaler Hardware, die neuerdings gar ersetzt wird durch hochkomplexe Windows-basierte PC-Software. Beispiele hierfür sind jüngst aufgetauchte Programme für Sonagraphie und zeitdehnendes-/-raffendes Manipulieren von Sprache ohne Veränderung der Tonhöhe (seit der Erstrealisation 1941/2 in deutschen Labors bislang nur mit dem auf rotierenden Köpfen basierenden Tempophon möglich). Konsequente Reduktion mechanischer Bausteine (ECM-Membran im Durchmesser gleich dem menschl. Trommelfell), Höchstintegration verarbeitender Einheiten bis zur Molekularstruktur und neuronal-bionische Funktionsmodelle reflektieren ein Nachempfinden originär-physiologischer Reizortungs- u. -verarbeitungs-Systeme.

Obwohl im Jahre 2002 nur noch wenige Cassettenrecorder auf dem Markt sind, neue Geräte nicht mehr entwickelt werden und die käuflichen Audiocassetten im Vergleich zu ihren Vorgängern Mitte der 80er Jahre sehr an Qualität eingebüßt haben, hat die analoge Kompaktcassetten-Aufnahmetechnik nichts an Wert eingebüßt - im Gegenteil, falls DAT-, MD- oder CDR-Direktaufnahme fehlerhaft werden, was dann und wann passiert. Ein vorgeschalteter hochwertiger CC-Recorder wie der SONY TCD-5 M mit seinem noch immer unübertroffenen Mikrofoneingang und Limiter kann, zusammen mit einer guten Chromdioxid- oder Reineisencassette sehr gutes Material liefern für eine spätere Audio-CD(R), selbst bei so kritischem Programm wie einer mit vollem Werk spielenden Sakral-Orgel. Wie brillant eine solche analoge Cassettenaufnahme ist, zeigt sich, wenn sie mit einem Gerät wie dem Kenwood KX-9010 o.ä. Recordern mit sorgfältig konstruierter, langfristig stabiler Bandführung abgespielt wird. Professionelle Audio-Dokumentatoren tun gut daran, sich rechtzeitig mit einem Vorrat an guten Audio-Cassetten einzudecken und ihre hochwertigen Analog-Recorder nicht zum alten Eisen zu werfen; auf Fachtagungen wie den letzten Tonmeistertagungen (2004-2008) sind sie inzwischen Geschichte (WN 31.3.2k9).

Nach der Jahrtausendwende verlagern sich im Digital-Zeitalter die Entwicklungstrends und die mit den Innovationen verbundenen Probleme immer mehr von der Hard- zur Software. Programme ersetzen nicht nur herkömmliche Konstruktionen, sondern emulieren nie dagewesene Features einer geradezu idealen Aufnahme- und Wiedergabemechanik. Feinheiten der Entzerrung, der Feinstrukturierung im Aufnahmen und Wiedergeben schwieriger Tonquellen und Klangmuster werden zum Gegenstand stetig verfeinerter Algorithmen. Während vor vierzig Jahren die Halbierung der Bandgeschwindigkeit und die Verdoppelung der Spurenzahl beim mechanisch-analogen Tonbandgerät trotz merklicher Klangeinbußen als technische Großtat gelten konnte, stellen wir mit Erstaunen fest, daß bei kaum noch feststellbaren Klangverlusten allein durch geniale Algorithmen im PC ein Vielfaches dieser Aufzeichnungsökonomie, nämlich eine Kompression und damit Materialreduktion bis zum nahezu 70fachen erzielt werden kann: ins Mechanische übertragen hieße das, bei nur geringen Verlusten die Aufzeichnungsgeschwindigkeit eines Tonbandes von beispielsweise 19 auf weniger als 0,3 cm/sec zu reduzieren: kaum vorstellbar der damit verbundene mechanische und elektrische Entwicklungsaufwand.

