DAS GESAMTE LAUTDENKMAL AUF EINEM EINZIGEN DATENTRÄGER: experimentelle Möglichkeiten in Forschung und LehreMeine seit über sieben Jahren unternommenen Versuche mit allen gängigen Algorithmen bzw. Formaten der Audio-Kompression führten konsequenterweise auch zu Überlegungen, wie die rund 18 Stunden des 306 Schallplatten-Aufnahmen umfassenden Marburger "Lautdenkmal"-Bestandes, nach ursprünglichem Maßstab ein großer Schrank voller Platten, mit Hilfe dieser modernen Technologie auf nur einem einzigen Tonträger untergebracht werden könnten: dies wäre eine große Hilfe sowohl in der Forschung wie vor allem in der Lehre, wo die Kleinheit des Mediums und die Schnelle des Zugriffs eine optimale Präsentation ermöglichen würden.
1. Zunächst wandte ich mich der beschreibbaren CD zu und versuchte es einem derzeit gängigen und sehr leistungsfähigen Kompressionsverfahren, nämlich dem auf einer mit dem Zukunftspreis 2000 gekrönten Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen basierenden mp3. Komprimiere ich die mittels Umspielung der Tonbandkopien auf CD-Rohlinge gewonnenen *.wav zu mp3pro /64 kbps (22 kHz Stereo), so beanspruchen alle mir vorliegenden 306 Aufnahmen zusammen nur 477.593.365 Bytes, also gerade 2/3 einer CDR(!); allerdings wird dieses sparsame und daher rechenintensive Format auf einem preiswerten MP3-CD-Player wie dem neuen (7/2k1), weniger als 200 DM teuren Roadstar PCD-3025 MP nur mit je max. 2 Minuten abgetastet. Der links abgebildete Riovolt SP 50 und andere der neuerdings (2k4) erhältlichen, immer preisgünstigeren Player reproduzieren alle Dateien in voller Länge.
2. Um jedoch auch mit dem erwähnten PCD-3025 und vergleichbaren älteren Geräten volle Abspielbarkeit aller *.mp3-Dateien zu erreichen, transcodiere ich mit einem Batch-Konverter wie dem Streambox Ripper 2.011 den mp3-Bestand zum Format 96 kbps /32 kHz Stereo (oder encodiere, wenn ich sicher gehen will, die originalen *.wav in dieses Format) und schreibe dann die 306 Tondateien (z.B. mit dem Easy CD Creator 4.0) auf eine 80-Minuten-CDR. Der MP3-Player verarbeitet max. 50 "Albums" (=Directories) und spielt pro Album max. 50 Stücke ab; daher und mit dem Ziel schnellstmöglicher Auffindbarkeit müssen die 306+ Files auf der CD-R "dekadisch" in 30 Directories (\01...\30) aufgeteilt werden (z.B. 01 bis 19 in \01, 20-29 in \02 usw., 290-299 in \29). Suche ich also die Aufnahme #30, so wähle ich auf dem PCD-3025 MP das Album #3, in dem als erstes File automatisch die gesuchte Aufnahme erklingt. WN 26.07.2001
3. Kaum zu glauben: das gesamte "Lautdenkmal" läßt sich ohne wesentliche Qualitäts-Einbußen sogar auf einer der neuen Mini-CDRs von <8 cm Durchmesser (180 MB) unterbringen, sofern alle Dateien mit 22 kbps/32 kHz Stereo zu *.wma encodiert werden. Das einzige Problem liegt dann darin, einen Player zu finden, der dieses Format (noch) kompromißlos verarbeitet. WN 28072k1
4. Am 6.4.2k2 konvertiere ich mit Streambox Ripper 2.011 das gesamte Directory \lautdenkmal (mp3 64 kbps) im Batchbetrieb zu 308 Dateien im Format mp3 Mono /24 kbps (Sampling 22 kHz) und brenne diese hernach mit Nero 5 in einem Directory auf eine 8-cm-CDR. Das Experiment wiederhole ich am 10.11.2k2. Die 24-kbps-Dateien werden einwandfrei gelesen und in voller Länge reproduziert mit dem nur rund 150 Euro kostenden DVD/CD/MP3-Player "SEG Beverly Hills" und dem portablen Riovolt SP 50; letzterer liest jeweils den Titel ein und spielt dann aus dem Speicher weiter; das Laufwerk stoppt.
