W. Näser: Verstärker-Bau 1961-1978
s. hierzu auch: Impressionen aus dem
Verstärkerbau eines Oberstufenschülers (geschrieben 15.11.1962)
Nachfolgende Bilder und Daten dokumentieren meine Bemühungen, vom ersten Lautsprecher-Selbstbau (1959/60; => Musik) an mit bescheidenem Aufwand Geräte zu entwickeln und zu bauen, um Audio-Signale (Sprache, Musik) in höchstmöglicher Qualität zuzuführen und zu bearbeiten. Als noch 17jähriger erbaute ich 1961 den ersten Verstärker (Bild 1). Als Vorstufe arbeitete die alte Vorkriegs-Stahlröhre EF 11, dann kam eine ECC 81 und, als Endstufe, 2 parallelgeschaltete EL 95. Die Anodengleichspannung wurde noch von einer betagten RGN 1064 erzeugt. Das, wie zu sehen ist, mit ausgeschlachteten Teilen bestückte Chassis hatte immerhin schon eine "Kuhschwanz"-Höhen-/Tiefenregelung, einen Mikrofoneingang und ein "abschaltbares Höhenfilter zur Unterdrückung von Störgeräuschen". Kurz vor dem Abitur wurde daraus die verbesserte Version 2 (Bild 2) mit der EL 84 (und als Gleichrichter der EZ 81); eine weitere - Zwischenversion - 3 zeigt der unter Bild 1 zu sehende, stark aus einem Foto von 1963 herausvergrößerte Ausschnitt; markant das oben im abgeschrägten EB-Holzgehäuse sichtbare, als "Modulometer" arbeitende Drehspul-Instrument. Ein Jahr später erhielt die in Bild 2 links hinten sichtbare Endstufe eine aus Baugründen teilweise versenkt eingebaute 11-Watt-Pentode EL 34 und einen hochwertigen ISOPHON-Ausgangstrafo. Wie Bild 4 zeigt, wurde auch das Gehäuse neu konzipiert, überhaupt erinnerte nun das Design an die damaligen kommerziellen Röhrenverstärker. Dieser nun auch mit moderner Mikrofonstufe (EF 86) und einer entzerrten Eingangsstufe für Tonabnehmer ausgerüstete Verstärker modulierte auch den 1963-1965 experimentell betriebenen 4-Watt-Sender mit AL 5/375, dessen im Anodenkreis liegender NF-Trafo primärseits niederohmig eingespeist wurde, und leistete bis in die 70er Jahre hinein gute Dienste mit der inzwischen systemmäßig verbesserten und zur Tonsäule umgebauten Schallwand.
Vielfältige Erfahrungen aus der Sprachlabor-Arbeit (Erstellung und Präsentation von Übungseinheiten) und der Betreuung des Medien-Archivs (Katalogisierung und Sicherung von Audio-Materialien) im Englischen Seminar der Philipps-Universität (1969-1971) führten zum Bau meines zweiten, mit Silizium-Transistoren versehenen Eigenbau-Verstärkers; in einem (aus einem abgekanteten Verkehrsschild entstandenen!) EB-Gehäuse befanden sich zunächst zwei 6-fach-"Verzerrer"-Bausteine als Nachbau des RIM-"VZ 6", d.h. zwei in Kaskade gekoppelte Equalizer mit jeweils Reglern für die Bereiche 40 Hz, 200 Hz, 1,5 kHz, 5 kHz, 7,5 kHz und >10 kHz. Dieser durch die Kettenschaltung hochwirksame Linear-Verzerrer erlaubte ein materialgerechtes (Provenienz, Alter, Klang), optimiertes Überspielen und Abhören von Sprache und Musik und, dank des eingebauten Phono-Entzerrers konnte der von mir 1970 erworbene, mit einem hochwertigen Magnetsystem arbeitende DUAL-Plattenwechsler "1219" angeschlossen werden; die im VZ 66 verarbeitete NF gelangte zwecks Überspielung zum NordMende-Tonbandgerät 8001/T4 und/oder via EB-Verstärker 1 (Bild 4) zur EB-Tonsäule. Wie Bild 5 (links) zeigt, wurde in den folgenden Jahren das Alu-Gehäuse verbessert, auch erhielt das Gerät eine 6-Watt-Endstufe (AD 161/162, mit Impedanzregler) und später ein sog. Sherold-Filter (mit Trennverstärker), das eine sehr steilflankige Schmalbandcharakteristik erzeugte, also einen "Telefon"-Klang, der es ermöglichen sollte, stark mit Knistern und Rauschen behaftete Signale zu verarbeiten (tatsächlich verwendete ich dieses Filter 1985 bei dem Versuch, die mir von W. Haas überlassene Aufnahme des Kaisers Franz Joseph I. von 1903 korrigierend zu überspielen). Zur Verwendung als Modulations-Vorverstärker für Amateurfunkgeräte wurde ein separater Mikrofoneingang mit PTT-Durchschleifkontakt nachgerüstet.