Im Jahre 2009 sind, bis auf wenige Ausnahmen, alle Cassettendecks vom Markt verschwunden. Seit etwa vier Jahren gibt es für den "Amateur" erschwingliche Digitalrecorder, die ihre Signale auf Compact-Flash-Karten speichern, die durch die Digital-Fotografie bekannt geworden sind; mittlerweile gibt es im CF2-Format nicht nur Solid-State-Speicher bis 2 oder gar 4 GB, sondern auch sogenannte Micro Drives, also richtige Miniatur-Festplatten, bis 16 GB. Mit meinem seit Mitte 2005 verwendeten Marantz PMD 660 konnte ich durchweg gute Erfahrungen machen, war jedoch froh, angesichts zweier Totalausfälle des Flashrecorders jeweils noch mit dem guten alten Sony TCD-5 eine analoge Cassetten-Parallelaufnahme gemacht und damit ein masterfähiges Original gewonnen zu haben. Als Mini-Version des Flashrecorders gibt es für die sog. SD-Karten kompakte All-in-One-Geräte wie den nur 54 Gramm "schweren" Olympus WS-200S, mit dem sich bei 20-facher Signalkompression immer noch eine der Stereo-Bandaufnahme mit 9,5 cm/s vergleichbare Sprachqualität erzielen läßt, den DS-40, der mit 128 kB/s (MP3) schon A-Cappella-Choraufnahmen gestattet, und den Zoom-H2 und -H4, die selbst mit den eingebauten Mikrofonen im Format MP3 und sogar WAV hochwertige Live-Mitschnitte auch anspruchsvollster Klassischer Musik ermöglichen.

Die Qualität der Tonaufnahme läßt sich nicht weiter verbessern: die obere Hörfrequenzschwelle wurde schon vor Jahrzehnten erreicht, die Dynamik der Digitalaufnahme reicht über das in Wohnräumen Ertragbare hinaus, der Speicherplatz ist enorm, der Titelzugriff optimiert. Innovationen sind nur noch in Gestalt des Speichers denkbar. Freilich wurde im Laufe der Technikgeschichte schon öfter behauptet, ein Endpunkt sei erreicht, und wird es vielleicht schon in naher Zukunft Verfahren geben, die unsere bisherige Vorstellungskraft übersteigen. Was als einzige Konstante bleiben muß, sind das Vergnügen am Tonlichen, die Begeisterung und Experimentierfreude, ohne die jede Art akustischer Dokumentation zu armseliger Routine verkommen würde.

Der Cassettenrecorder ist nicht tot - es lebe der CR!

Obiges Foto zeigt meinen rund 25 Jahre alten, ersten, von  mir für rauhen Betrieb umgebauten und mit Eigenbau-DIN-Klinkenadapter versehenen Sony-TCD-5M. Am 29.11.2010 habe ich mit diesem (in bewährter Weise auch als Mikrofon-Vorverstärker und Limiter arbeitendem) Gerät auf 2x Sony-UX-S 60 in Marburgs kath.Kirche St. Peter und Paul das von Prof. Siegfried Heinrich geleitete Festkonzert zum 40. Bestehen des Marburger Konzertchors aufgezeichnet. Und ich bin froh, für Digitalisierungsarbeiten auch Geräte wie das hervorragende Tascam 133 zu besitzen.

Übrigens: in bestimmten Web-Texten verbreitet sich die Mär, mehrere Jahrzehnte alte Cassetten verlören die Höhen und damit in Archiven ihren Wert. Einen Gegenbeweis (von vielen möglichen!) liefere ich hier: die am 7. August 1981 während des weitbekannten Kram- und Viehmarkts auf dem (Bad) Arolser Kirchplatz mit einem bescheidenen UHER CR 124 (ohne Dolby) und einem Quelle-Kompakt-Stereomikrofon auf eine Maxell XL-1-S (von deren Präzision man heute nur noch träumen kann!) aufgenommene große "Konzertorgel". Fotografiert habe ich die Cassette (Bild re.) am 11.12.2010, dann mit Sony-TCD 5 (Dolby OFF) kopiert auf Zoom-H 2, die *.wav eingelesen, editiert und encodiert zu MP3pro / 96 kBps. Hier der Beleg dafür,.wie es eine Generation nach der Live-Aufnahme klingt (oder klingen kann).

Wird ergänzt * Text und Digitalfotos: (c) Dr. Wolfgang Näser, Marburg * Stand: 11.12.2010