Erstaunlich die Tonqualität: was sonst nur mit aufwendigster Tonbearbeitung möglich ist (s. meine Dokumentation), schafft die 24kbps-Reduktion. Durch die eingeschränkte Bandbreite werden die meisten (in der Regel hochfrequenten) Schallplatten-Störungen unterdrückt; die Modulation ist optimal verständlich und viele dialekte Eigenheiten können erkannt werden.5. Im Zuge meiner Experimente mit digitaler Fotografie wende ich mich (ab Herbst 2k2) den derzeit kleinsten eigenständigen Daten-Medien zu, den sog. Solid-State-Speichern, die schon um 1980 als visionäre Alternative zu "beweglichen" Medien skizziert wurden (nur konnte man damals diese Technologie noch nicht realisieren). Eine C[ompact]-F[lash]-Karte (links oben: Pixo Ultra Flash) und die noch dünnere und kleinere SD-Karte (re.), die u.a. in Digital-Kameras Verwendung finden und z.B. mit einem Reader/Writer wie dem PIXO MSR-7 (USB 2) oder einem sog. Cardbus-Adapter (PCMCIA-Slot) gelesen und beschrieben werden können, erfüllen mit 256 MB unsere Anforderungen und speichern den in [4] beschriebenen Bestand. Es gibt auch eigenständige Mini-Player für solche Speicherkarten wie z.B. den Maxtech SSP-30 (CF Typ I, Parallel Port), der Pontis SP 600 (MM- und CF Typ I; USB, Bild links) oder den Panasonic SV-SD85EG-S (SD-Card, USB), der neben MP3 und WMA sogar das in einigen Fällen noch leistungsfähigere Format AAC (MP4) verarbeitet.
6. Stellen wir uns den im Haupttext abgebildeten imposanten Plattenschrank, seinen Inhalt und den ebenfalls in ihm untergebrachten Platten-Spieler nahezu mikroskopisch verkleinert vor, dann haben wir in dem Anfang 2k4 von Medion herausgebrachten, rund 100 Euro kostenden "Pro2"-USB-Stick (Foto rechts) ein Beispiel dessen, was die gegenwärtige Miniaturisierung von Speicher und Wiedergabe-Elektronik zu leisten vermag. Mit 256 MB Speicherkapazität und eingebauter Aufnahme-/Wiedergabeelektronik kann das winzige Gerät (mit dem eingebauten Mikrofon) Gesprächsnotizen als *.wav aufnehmen und (via USB eingespeiste) Mono- oder Stereo-Tondateien (über eine 3,5mm-Klinkenbuchse) in verschiedenen MP3-Algorithmen wiedergeben - neben 128 kbps (CD-konforme "HiFi"-Qualität) auch das Format 32 kbps und somit unsere sämtlichen Lautdenkmal-Aufnahmen.
(c) Dr. Wolfgang NÄSER, Marburg * Stand: 6.2.2004
Die Digitalfotos (W. Näser 11/2k2 - 01/2k4) zeigen den Riovolt SP 50 und sein Display nach dem Einlesen der mit dem Lautdenkmal bespielten (und mit "22 kbps" in der Eile etwas inkorrekt beschrifteten!) 8-cm-CD (unten) sowie die 256-MB-CF-Karte, auf der am 22.3.2k3 erstmals das LD gespeichert und (via Notebook) probeweise abgerufen wurde, und den (in meiner Lehrveranstaltung vom 27.1.2k4 erprobten) wiedergabefähigen Pro2-USB-Stick.