Der im Frühjahr 1972 entstehende dritte EB-Verstärker enthielt, in steckbaren Baugruppen auf sog. Veroboard-Platinen, je einen VZ6-Equalizer und einen Phono-Entzerrervorverstärker für Kanal + R, später (bis 1976) zusätzl. einen Pegeltongenerator u. eine Mono-Lautsprecherendstufe. Die in dem aus einer ehemaligen Schublade "abgeleiteten", mit Tragegriff versehenen Unterteil befindliche Stromversorgung enthielt einen streuarmen Ringkern-Trafo und speiste das abnehmbare Verstärker-Modul über eine simple DIN-Kupplung. Der VZ 66 SME diente als Equalizer meiner Stereo-Anlage ebenso wie für frequenz- bzw. klangkritische Überspielungen, für Pegeleinmeß-Versuche und zur monauralen Wiedergabe didaktisch aufbereiteten Audio-Materials. Aufgrund von späteren Problemen mit den zu kleinen und minderwertigen Einstell-Potentiometern wurde das Gerät (leider) demontiert.
Der im Herbst 1976 gebaute vierte NF-Verstärker (Bild 8) arbeitete wieder mit Röhren: vier ECL 86 arbeiteten in Gegentakt-Parallel-Betrieb an einem ENGEL-Ausgangstrafo und lieferten ca. 25 W Ausgangsleistung; der Eingang ist regelbar (ein weiterer Regler dient zur Brummkompensation der in dieser Hinsicht empfindlichen Vorstufenröhren). Das Gerät diente bis 1978 als NF-Endstufe in einer provisorischen Stereo-Anlage und ist noch heute betriebsbereit, könnte also beispielsweise die ebenfalls noch vorhandene Schallwand mit genügend Leistung versorgen (oder als Gitarrenverstärker dienen).
Kommen wir nun zu den Sonderfällen; erwähnen möchte ich zwei Geräte, die in meiner Amateurfunkstelle Verwendung fanden: zunächst ein mit Röhren bestückter, 1970 erworbener Kompressor-Vorverstärker ("Compreamp"); das ursprüngliche US-Gerät (Bild 9) arbeitete als 19-Zoll-Einschub (rack mount) in kommerziellen Übertragungsanlagen, um das Audiosignal auf einen bestimmten Wert zu begrenzen und damit nachgeschaltete Leistungsverstärker (bzw. Modulatoren) vor Zerstörung zu schützen. Bis auf Netz- und Audiotrafo habe ich alle Komponenten entfernt und im Jahre 1973 das Gerät mit modernen Hochleistungsröhren und mehreren mischbaren Eingängen (s. Doppelregler a. Foto rechts) neu aufgebaut:
Kaskodenvorstufe.....PCC 88
Mikro ein (lo. imp.) ..ECF 82
AF-Bandpass ein .....ECC 81
PU & Radio ein .......ECC 83Gegentakt-ein ..EF 80
Regelstufen ......EF 80 \__
+ EBF 89/
Gegentakt-aus ....ECC 83
Anzeigeverst. .E 90 CC
es fungierte danach als Modulations-Kompressor am SSB-Transceiver und zur nivellierten Verarbeitung des von dessen Empfängerteil gelieferten AFSK-Signals in der RTTY-Anlage. Das (mit keramischen Lötstützpunkten und hervorragenden Bauelementen zwar exzellent aufgebaute, doch) gemessen am Aufwand zu große, schwere Gerät wurde nach 1982 demontiert; das - auch als Durchschleif-Prozessor verwendbare - kleine SONY TCD-5 M mit seinem Limiter arbeitet z.B. mindestens ebenso gut und wäre naturgemäß in der Lage, einkommende AFSK-Signale gleich mit aufzuzeichnen (solche Erwägungen sind mittlerweile akademisch; das konventionelle Funkfernschreiben ist Geschichte).
Weiter vorhanden ist jedoch mein im Herbst 1971 aus Teilen des ehemaligen AM-Senders neu aufgebauter, externer, im Gegentakt-B arbeitender Modulationsverstärker (Bild 11). Der Blick auf die Unterseite zeigt hochwertige Lötleisten aus Keramik und groß dimensionierte Elektrolytkondensatoren zur Siebung und Glättung der Anodengleichspannung. Der Modulator benötigt ca. 300 mV Eingangsspannung; die hochohmige Sekundärwicklung des Endstufen-Trafos speist den Modulations-Ausgang; hier kann das "kalte" (= verblockte) Ende der Senderendstufen-Anodenleitung (vor dem HF-Ausgangskreis) "eingeschleift" werden. Da sich die Sender-Anodenspannung (700 V) und die Modulationsspannung hier gegen Masse addieren, sind Trafowicklung und Ausgangsbuchsen besonders kurzschlußgefährdet (was in einem Ende 1971 geführten QSO relevant wurde). Wird am Ausgang eine 60-Watt-Birne (für 220 V) angeschlossen, so leuchtet sie hell auf bei voller NF-Leistung ("Lichtorgel"-Effekt).
Wird ergänzt * Text, Layout, Fotos: (c) Dr. Wolfgang Näser, MR, Februar 2002 * Stand: 1.2.2007